Oliver Jones ist eigentlich kein waschechter Bikebuilder – dafür ist seine Harley-Davidson Shovelhead bemerkenswert

Als wir Oliver Jones das erste Mal besuchten, hat noch erklärt, dass er »The Cut Rate« in erster Linie als Klamottenlabel etablieren will, Motorräder baute er nebenbei, als Hobby und Ausgleich für sich selbst. Ein Jahr später sah das schon anders aus, da war er eingeladener Bikebuilder auf der prestigeträchtigen Born Free Show. Und er trat dort mit einer Harley-Davidson Shovelhead auf, die heute getrost als Vorbote eines in Mode kommenden aggressiven Chopperlooks gelten darf.

Harley-Davidson Shovelhead auf Speed

»Ich mag den Mix aus alt und neu, ich lasse mich gerne von japanischen Bikebuildern inspirieren und ich stehe auf full speed, alles andere ist langweilig.« Besser als mit diesem Bike konnte Oliver seinen eigenen Anspruch kaum umsetzen. Vor uns steht ein ultraschmales Motorrad, das an sich voll oldschool ist, allerdings mit Features aus einer anderen Zeit und einem V2-Motor, der uns beinahe erschlägt. »Tja, der Motor«, schmunzelt Oliver »für mich ist der Motor das entscheidende Teil eines Motorrades. Ein Serienmotor ist für mich nicht interessant und High Performance ein unbedingtes Muss, das man auch von außen sehen soll.«

Vorbote einer neuen Zeit: Ja, Chopper dürfen auch aggressiv daherkommen, der Trend schwappte zunächst aus Japan in die USA

Die Basis des V2 ist ein normaler FLH-Shovelhead, Baujahr 1978, allerdings aufgebohrt. Schwarze Zylinder, modifizierte Zylinderköpfe, Jims-Stößelstangen, Magneto-Zündung, modifizierter S&S-Luftfilter, ein Evo-Style Ventilsystem, Eigenbau-Auspuff, ein umgebautes FX-Vierganggetriebe, Fünffinger-Kupplung, eine Druckplatte, gefertigt von Chopperdave, offener Belt und vieles mehr setzen das schwarze Ungetüm von Motor derart in Szene, dass der Rest fast verblasst. Aber nur fast, denn um sein Performance-Aggregat baut Oliver ein ultraschmales Stück Motorrad und kloppt damit jede Umbauregel in die Tonne. So könnte der winzige Lenker auf jeder Oldschool-Harley arbeiten, die schwarze Lampenmaske, in der 10 LED-Lichter verbaut sind, ist einer Schweißermaske nicht unähnlich, das Rücklicht dagen ist wieder ein altes Teil.

Stilbrüche, wohin man schaut

Der selbstgefertigte Öltank schmiegt sich eng ins Rahmendreieck und der Eigenbau-Tank könnte auch auf einem alten Digger funktionieren, wäre er denn bunt und flake lackiert. Stilbrüche auch bei den Rädern, die mit ihrer Größe 21 Zoll vorne und 18 hinten zwar in den Dimensionen choppertauglich wären, aber mit ungewöhnlichem Speichendesign punkten und aus leichtem Magnesium bestehen. Ach so, eine Bremse vorne suchen wir vergebens, »dafür ist die hinten richtig gut«, grinst Oliver, der im Heck eine schwimmend gelagerte Rotorbremse verbaut hat. Das komplette Bike konnte seiner Meinung nach übrigens nur eine Farbe vertragen: Schwarz. Oliver hat nach Vollendung seines Krachers übrigens Blut geleckt. »Für einen Kunden werde ich das Bike noch einmal bauen, in Weiß.

Schmaler Griff zum Minilenker, eine geduckte Haltung hinter der schwarzen Lampenmaske, der infernalische V2 irgendwo dazwischen

Ich stelle es mir grandios vor, wenn die beiden Karren irgendwann nebeneinander stehen. Außerdem arbeite ich an einer 96er Turbo-FXR und für mich selbst baue ich einen Panhead-Chopper. Tja, und dann verfolgt mich da so eine Idee. Ich werde für die nächste Born Free-Show nämlich wieder ein Bike bauen. Und das wird die Shovel hier nochmal in den Schatten stellen, versprochen.«

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Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.