Bis zur Vielfältigkeit heutiger Chopper-Rahmen aus dem Zubehör war es ein langer und am Ende nicht immer ungefederter Weg

Wer in den US-Chopper-Zeitschriften der siebziger Jahre richtig hinsieht, bemerkt schnell, dass ein Motorrad erst wirklich zum Chopper wird, wenn der Rahmen bearbeitet ist. Hier ein wenig abgesägt, da ein Stück eingefügt und verschweißt: Erst dadurch kann optisch ansprechend eine lange Vorderradgabel eingebaut werden. Und auch die zunächst nur leicht verlängerten Gabeln werden ohne Änderung des Lenkkopfwinkels eingebaut, was die Bikes optisch wie aufpolierte Geländemaschinen aussehen lässt, aber auch massig Bodenfreiheit, sprich mehr Schräglagentauglichkeit bringt. Der Übergang vom puristischen, sportlich beseelten Bobber der fünfziger Jahre mit kurzer oder nur leicht verlängerter Gabel zum chromstrotzenden Langgabler à la Easy Rider ist noch vor Beginn der siebziger Jahre vollzogen.

Chopper-Rahmen mit Säge, Flex und Schneidbrenner

Was ursprünglich zur Verwendung der langen Gabeln geführt hat, ist längst nicht mehr interessant, denn beim Chopper-Bau gibt’s neue Ideale und die diktieren nun, dass die Rahmenunterzüge möglichst parallel zur Aufstandsfläche, sprich zur Fahrbahn, verlaufen sollen. Dazu ändern die Kerle den Lenkkopf, geben ihm mehr Rake, das heißt der Winkel des Gabellagerpunktes am Rahmen wird flacher gestellt und somit auch die Gabel. Am einfachsten ist das bei den Big-Twin-Rahmen von Harley-Davidson zu bewerkstelligen. Da schneiden die Chopper-Bauer mit Säge, Flex oder Schneidbrenner direkt hinter dem Lenkkopf von unten nach oben bis fast durch das obere Rahmenrohr, erhitzen das verbliebene Verbindungsstück mit der Flamme und biegen dann das untere Ende des Lenkkopfs, mit Hilfe einer eingeführten Eisenstange, in den gewünschten Winkel nach vorn.

Oldschool-Raking: Flexen … bis der Rahmen fast durchtrennt ist. Der Winkel des Schnitts von oben definiert die spätere Lenkkopfreckung

Danach wird der entstandene Spalt wieder zugeschweißt und nicht selten mit massiven, seitlich angelöteten Blechen verstärkt. In Kombination mit diesem geänderten Rake gibt’s gleich noch etwas Stretch an den vom Lenkkopf nach unten führenden Rahmenrohren beziehungsweise dem oben verlaufenden Rahmenrückgrat. Hondas und andere japanische Motorräder verlangen dabei schon mehr Säge-, Flex- und Schweißarbeit, weil hier ein massives Kuddelmuddel an Rohren und Knotenblechen den eigentlichen Lenkkopf hält. Bei den Sportstern, Indians und fast allen europäischen Motorrädern ist das wieder anders, da übernimmt ein komplettes Formstück die winkelgenaue Verbindung der Rahmenrohre. Hier setzt man die Schnitte meist außerhalb der Lenkkopf-Formstücke an, biegt und fügt Rohrstücke ein.

Die Problematik des korrekten Nachlaufes

Dain Gingerelli hat 1974 in einer Ausgabe von »Street Chopper« zu diesem Thema ein ausführliches Essay veröffentlicht. Er schreibt dabei nicht nur, wie man solche Arbeiten sorgfältig erledigt, sondern geht auch auf die Problematik des korrekten Nachlaufs ein und weist darauf hin, wie wichtig es sei, die einzubauende Gabel und das gewünschte Rad mit aufgezogenem Reifen parat zu haben und in die Kalkulation mit einzubeziehen. Ihm ist reines, unüberlegtes »Eyeball Engineering« zuwider, weil es schlicht zu gefährlich ist. Er empfiehlt die Erfahrung bekannter Chopper-Shops zu nutzen. Und in Bezug auf Sitzposition und Linienführung gilt der Starrrahmen als die ideale Basis.

Flachmeißel und gefühlvolle, dezente Hammerschläge spreizen den unteren Spalt. Ist der obere Schnitt bündig zu, wird noch fachmännisch verschweißt – fertig!

