Frau Reuters Praxistest: Billigwein, Batterien, Kanistertülle, Idiotenhandy und eine praktische Ventilverlängerung.

Guten Morgen. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Das Leben hält ja immer wieder Überraschungen für uns bereit. Manchmal sind diese positiver Natur, manchmal auch nicht. Natürlich trifft es im Frühjahr meine Batterie: Mitten in der besten Wintersaison macht das Teil die Grätsche und will ersetzt werden. Nun hab ich euch ja schon reichlich teure und moderne Batterien vorgestellt. Aber so kurz nach Weihnachten ist die Börse leer und das einzige, was sich im finanziell machbaren Rahmen befindet, ist eine Billigbatterie. Hauptsache, der Bock läuft wieder.

Frau Reuters Praxistest – Billigbatterie

Ist ja auch nix Schlimmes, sag ich mir, sind wir ja die letzten 30 Jahre auch gut mit gefahren. Mit Glück hielt so ein Teil sogar vier Jahre. Also latsche ich rüber zu Tante Louis und kauf mir eine schön fette 19-Amperestundenbatterie von Saito für läppische 50 Euro. Eine stinknormale Bleibatterie. Säure muss ich dazu kaufen und selbst einfüllen. Anschließend drei Stunden durchladen, einbauen, ankicken, losfahren. So soll es sein. Tatsächlich hat mich so ein Billigakku nie im Stich gelassen, sein Sterben hat er immer rechtzeitig angekündigt. Insofern bin ich nun sehr zufrieden. Als ich in der Garage bin, steht da meine alte Electra Glide. Seit drei Monaten nicht bewegt. Und was sieht mein trübes Auge: Auch da ist so ’ne gammelige Bleibatterie drin. Gleiche Marke, gleiche Göße. Und weil ich ein penibler Fatzke sein kann, hatte ich da mit Filzer das Einbaudatum raufgekritzelt. August 2020. Ach herrjee, denk ich mir. Ich lad die also über Nacht auf, trete ihr am nächsten Tag auf den Kicker: Läuft! Nun hab ich die alte Kiste mal wieder ein paar Tage durch die Gegend gepeitscht und darf feststellen, dass der alte Akku noch recht gut im Futter steht.

Spartipp: Heute gibt’s die unterschiedlichsten Batterietypen am Markt. Bausparer und Kleingeldroller kommen auch ganz gut mit der guten alten Bleibatterie zurecht

Ich hab dann mal mit Louis telefoniert, und die meinten, dass so ’ne Batterie gut und gerne drei bis vier Jahre halten sollte. Zumal Louis ja eine Garantie von zwei Jahren gibt. Gut gepflegt macht sie sogar mal fünf Jahre. Pflege heißt in diesem Fall: Nicht zu lange kalt parken, immer schön Laden und Entladen, entweder mit einem Frischhaltegerät oder – viel einfacher – regelmäßig fahren. Ich ziehe Letzteres vor und kann euch, nachdem ich schon mal die gleiche Batterie mit dem Aufdruck einer deutschen Firma für fast das Doppelte gekauft habe, ganz ruhigen Gewissens diese stinknormalen Dinger empfehlen. Die Säure wird am komfortabelsten mit einer sogenannten Spritzflasche eingefüllt, die gibt es im Chemikalienbedarf oder sogar im guten Motorradfachhandel und kostet selten mehr als fünf Euro.

Benzinkanistertülle

Punkt zwei ist die ewige Suche nach einer Einfülltülle, die auf meinen Reservekanister passt. Ein sehr netter Leser hat mir auf der CUSTOMBIKE-SHOW eine zugesteckt, die hat er im Kettensägenfachhandel erworben. Sowas soll es auch im Baumarkt geben, ich bin aber nicht fündig geworden. Kostet rund fünf Euro und ist in Verbindung mit meinem geliebten »Fuelfriend« ein unschlagbares Team. Ein kleines Wunder, dass es sowas nicht im Angebot unserer Motorradkaufhäuser gibt.

Einfach ziehen: Mit dieser Tülle wird jeder Billigkanister zum hochkomplexen Profigerät

Tante Louis war selbst sehr bestürzt, konnte aber mit dem Sicherheitseinfüller von Hühnersdorff kontern, der in der Tat ganz ähnlich, mit rund 14 Euro aber auch teurer ist. Hier muss man mit zwei Fingern die Tülle aufhalten, andernfalls ist das Ding dicht wie der Arsch von Michael Jackson. Auch wenn man versucht ist, das Teil dauerhaft am Kanister zu lassen, ist das nicht ratsam. Immer schön abschrauben und den Kanister mit dem eigenen Verschluss dicht machen! Ein technisch schön gemachtes Teil.

