Die Yamaha SR 500 ist ein Kultmotorrad. Und das bleibt sie auch, wenn man sie in ein goldenes Flakekleid taucht

Auf der diesjährigen Kustom Kulture in Herten stachen ein 63er Buick le Sabre und ein 61er Chevrolet durch ausgefeilte Metalflake-Lackierungen besonders aus der Menge der präsentierten Autos hervor. Wollte man darüber mehr wissen, so stieß man unweigerlich auf die Jungs vom fränkischen Flakers Car Club. Deren Markenzeichen – und damit auch Aufnahmekriterien – Airrides und Metalflake-Lackierungen sind. Wären wir jetzt in einem Motorradclub, dann würden wir sagen, der Presi des Ganzen, das ist der Oli. Wir nennen ihn lieber mal den Umtriebigen, den Macher, den Motor der Flakers!

Yamaha SR 500 – Vom Bus zum Bike

Oli ist gelernter Lackierer, mit sämtlichen Macharten vertraut und beschäftigt sich seit 2009 rum intensiv mit Flake-Arbeiten. Schon vorher, als er noch in der VW-Szene aktiv war, trugen viele »European Customs« seine Handschrift. Jetzt, nach all den Jahren auf vier Rädern war es für ihn an der Zeit, mal ein zweirädriges Projekt auf die Beine zu stellen. »Manche Boliden aus der VW-Szene unterscheiden sich gar nicht so wahnsinnig vom Chopperbau«, ist sich Oli sicher. Unrecht hat er nicht, denn cleane Linien oder aufgeräumte und verchromte Motorräume sind Features, die wir in Sachen Chopper in jedem Fall genau so unterschreiben.

Ein bisschen Bratstyle, ein wenig Chopper, etwas Offroad-Attitüde und eine Prise Bonanzarad: Erstaunlicherweise wirkt der gewagte Stilmix rund

Eine SR 500 lag für Oli als Basisbike schon verdammt nahe, zumal der Aufbau durchaus Bratstyle-inspiriert, aber natürlich keine Kopie werden sollte. Als Erstes wurde der Hobel total zerlegt und der Rahmen musste sich der üblichen Radikalkur unterwerfen, wurde von allem Ballast befreit und im Sitzbereich tiefer gemacht. Dabei wurden die Blinker gleich mit in die Rahmenenden integriert. Die Gabel wurde ordentlich tiefer gelegt, die Stoßdämpfer hinten sind kürzer, »ohne Lowering geht halt nichts bei den Flakers«, grinst Oli. Auch beim Fehling-Superbike-Lenker setzte Oli auf Cross-Attribute, was der SR hervorragend steht und obendrein gut fürs Handling ist. Die Armaturen wurden ebenfalls überarbeitet und neu verchromt, als Tacho reicht das Miniinstrument vollkommen aus.

Kumpels sind was tolles

Der Motor hatte vermutlich, dem Alter geschuldet, etliche  Kilometer runter und wurde überholt, aber leistungsmäßig so weit naturbelassen. Der Bates-Scheinwerfer ist bewährtes Material. Den Sattel würde man dagegen eher am Bonanzarad vermuten, der Bezug setzt sich perfekt in der Lackierung fort. Apropos Bonanzarad. Dass die Kirmes-Bowdenzug-Ummantelungen polarisieren, dessen ist sich Oli durchaus bewusst. »Juckt mich aber nicht.« Bei den Fußrasten entschied sich Oli dafür, sie ungefähr auf gleicher Position wie original zu belassen, sie aber durch filigranere, schönere von KTM zu ersetzten. Somit könnte man die Sitzposition für kleinere Fahrer eigentlich fast als bequem bezeichnen.

In den Enden des Rohrrahmens findet das kleine Rücklicht ein Zuhause

Der Tank von einer alten Sportster wurde verschmälert, getunnelt und am Rahmen angepasst, anschließend von Olis Kumpel Fischli wieder verschweißt. Überhaupt sind ja Kumpels was Tolles … In Olis Fall sind sie ein wunderbares Überbleibsel aus alten VW-Zeiten, ein Netzwerk aus Handwerkern. Man half und hilft sich gegenseitig. So wurden alle polierbaren Teile von Fränk poliert, der Kabelbaum von Jan eingezogen und so weit wie möglich versteckt. Das Lettering erledigte Chris, aber für die Lackierung in »Goldrush« zeichnete natürlich Oli selbst verantwortlich. Die Teile, die schon serienmäßig verchromt waren, wurden neu verchromt, der Heckfender ist ebenfalls ein modifiziertes Originalteil.

Yamaha SR 500 – Rundes Gesamtpaket

Ganz bewusst wurden wieder Seitendeckel verwendet, die hier eher etwas MX-mäßig aussehen. Das ist durchaus beabsichtigt, denn die Mopeds von Go Takamine alias Bratstyle sind auch oft von Dirt Track oder MX inspiriert. Einen besonderen Hingucker bieten die Räder, poliert und mit geflakten Naben. Das ganze Moped ist so wohlgelungen, dass schon kurz nachdem die ersten Bilder in den sozialen Netzwerken auftauchten, die ersten Kaufangebote an Oli abgegeben wurden. Und ratet mal, wo ihr die Kiste mit Sicherheit nächstes Jahr zu sehen bekommt: In Herten, denn da in der Ecke ist sie jetzt zuhause, die Dragsau!

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.