Der US-Zubehörmarkt für Chopper ist Mitte der Siebziger schon gut aufbereitet. Wir beziehen Richard Ryan in unsere Recherchen mit ein. »Irish Rich« ist Chopper-Bauer und Szenekenner par excellence und spätestens seit er in der Einleitung des Films »Jesse James – Chopper of 69« (US-Titel »History of the Chopper«) seinen weißen, violett geflammten Chopper startet, auch bei uns kein Unbekannter mehr. »Eigentlich gab es schon immer Leute, die Chopper-Rahmen auch in kleiner Stückzahl gebaut haben«, so Rich im Rückblick auf die Anfänge. »… aber die ersten in Serie produzierten dürften 1969 von A.E.E. gekommen sein.«

A.E.E. baut die ersten Chopper-Rahmen in Serie

Tom McMullen, Betreiber des Chopper-Teile-Versandhauses A.E.E., ist ab 1969 gleichzeitig auch Herausgeber des Magazins »Street Chopper« und hat dadurch beste Voraussetzungen für eine optimale Vermarktung. Andere Rahmenhersteller erkennen das Potential ebenfalls. »Nach A.E.E. folgten Jammer, Denvers Choppers und Amen«, weiß Irish Rich. Und Corbin-Gentry Inc. in Connecticut wirbt schon 1972 mit ganzseitigen Anzeigen für seine Fahrwerke.

In den 1970ern sind die US-Chopper-Magazine voll von Anzeigen für Zubehörrahmen in allen Varianten. Ness und Co. liefern auch Rahmenteile zum Selbstbau

Firmen wie Rhodan bringen schöne Starrrahmen für Triumph, andere Namen sind richtungsweisend, auch wenn sie meist im Hintergrund agieren. Männer wie Don Orr etwa: Zusammen mit Neil McNeil hat er »American Motorcycle Engineering« – kurz Amen – gegründet. Als ein Kerl mit einem Harley-Starrrahmen und einem nagelneuen 750er Honda-Vierzylindermotor ankommt und diesen in den alten Rahmen eingepasst haben will, bauen sie kurzerhand einen neuen Rahmen aus Chrom-Molybdän-Rohr um den Honda-Motor. Mit weiteren Harley-Style-Starrrahmen für die 350er und 400er Honda-Twin-Motoren hat Amen schnell ein weiteres Standbein.

Rigide Bestimmungen für Chopper-Rahmen

Diese Rahmen sind sogar mit einer Zwischengelegewelle mit seitlich herausgesetztem Ritzel zu ordern, weil die Honda-Motoren sehr schmal bauen. Da wäre die Kette nicht an dem 5.00×16-Harley-Hinterreifen vorbeigegangen. Anfang der Siebziger gelten diese »dicken« Schlappen im Chopper-Bau schon als Standard. Auch ein ungefedertes Heck scheint ein Muss zu sein. Gerüchten zufolge gibt zwar Pläne, Zulassungen von Fahrzeugen mit ungefederten Rädern unmöglich machen sollen. In den USA scheint das nur eine Empfehlung für die großen Firmen zu sein, an die sich letztlich doch keiner hält. Hierzulande jedoch geht man diesen Zielsetzungen recht rigide nach, gibt es doch schon seit Anfang der fünfziger Jahre keinen Serienhersteller mehr, der noch ein Modell mit ungefedertem Fahrwerk in seiner Produktpalette gehabt hätte.

Anzeige Chapman Perfomance Products

Anfang der Siebziger scheint der US-Zubehörmarkt aber doch auf die Gerüchte zu reagieren. »Chapman Performance Products« in Illinois wirbt 1973 mit dem Spruch »Hardtails are for Hardheads!« (Ungefederte Heckteile sind was für Dummköpfe!) und bietet sowohl für Sportster und Big Twins als auch für Triumphs durch Hinterradschwingen und Stoßdämpfer gefederte Ersatzrahmen an, die, durch einen fünf beziehungsweise zehn Grad flacheren Lenkkopf, einen Einbau von 10–12 Inch (ca. 25–30 cm) verlängerten Gabeln ermöglichen

Ist die Zukunft gefedert?

Don Orr hat Amen inzwischen verlassen und zusammen mit Teilhabern »The Machine Shop« gegründet. Hier fertigt er Starrrahmenheckteile und gemäßigte Goosenecks zuerst für Triumphs, dann für nahezu jedes zum Chopper taugende Motorrad. Die Rahmen mit gänsehalsartig vorgerecktem Lenkkopf (Gooseneck, engl. = Gänsehals) sind gerade stark in Mode. Don Orr sieht die Zukunft der Chopper langfristig »nur« mit einem gefederten Hinterrad gesichert. Er nimmt sich die Plunger-Type-Rahmen mit Geradwegfederung als Vorbild für seine Soft Tails (engl. = weiche Hinterteile). Er bietet sie als separate, anschraubbare Heckteile oder komplette Rahmen an. Zu Beginn der 50er-Jahre sind solche Konstruktionen auch an BMW, Horex, NSU und Zündapp noch die Regel gewesen. Also technisch obsolet. Für Chopper-Rahmen aber sind sie ideal, lehnen sich die Plunger-Hecks mit ihrer Linienführung doch extrem nah an das Starrrahmenvorbild an.

