Die Chopper regieren die US-Westküste. Ein Blick nach Osten kann trotzdem lohnen – Carmines Harley-Davidson Panhead ist Eastcoast-Ware deluxe

Die amerikanische Szene ist riesig. Ständig blicken wir gespannt über den großen Teich und saugen in uns auf, was uns die angesagten Buden zusammenbrauen. Meistens hängt der Blick dabei in Kalifornien. Dabei bietet auch die Ostküste unzählige Shops, Werkstätten und Typen, die sich dem Oldschool verschrieben haben. Einer dieser Typen ist Carmine aus Long Island, New York. Schon in den 60er-Jahren spielte in Carmine Bellamores Familie ein Thema die zentrale Rolle:  Hot Rods, Dragster, Streetcars, Musclecars und natürlich Chopper wurden damals schon schon aufgebaut.

Harley-Davidson Panhead – ein Herzensprojekt

Schon lange liebäugelt Carmine mit einem Projekt auf Basis einer Harley-Davidson Panhead, er sammelte beständig Teile dafür. Irgendwann findet er endlich einen guten Motor mit originalem Gehäuse. Der Grundstein ist damit endgültig gelegt. Sein Vorhaben ist ein schmaler Chopper: »Ich brauche ja ein Bike, mit dem ich im heftigen New Yorker Verkehr ordentlich Kurven und Fahrspuren kratzen kann«, erzählt er.

Brandywine heißt das hübsche Rot, in das die Pan getaucht wurde

Die allererste Maßnahme ist es, Kontakt mit Brandon von Mullins Chain Drive aufzunehmen. Er soll einen maßgeschneiderten Single-Down-Tube-Rahmen mit geändertem Stretch und Rake anfertigen. Wie gesagt, Handlichkeit soll Trumpf sein, und Gewicht muss generell gespart werden. So verwendet Carmine Akrontfelgen, im Hinterrad kombiniert er eine hydraulische Trommelbremse und Sternnabe, im Vorderrad wird auf die Bremse verzichtet und nur ein Spool-Näbchen eingespeicht. Die Aluminium-Gabelbrücke für 39-mm-Standrohre wird nochmals verschmälert und um zwei Inch gekürzt.

Schmal, schmaler, am schmalsten: Die ohnehin schon engen Gabelbrücken wurden umgeschweißt

Das verleiht dem Bike in Verbindung mit dem »skinny sheet metal handlebars« (also dem superschmalen Lenkerchen) den gewollten Slimeffekt und den richtigen »Stance«. Die Verschmälerungsprozedur mussten auch der Tank und der kleine Heckfender über sich ergehen lassen, der Auspuff aus Edelstahl wurde außerdem schön eng zwischen Rahmen und Hinterrad geführt. Damit hat Carmine 100 Punkte erreicht und reiht sich in die Gilde der Slim Fabricators ein, in der zum Beispiel begnadete Schrauber wie Joakim Krantz von den schwedischen Sinners schon Meilensteine gesetzt haben. 

Offener Primärtrieb

Unser New Yorker Schrauber wollte selbstverständlich mit Handschaltung und Fußkupplung durch den Verkehr quirlen und so wurde das Viergang-Ratchet-Top-Getriebe entsprechend überarbeitet und mit Baker-Drivetrain-Teilen bestückt. Dazu baute Carmine einen alten Primo-Primärantrieb offen ein, der Antriebsstrang saß perfekt an seinem Platz. Der 1200er-Motor ist spritzig und Standard in Bohrung und Hub, hat eine schärfere Nockenwelle, startet gut und braucht auch über längere Zeiträume wenig Zuwendung, außer den üblichen Schmierstoffen. Nach der Fertigstellung des Hockers wurde es Zeit für Farbe. Erik von »Jakes Customs« übernahm die Lackierarbeiten mit »House of Kolor« Brandywine – so der Farbname.

Handschaltung, Fußkupplung, klare Sache

Alle Aluminium-Teile sollten eine Art gebürstetes Finish bekommen und wurden in »Aluminium Leaf Work« bearbeitet, einer besonderen Art der Beschichtung. Der erreichte Effekt verblüfft und das Bike kommt  einfach richtig gut. So gut, dass unser Fotograf Ben bei einem Besuch in Brooklyn auf Carmine aufmerksam wurde. Die zwei fuhren zum Fotografieren an die schönsten Locations des Big Apple und Ben schwärmt heute noch von der Zeit mit dem Oldscool-Schrauber aus New York City. Manchmal ganz einfach, wie Freundschaften entstehen.

 

 

KustomizerKurt