Frau Reuters Praxistest – Idiotenhandy

Und nun zwei Hämmer auf einmal: Unser Hippie hat gar kein Handy! Nun ist er aber mit einer alten XS 400 unterwegs, die er sehr lieb hat, die aber noch mit Vergaserproblemen kämpft. Da macht es schon Sinn, wenn man unterwegs ein Handy dabei hat. Köppke hat dann letztens am Tresen auf ihn eingeredet, dass ein einfaches Handy kaum was kostet, seine Oma hätte so ein Idiotenhandy, das sei total geil, und die hat nur ’ne Prepaidkarte und keinen Vertrag und es sei alles ein Himmelreich auf Erden und man solle erstmal einen Schnaps trinken. Na ja, nach fünf Schnäpsen war Hippie dann weichgekocht und am nächsten Tag sind wir zu Saturn losgestiefelt. Hippie war aufgeregt wie Hanni und Nanni vor der ersten Reitstunde. Und wisst ihr was? Ich hab mir SOFORT auch son Ding gekauft. Für 40 Euro hab ich ein motorradtaugliches Handy mit einfachster Bedienung, 360(!) Stunden Standby-Laufzeit, kleiner Taschenlampe und Ladestation.

So einfach kann ein Handy sein: iPhone-Gläubige werden mich für senil halten, aber braucht man wirklich mehr?

Fehlte nur noch, dass die Verkäuferin uns allen einen bläst und uns fragt, was wir dafür bekommen. Wir haben das Telme C155 gekauft – gute Wahl! Eine Prepaid-Card kostet bei einigen Anbietern gerade mal fünf Euro – ich hab eine von Simyo. Mittlerweile ist mir das Handy schon dreimal aus der Brusttasche auf die Werkstattfliesen gefallen und geht immer noch. Alles gut, sach ich dazu. Jedenfalls war Hippie so stolz und glücklich, weil er jetzt auch mobil erreichbar ist, dass er uns glatt zu ’ner Flasche Wein eingeladen hat.

Billigwein

Da saßen wir nun also in der Werkstatt, schön warm, im Hintergrund irgendein Scheiß von Greatful Dead und Hippie macht die Flasche auf. Der sei von Aldi, und die hätten echt gar nich‘ so schlechten Wein und wir soll’n ma probieren und er hätte noch mehr davon. Was soll ich sagen – Leute, Finger weg! Diese rötliche Suppe schmeckt nicht nur scheiße, das Zeugs hat sogar noch Restkohlensäure – er moussiert, wie der Weinkenner sagt.

Finger weg: Wo drei Löwen drauf sind, ist noch lange kein Tiger im Tank

Das war das erste Mal, dass wir eine Weinflasche NICHT ausgesoffen haben. Köppke hat gemeckert wie ein Rohrspatz und wir sind dann zu Burkhart an den Tresen gezogen und haben den schlechten Geschmack mit Obstler wegspülen müssen. Das war überraschend lecker und lustig und über dem Horizont des tristen Alltags erhob sich ein Regenbogen der Freude und Heiterkeit.

Frau Reuters Praxistest – Ventilverlängerung

So. Und ganz am Schluss hab ich noch diese mords-praktische Ventilverlängerung gefunden. Die ist vor allem dann sinnvoll, wenn man wegen irgendwelcher Packtaschengeschichten oder warum auch immer schlecht an sein Hinterradventil rankommt. Man schraubt einfach das Winkelstück mit spitzen Fingern ans Ventil und kann dann ganz entspannt den Tankstellenluftspender am anderen Schlauchende anbringen.

Verlängerung: Endlich können Trommelbremsenfahrer und Kofferträger vernünftig Reifenluft prüfen

Bei meiner bekofferten E-Glide ist das nämlich manchmal ganz schön nervig, mit dem Luftspender sauber ans Ventil ranzukommen. Das Ding gibt’s bei Hansen Styling Parts, hat die Artikelnummer 6271 und kostet 19,78 Euro. Das ist ’ne Investition fürs Leben. Hansen hat die Nummer 04347/706970. Die sind sehr nett am Telefon.

Ich steck mir jetzt mein Senioren-Handy in den Arsch und dreh ’ne kleine Runde im Neuschnee.

 

Frau Reuter
Frau Reuter bei CUSTOMBIKE

Martin Reuter ist unter seinem Pseudonym »Frau Reuter« inzwischen zweitdienstältester Mitarbeiter der CUSTOMBIKE. Der freischaffende Künstler rezensiert mit spitzer Feder und scharfem Wort Produkte, die seiner Meinung nach etwas Aufmerksamkeit bedürfen. Im wahren Leben ist er als Illustrator, Fotograf und Textautor tätig und spielt ganz nebenbei Bass und Orgel in der zweitschlechtesten Band der Welt. Kulinarisch betrachtet kocht er scharf und trinkt schnell. Als echtes Nordlicht badet er selbstverständlich nur in Salzwasser. Seine Vorlieben sind V8-Motoren und Frauen, die Privatfernsehen verschmähen. Stilecht bewegt er eine 76er Harley, restauriert eine Yamaha SR 500 und bewegt sich politisch korrekt die meiste Zeit mit dem Fahrrad fort.