»Softail« als Name kommt von GME und ist damals noch nicht für Harley-Davidson geschützt. In den 1980ern bauen auch »Karl & Funke« in Waltrop Rahmen in dieser Bauart

Aus »The Machine Shop« wird durch einen weiteren Teilhaber die Firma »General Motorcycle Engineering Co.« – kurz GME – und für ihre Werbeanzeigen wandeln die Jungs das Soft Tail in ein zusammenhängendes Softail um. Die kompakte Schreibweise mit nur einem »T« adaptiert zehn Jahre später Harley-Davidson. Don jedenfalls hat noch 1972 mit dem Magazin »Street Chopper« einen Deal perfekt machen können, bei dem für das Magazin ein Chopper-Projekt mit Triumph-Motor und einem seiner Rahmen aufgebaut wird. Das Projekt »Santana« fegt wie der gleichnamige kalifornische Wüstenwind durch die USA. 1973 liefern sich GME und Amen, beide im Norden Hollywoods ansässig, regelrechte Anzeigenschlachten.

Santee steigt ins Chopper-Rahmen-Business ein

Amen entschließt sich, zu ihren diversen Starrrahmen ebenfalls ein ähnlich gefedertes Heck anzubieten. Zur Unterscheidung führt Amen die Hinterachse durch die Federung, anstatt sie wie üblich in einer abstehenden Achsplatte dahinter zu lagern. Auch »California Cycle Works« bedient den Markt mit einer Version des GME-Plunger-Frames, die sie »Supertail« nennen. GME verkauft komplette Geradwegfederungen auch an die aufstrebende Firma »Santee«, die damit eine eigene Rahmenserie ausstattet. Santee, bisher mit anschraubbaren Starrrahmenhecks im Geschäft, steigt groß ein und fertigt bald komplette Rahmen für GME. Das Prinzip mit den Geradwegfederungen hat voll eingeschlagen.

Ein deutscher Versuch legale Starrrahmen zu bauen, endet bei CPO nach achtzehn gefertigten und zugelassenen Exemplaren. Der TÜV ist dagegen, Motorräder ohne Hinterradfederung zuzulassen

Im kalifornischen Roseville ist zu der Zeit John Harman der Mann für ausgefeilte Fahrwerke. Harman ist durch seinen absolut cleanen Chopper-Baustil und extrem lange Girdergabeln ohne sichtbare Federung bekannt. Johns Firma »Grand Prix Racing« baut aber auch Starrrahmen für Sportster, Big Twins, Honda-Vierzylinder und Triumphs. Dazu – was kaum bekannt ist – Schwingenrahmen für Harleys mit starrrahmengleicher Sitzhöhe. Neue Ideen kommen schon früh in den Siebzigern von Barry Cooney aus Virginia und von einem gewissen Arlen Ness aus Kalifornien. Beide kreieren unabhängig voneinander tief liegende, flache, langgezogene Bikes, die sie dann Low Rider und auch Street Digger nennen. Die weit vorgezogenen Lenkkopfpartien werden mittels sogenannter Hardheads verwirklicht, die es anschweißbar zum Austausch für die kurze originale Frontpartie gibt.

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Auch wenn es auf den Straßen noch ganz anders aussieht: Ende der Siebziger hat in den USA ein Wandel stattgefunden. Die langgabeligen Chopper sind nahezu ganz verschwunden, dafür dominieren nun die Street Digger und Low Rider. Fast alle führenden Customizer haben den Trend übernommen. Überwiegend halten Sportster-Aggregate dafür her. Barry Cooney, Smith Brothers & Fetrow (SB&F), Arlen Ness und Ron Simms’ »Bay Area Custom Cycles« (BACC) bedienen den US-Markt. Bill Gardener hat ein anschweißbares Bauteil parat, das den Schwingenlagerpunkt der Sportster nach hinten und etwas nach oben verlegt. Das bringt ein verlängertes Fahrwerk und somit auch die erwünscht tiefe Sitzposition. Für Showzwecke tauschen die Customizer die Federbeine gegen kürzere, verchromte, aber starre Dummies oder gegen massive Halteplatten. Oft sind die aufwendig graviert und vergoldet.

