Eine ganz schön lange Reise hat diese Harley-Davidson Sportster hinter sich, ihr Umbau zog sich über 13 Jahre. Am Ende stehen ein feines Motorrad und eine gute Freundschaft.

1994 kauft der damals neunzehnjährige Sven Papp eine Harley Sportster, nagelneu für 14.000 Mark. »Ich wollte damals nur ein bisschen rumcruisen«, erinnert sich Sven, über Umbaumaßnahmen machte er sich keine Gedanken. »Ich fand sie einfach schick so wie sie war, zudem hatte ich damals keine Garage oder Ähnliches, um einen Umbau durchzuführen.« Und so führt die Sporty im ersten Leben ein Dasein als Cruiser, von Treffen zu Treffen gondeln die beiden.

Harley-Davidson Sportster goes rigid

Auch an den großen Veranstaltungen wie der Superrally in Tschechien, Schweden und Italien nehmen sie teil. »Das war schon eine geile Zeit«, erzählt uns Sven. Nach einiger Zeit stellt er allerdings fest, dass der originale Look des Bikes nicht mehr das ist, was er will. Inspiriert von diversen Customveranstaltungen und seinen neuen Bekanntschaften ist ihm schnell klar: Aus der Sporty soll ein echter starrer Chopper mit Fußkupplung und Handschaltung werden!

Mit den originalen 53 PS haut die starre Sporty nicht wirklich jemanden vom Hocker. Für ein Starrrahmen-Bike reicht die Leistung aber allemal

Der passende Starrrahmen findet sich bei VG in Holland, bei Classic Bikes am Bodensee wird er mit zwei Zoll und 36 Grad Lenkkopfwinkel geordert. Doch wo führt man einen Umbau durch, wenn man keine eigene Garage besitzt? Zum Glück bietet ein Kollege und auch Harleyfahrer seine kleine Garage zum Arbeiten an. Und so beginnt Sven im Winter damit, die Sporty auseinanderzurupfen.

Das Rolling Chassis verstaubt fünf Jahre in einer Ecke

Nach und nach kommen weitere Ideen für den Umbau, der Winter ist schon fast zu Ende und die Garage wird auf Dauer für zwei Harleys doch zu klein. Doch wo weitermachen? Nach längerem Hin und Her kommt Georg, der heutige Besitzer der Sporty, ins Spiel. Er bietet Sven spontan seine zwölf Meter lange Garage an, die Rettung des Projektes. Die Werkstatt ist mit allem ausgestattet, was man braucht. Trotzdem kommt der Umbau, bedingt durch private Probleme, erneut ins Stocken und so verstaubt das Rolling Chassis die nächsten fünf Jahre in einer Ecke. »In dieser Phase hatte ich weder die Zeit noch die Motivation für den Umbau.«

Kleine Details wie die offen sichtbare Benzinleitung sind feine Hingucker an dem sauber geschraubten Chopper

Wieder ist Georg die Rettung. Er ist eigentlich die treibende Kraft des Vorhabens und gibt Sven die verlorene Motivation zurück. Mit neuem Tatendrang geht es nun zu zweit an die Arbeit. In relativ kurzer Zeit wächst die brave Sportster zu einem echten Chopper heran. Sven legte hierbei großen Wert auf die kleinen Details, dem gelernten Werkzeugmacher ist es wichtig, nicht einfach irgendwelche Zubehörteile aus dem Katalog zu verbauen, sondern vieles in Eigenarbeit an der Dreh- und Fräsmaschine zu fertigen.

Harley-Davidson Sportster mit Handschaltung

So wird zum Beispiel der Tank nicht einfach gekauft, sondern durch einen befreundeten Blechner um etwa drei Zoll verlängert und tiefer gesetzt. Das größte Problem beim Umbau ist jedoch die Fußkupplung, denn Trittbretter kamen für den 1,87 Meter großen Mann nie in Frage. Und eine Handschaltung war ein Must-have. Da es auf dem Zubehörmarkt außer einer Selbstmörderkupplung sowieso nichts für die Sportster-Modelle gab, musste auch hier selbst konstruiert werden. So wird der Fußschalthebel umfunktioniert und mit einer Schleifscheibe als Arretierung versehen.

Wer großes Gepäck mitschleppen will, ist hier falsch. Eine Packtasche nimmt zumindest das Nötigste auf

»Die Konstruktion wurde mir zum Verhängnis«, gibt Sven zu. Die erste Probefahrt aus der Garage geht nämlich voll in die Hose und endet an der Wand vom Nachbarhaus. Das Ergebnis: Kreuzbandriss am Knie, verbogene Springergabel, verzogener Heckfender und diverse Kratzer am Lack. »Die scheiß Kupplung kam einfach zu schnell.« Nach der missglückten Probefahrt versinkt das fast fertige, jedoch leicht ramponierte Moped erneut für vier lange Jahre in Georgs Garage. »Ich hatte einfach die Lust und Kraft verloren an dem Ding weiterzumachen.«

Die größte Hürde ist die vorverlegte Fußrastenanlage

Ein Jahr später entschließt sich Sven endgültig, einen Schlussstrich unter das ganze Dilemma zu ziehen und bietet das Bike seinem Freund Georg zum Verkauf an. Der zögert nicht und nimmt das Freundschaftsangebot an. In der Folge richtet er mit ein paar Freunden die Gabel. Dabei stellt der Industriemechaniker fest, dass auch die Bremshalterung gerissen war. Dies und der verzogene Heckfender können schnell gerichtet werden. Die größte Hürde jedoch ist die vorverlegte Fußrastenanlage, eine Eigenkonstruktion von Sven. Georg kommt mit seinen 1,70 Meter nicht an die Fußrasten, daher muss die gesamte Konstruktion auf Fußschaltung zurückgebaut werden. Auf die Frage, ob Sven den Verkauf des Mopeds je bereut hat, sagt er uns: »Nein, sie ist ja in guten Händen.«

 

Gregor Walczok