Digger sind flach gehalten, fast immer mittels »Hardheads« nach vorn verlängert und behalten oft hinten die Schwinge. Nicht so diese starre Pan mit Single-Down-Tube-Rahmen

Und wie ist das bei uns? In der Schweiz hat sich Walter Senn die US-Chopper als Vorbild für seine eigenen Kreationen genommen. »Moto Senn« beginnt 1973, braucht allerdings bis 1977, um alle Zulassungshürden zu nehmen. Von der Senn S75C – mit Honda-750-Four-Motor – werden gerade mal zehn Stück gebaut. Im deutschen Schauenburg bei Kassel zeigt sich AME als erfolgreicher Vorreiter in Sachen TÜV-geprüfte Chopper-Parts. 1973 gegründet, gibt AME-Chef Walter F. Kunze zunächst der Legalisierung anschraubbaren Zubehörs, wie Lenkern und langen Gabelrohren den Vorrang. Aber 1977 hat auch AME einen kompletten Chopper mit Mustergutachten anzubieten. Die AME 750 kam mit einem eigenen, gefederten Fahrwerk für den Honda-CB-750-Four-Motor, war aber nur als Komplettfahrzeug zu haben.

Deutschland holt auf

Damals haben die alten BMW R 67/2 und R 69 S wegen ihrer tiefen Rahmenführung schon Kultstatus als geeignete Umbauobjekte. Also nehmen die Hessen auch ein anschraubbares und natürlich gefedertes Heckteil für die neueren BMW-Motorräder ins Programm auf. TÜV-Abnahme gibt’s allerdings nur direkt bei AME. Ein weiterer Wermutstropfen findet sich als Bildunterschrift in der Katalogbeilage: »Bei einer Kombination mit einer längeren Gabel ist die Verwendung eines BMW-/5- und -/6-Rahmens nicht möglich, da diese zu schwach dimensioniert sind.« Da lässt sich doch der neue AME-SC-Bausatz für Vierzylindermotoren von Honda und Kawasaki besser vermarkten.

Die Federung am Moto-Senn-S80C-Rahmen verläuft fast im Winkel des oberen Rahmenrohres. Das fette Rad hinten und die Trapezgabel in Chrom punkten beim Kunden

In der Schweiz bleibt Senn am Ball. Er bringt 1980 den S80C-Chopper mit einem neuen Rahmen und dem 1340-ccm-Shovelhead-Motor mit Vierganggetriebe heraus, dessen Multispeichen-Hinterrad selbstverständlich gefedert ist. Insgesamt werden 130 Senn-S80C-Chopper gebaut. Und wie sieht es in Österreich aus? Yamaha-XS-650-Chopper-Fahrer Rupert Fuchs aus Tirol berichtet von Amen-Rahmen, die die Firma »Patek und Strobl« (später Powershop) in Wien importiert. Das Umbauen und Typisieren lassen müssen die Besitzer meist selbst übernehmen.

Starrrahmen im Visier

Die ursprüngliche Vielfalt der Motorradmarken in der Chopper- und Custombike-Szene reduziert sich eindeutig. Über Chopper mit japanischen Motoren wird häufig gelästert, immer einseitiger geht es in Richtung Harley-Davidson. Und in Deutschland ist der Aufbau eines Harley-Choppers nur mit Originalrahmen legal. Die Nachfrage nach den H-D-Originalrahmen der vierziger und fünfziger Jahre ist ungebrochen und es gilt, Alternativen zu den qualitativ doch schon sehr schlechten, alten Harley-Davidson-Starrrahmen zu finden. Die Amis sind da schon weiter: »Super Cycle Engineering« in Wichita/Kansas stellt 1980 seinen Schwingenrahmen mit sehr tiefer Sitzposition vor. Und wenn selbst Arlen Ness, zu der Zeit schon eine Größe im Business, auf Rahmen mit Hinterradfederung setzt, dann ist das schließlich hoffähig.

Mit von Hand geänderten Rahmen nimmt der Chopper-Bau seinen Anfang. In den späten 1960ern bieten erste Firmen auch Zubehörrahmen mit Chopper-Abmessungen zum Verkauf an

Im April 1981 findet sich im US-Magazin »Easyriders« eine Anzeige der Firma »Road Worx«, in der sie für ihren neuen »Sub Shock« genannten Rahmen in Starrrahmenoptik mit versteckter Federung warb. CPO, damals noch in Kirchentellinsfurt bei Tübingen, hat sich einen Namen für TÜV-geprüftes Zubehör geschaffen und denkt an einen Einstieg ins Rahmengeschäft. Ein schneller Kontakt ergibt den Willen zur Zusammenarbeit. »Doch noch vor der Auslieferung der ersten TÜV-Prüfrahmen aus den USA war die Firma Road Worx von einer – damals nicht genannten – Firma übernommen worden und die Lieferung solcher Rahmen an uns somit nicht mehr möglich«, schildert Rolf Schietinger von CPO die damalige Lage. »Jetzt musste erst recht ein Starrrahmen her, in dem sich die aktuellste Serientechnik verbauen ließ: eine Art Austauschrahmen.

Chopper-Rahmen und der TÜV

»Auch hier hatten wir wieder den Vorteil, dass unsere Typ-Prüfstelle in Stuttgart nicht grundsätzlich nein sagte, sondern die Sache rein an der prüftechnischen Durchführbarkeit und den resultierenden Ergebnissen festmachte«, kommentiert Schietinger die Bestrebungen von CPO in den frühen achtziger Jahren. »Der positive Ausgang der Prüfungen im Dezember 1983 konnte den TÜV-Südwest leider nicht davon abhalten, weitere Straßenzulassungen dieser Starrrahmenfahrzeuge zu verweigern. Doch bis dahin waren achtzehn Rahmenkits verkauft, denen auch eine Zulassung gewährt wurde.« Ursprünglich will CPO gemeinsam mit Erich Krafft Harley-Davidson in Ludwigshafen einen Starrrahmen entwickeln, doch Differenzen bezüglich des Designs führen zu einer separaten Entwicklung. Also werden auch in Ludwigshafen – für kurze Zeit – Starrrahmen mit TÜV gebaut und zugelassen. Die TÜV-Obmänner aber bleiben hart: Keine Zubehörrahmen mehr ohne Federung!

Der hier und in den USA erfolgreiche Customizer Fred Kodlin fertigt seine Rahmen in kleinen Serien. TÜV-Papiere werden mitgeliefert

»Kruska & Papenhöfer« in Lünen? Klar, kennt er die noch. Steve Schneiderbanger von SSCycle schwelgt in Erinnerungen: »1979 war ich das erste Mal dort und war voll begeistert, sodass ich gleich meine Honda verkaufte, um mir Teile für eine Starrrahmenkiste zu holen. Ich war 1980 so alle drei Wochen mal dort und hab den Werdegang vom K&P-Rahmen zusammen mit der K&P-Springergabel mitbekommen.« Ein Anruf bei Heiner Kruska bringt uns mehr Klarheit: Kruska & Papenhöfer schaffen es irgendwie recht lange, die starren Jammer-Rahmen aus den USA zuzulassen. Als der TÜV schließlich auf einen Mindestfederweg von vier Zentimetern und auf Rahmenfestigkeitsgutachten besteht, bauen sie einen eigenen starren Rahmen. Der besteht am Fraunhofer-Institut und bei VW in Wolfsburg seine Tests. Die Hinterradfederung verwirklicht K&P durch eine Triumph-Radnabe mit interner Federung. Während K&P mehr die Harley Kundschaft bedient, gibt’s im nahen Waltrop Karl & Funke, die in den achtziger Jahren ihren Geradewegfederungsrahmen für japanische Motoren anbieten.

Das Softail-Prinzip

Schon 1984 wird ein absoluter Knaller enthüllt: Harley-Davidson bringt ein neues und – wie wir heute wissen – sehr erfolgreiches Modell auf den Markt, dessen Rahmen genau so aussieht und funktioniert wie der Rahmen von »Road Worx«: Die Softail. Heute wie damals ungeschlagen die erste Wahl für umbauwillige Schrauber. Damit hat Harley-Davidson ein Rahmenprinzip auf dem Markt, das weltweit schnell Nachahmer finden soll. »Calles Chopperdelar« in Schweden war vorn mit dabei. Calle hat seine Rahmenpalette um einen solcherart gefederten Chopper-Rahmen erweitert. Inzwischen ist Schweden ja zum »inoffiziellen« Lieferanten von Harley-Nachbaurahmen aufgestiegen.

»Horather Fahrzeug Bau« bot bereits in den 90er Jahren Rahmen in Starrrahmenoptik mit zentralem Federbein an. Harley-Davidson praktiziert dieses System in seinen Softail-Modellen

Ganz an der Spitze: »Aaron Motorcycle Products« in Huddinge und die »Bröderna Edlunds Smide« in Tenhult. Die Rahmen beider Firmen zeichnen sich speziell dadurch aus, dass Lenkkopf, Motor-, Getriebe- und Hinterachsaufnahme mit Verbindungmuffen, wie bei alten originalen Harley-Davidson-Rahmen, gefertigt sind. US-Chopper-Pionier John Harman nimmt eine längere Auszeit, doch in den achtziger Jahren sorgt er wieder für Aufsehen. Er fertigt nun monströse Shovelhead-Motoren mit zwei und mehr Litern Hubraum. Dafür baut er natürlich auch einen sportlichen Rahmen und bringt dabei den Begriff »Pro Street« auf. Nach Harmans Tod 1988 übernimmt Kenny Boyce das Rahmengeschäft. Mit ihm werden Harmans sportliche Pro-Street-Schwingenrahmen berühmt – Harleys FXR-Rahmen sieht ihm zum Verwechseln ähnlich.

Auch die Briten liefern Rahmen

Im Choppin’ England der ausgehenden achtziger Jahre sind Namen von Rahmenherstellern wie »Euro Custom« in Coalville, »Route 66« in Aldrige und »Kooter Browns« in Fenton ebenso in aller Munde wie »B&H Kustom Kraft«, »Nottingham Custom Cycles« oder »Cycle Haven Frames«. Allen voran geht aber »Uncle Bunts« in Leicester. Uncle Bunts liefert auch an Bikeshops in Deutschland. Chris Ireland fabriziert unter dem Pseudonym »Desperate Dan« von einfachen Rahmenmodifikationen bis hin zu kompletten Rahmen alles. »Cobra Motorcycle Engineering« liefert Rahmenbau nach Kundenwunsch, aber auch diverse Einzelteile. Chopper aus England sind dabei für viele von uns greifbarer und eher realisierbar als alle US-Showbikes, die wir zu sehen kriegen.

Starrrahmen in der Optik der alten Harley-Davidson-Rahmen kommen zunächst aus Schweden. VG-Frames aus Holland liefert heute mit TÜV und – auf Wunsch – mit Lenkradschloss

Volker Schloß, Chef von »Zassel’s Custom Bikes« hat jahrelang die englischen Rahmen von Uncle Bunts importiert und Custombikes mit Triumph-Motoren damit aufgebaut. Als John Reed, der Kopf von Uncle Bunts, als Custompart-Entwickler von »Custom Chrome« angeworben wird und auswandert, versiegt diese Quelle. Stephan Simon und Manfred Klotz vom »HSP Shop« sind Ende der achtziger Jahre oft zum Rahmenkauf in Schweden. Als sie 1991 davon hören, dass Aaron die Fertigung seiner Rahmen nicht weiterführen will, kaufen sie zusammen mit Vince und Guus aus den Niederlanden alle Gussformen, Rahmenlehren, Bohrvorrichtungen und vor allem die Rechte am Rahmenbau. Doch keine Gießerei in Deutschland ist willig, tragende Teile für Motorräder zu gießen. Vince und Guus haben in Holland mehr Erfolg und gründen dort die Firma »VG Motorcycle Products«. Ihre Anteile lassen sich die deutschen Mitinitiatoren in kompletten Rahmen ausbezahlen. Stephan Simon liefert heute noch VG-Rahmen, inzwischen natürlich mit TÜV.

Deutschen Rahmen-Pioniere

Der »Chopperbau Messingen« bietet ein »Rolling Chassis« für britische und amerikanische Bikes, bei dem noch ein ungefederter Rahmen zum Einsatz kommt. Thomas Habermann startet 1993, zunächst zusammen mit Walter »Zabel« Maygatt, die Firma HPU und beginnt, die ersten gefederten Zubehörrahmen für Harleys zu produzieren. Habermann widmet sich bald ganz dem Rahmengeschäft und Zabel steuert HPU weiter. Einen Chopper-Rahmen mit Geradewegfederung schafft Hartmut Fiedler. Das Federungselement ist am Rahmenende angeschraubt. Seine Rahmen sind für Harley-, Yamaha-TR-1- und XS-650-Motoren sowie für Triumph-Twin-Antriebsaggregate tauglich. Die TÜV-Abnahme hat beim Hersteller zu erfolgen. Fiedler bedient auch heute noch den Markt.

Im niedrigen deutschen Dragsterstil baut auch Thunderbike einen Rahmen für US-V-Twins. Die Bezeichnung Dragstyle ist rechtlich schon vergeben

Der »Horather Fahrwerk Bau« (HFB) ist 1995 deutscher Generalimporteur für die britischen Rahmen von Nottingham Custom Cycles. Dort bietet man einen gefederten Rahmen in Starrrahmenoptik an, der für diverse Ein- bis Sechszylindermotoren konstruiert ist. Beim diesem Softend-Rahmen handelt es sich um ein softailähnliches Stahlrohrgebilde, bei dem sich das Zentralfederbein jedoch am oberen Rahmenrohr abstützt. In ähnlich gefederter Machart hat HFB auch ein geschraubtes Rahmenheck für die Triumph-Unit-Modelle, die bisher mit oft ungetüvten Starrrahmenheckteilen ausgestattet sind.

Starre Heckteile auch mit TÜV

Vorher verwendete Teile können größtenteils weiterverwendet werden. Die Stoßdämpfer werden dabei an der originalen Hauptständeraufnahme verschraubt, sodass keinerlei Modifizierungsarbeiten am Hauptrahmen notwendig sind. Die TÜV-Abnahme muss bei HFB erfolgen. Gerade ein paar Straßen weiter in Horath gibt’s zunächst noch bei der Firma »Streetfighters« die Möglichkeit, Starrrahmenheckteile für Triumph verkauft, montiert und getüvt zu bekommen. Das Ganze natürlich auch für die damals aktuellen 200er-Hinterreifen. Im ausgehenden gleichen Jahr bieten auch »Streetfighters« nur noch die gefederten NCC-Rahmen an.

AME lässt nicht locker und baut gnadenlos cleane Chopper mit Starrrahmen. Diese werden mit innengefederter Hinterradnabe zulassungsfähig

Die »Bike Scheune« hat von HM die Gutachten für den sogenannten »Stieber«-Umbau an Yamaha-XS-650-Rahmen gekauft. Somit gibt’s die Möglichkeit, die Sitzhöhe des XS-Rahmens in legaler Weise zu reduzieren. »Gietl Bikes« hat Rahmen für Low Rider und Chopper mit variablem Lenkkopfwinkel zwischen 30 und 45 Grad im Angebot. Zum einen bietet man einen softail-ähnlichen Rahmen mit Gutachten und drei verschiedenen Schwingen an, für alle Harley-Davidson- und S&S-Motoren bis 1900 Kubikzentimeter. Zum anderen auch einen Geradewegfederungsrahmen für viele japanische Motoren. Kardanmodelle wie die Suzuki Intruder werden nicht ausgegrenzt.

Der deutsche Stil

»Eine wahre Flut von softailähnlichen Rahmen mit TÜV, für Harley-Davidson-Motoren oder Motoren, die aus Zubehörkomponenten für V2-Motoren in Harley-Manier zusammengebaut sind, brechen in den letzten Monaten über den deutschen Kunden herein.« So steht es 1996 im Magazin »Bikers live!« (heute unsere CUSTOMBIKE) zu lesen. Viele Anbieter bauen eigene Rahmen, Kataloganbieter gehen dazu über, vieles vom TÜV absegnen zu lassen, was in den USA oder im europäischen Ausland schon länger angeboten wird. HD-Hannover hat als einer der Ersten einen Pro-Street-Rahmen mit Gutachten für den deutschen Markt und bringt damit die Lawine der begutachteten Zubehörrahmen in Deutschland ins Rollen. USM bietet die Rahmen des US-Meisters Arlen Ness an.

Austauschrahmen wie von VG Frames bieten zahlreiche Optionen zur Verwirklichung von Träumen

Während andere mit bekannten Namen Reklame machen, wirbt »ZCB« für seine neuen Rahmen in Softail-Bauart mit »100% made in Germany«. Viele einzelne Bauteile dafür sind CNC-gefräst beziehungsweise CNC-gebogen und im WIG-Verfahren verschweißt. Durch exakteste Verarbeitung bleiben die Maßtoleranzen im 1/10-Millimeter-Bereich. Der Lenkkopfwinkel ist auf 38 Grad festgelegt und die hintere Rahmenbreite mit 320 Millimetern fähig, auch »breiteste« Autoreifen bis 225/55-15“ auf 7×15“-Felge (bei schmal geschnittenem Zahnriemen) aufzunehmen. Zassels Rahmenkits sind für Motoren bis 74 Kw (100 PS) geprüft. 2003 stoppt Zassel die Produktion seiner Rahmen. Doch wer mit der Sitzhöhe seines Bikes nicht zufrieden ist, dem wird bei »Zassel’s Custom Bikes« auch noch heute geholfen.

Chopper-Rahmen überall

Die »Custom Ranch« lässt zusammen mit »SSCycle« einen Rahmen in Softail-Bauart tüven, der – wie der von »Rick’s Motorcycles« – den alten Starrrahmen sehr ähnelt. Selbst die Anschlussstücke für die Seitenwagenhalterung an den vorderen Rahmenrohren fehlen nicht. Habermann bringt 1996 den ersten Langgabel-Chopper-Rahmen mit leichtem Highneck für Harley-Motoren mit TÜV und für andere Customizer werden komplette Fahrwerke entworfen sowie Rahmenserien gebaut. 230er-Hinterreifen sind ab sofort das Maß aller Dinge. 1998 kommen lange flache Fahrwerke mit tiefer Sitzposition.

S80C: Moto Senn aus der Schweiz bringt 1980 einen neuen Chopper mit Harleymotor, gefederter Hinterradschwinge und 15-Zoll-Autoreifen am Hinterrad

Der Amerikaner Roger Bourget hat Ähnliches im Programm, liefert seine Tiefflieger-Rahmen allerdings nur zu horrenden Preisen ins Ausland. Also wird in Deutschland gefertigt. Nicht einfach kopiert, sondern mit noch mehr Tiefe, mit gefälligeren Proportionen und … vor allem mit einem prägenden Nahmen: Der Drag Style wird durch Walz Hardcore Cycles bekannt und gilt in der Welt fortan als German Style. Auch Fred Kodlin, ein weiterer Deutscher, ist dabei, das Bild der German-Gründlichkeit neu zu prägen. Mit seinen Custombikes sackt er seit 1990 in Sturgis und Daytona Preise ein. 1999 bekommt sein erster Rahmen die Zulassung des TÜV und Fred avanciert zum Fahrzeughersteller. Seine Rahmen orientierten sich stets an momentanen – teilweise von ihm selbst gestarteten – Trends. Mitte der Neunziger beginnt im schwedischen Sundsvall die Firma »Hogtech« mit dem Bau von Rahmen. Hogtech gehört zu den ersten ausländischen Firmen, die ihre Rahmen mit TÜV anbieten.

Vielfältige Möglichkeiten

Im gleichen Jahr entwickelt Peter Penzenstadler ein bis dahin völlig neues Fahrwerkskonzept und revolutioniert mit dem »Penz Flash Style«-Rahmen den Markt. Auch Peter bedient sich des Federungsprinzips der Softail, mit unter dem Getriebe liegenden, gezogenen Federbeinen, und überrascht immer wieder mit neuen, ganz cleanen Kreationen. Als Oldtimer im Geschäft hält AME 1999 acht Rahmentypen für den Einbau der unterschiedlichsten Motoren parat. Die Rahmen können mit zwei wählbaren Lenkkopfwinkeln – 37 oder 45 Grad – geliefert werden und basieren auf drei Grundkonstruktionen: Typ SB (Street Bike) ist ein konventionell aufgebauter Rahmen mit hoch angesetztem Lenkkopf und geradlinigem Verlauf von Rahmenrohren und Stoßdämpfern. Mit dem ST-Rahmen (Soft Tail) haben die Schauenburger einen Langschwingenrahmen mit Geradewegfederungsoptik im Angebot. Der »ST« ist heute immer noch erhältlich und es gibt ihn sogar als Sonderausführung für Intruder-Motoren von Suzuki mit Kardanwellenantrieb zum Hinterrad.

LMC bietet Chopper-Rahmen für die Intruder

Der AME-HT-Rahmen (Hard Tail) ist eigentlich ein Starrrahmen, dessen geforderte Federung sich in einer voluminösen Hinterradnabe versteckt. Kruska & Papenhöfer haben schon in den frühen Achtzigern durch diesen Trick ihre Starrrahmen getüvt. Neun Jahren veredelt Hans-Jürgen Lang von »LMC« überwiegend die VS 1400 Intruder von Suzuki. Er setzt auf die Modifikation der originalen Rahmen und es entstehen vier Varianten, die sich dem wechselnden Styling und den Technikanforderungen unterwerfen. Tiefer, breiter und das mitschwingende Schutzblech direkt auf der fetten Pelle wird zu LMCs Markenzeichen. Auch das optional mögliche, hoch über dem Hinterrad sitzende Notsitzchen ist bei LMC schon Jahre im Programm. Den Lenkkopf recken mit dem Segen des TÜV? LMC macht’s möglich.

Noch viel mehr über internationale und deutsche Chopperkultur lest ihr in dem Standardwerk »Save the Choppers!«. Das Buch wird neu leider nicht mehr angeboten beziehungsweise ist vergriffen. Ein Gebrauchtkauf lohnt sich für Chopper-Maniacs aber

Das neue Millennium bringt einen Lichtblick am Horizont der Old-School-Customizer: Bei der innereuropäischen Harmonisierung von Zulassungsregeln ist endlich der Bann von den Starrrahmen genommen. Einer Zulassung neuer Chopper ohne Hinterradfederung steht nichts mehr im Weg. Manche Händler machen das auch bei älteren Modellen möglich, indem der Rahmen als Tauschrahmen für ein beschädigtes Original eingetragen wird. Thomas Habermann wagt sich an die ersten Prototypen mit Einarmschwingen. Aber auch sonst bleibt nichts mehr beim Alten. Rigoros wird an den Designs der Rahmen und Hinterradschwingen gerüttelt. Fließende Linien bestimmen nun die Gestaltung der Rahmenrohre. Thunderbike in Hamminkeln baut 2002 seinen ersten eigenen Rahmen, konzipiert ist dieser »Freestyle«-Rahmen zunächst für Yamaha-XV-1600-Motoren.

Highneck-Chopper als neue Spielart

Aus den USA kommt die Kunde von der Wiederbelebung der radikalen Chopper und Habermann schafft seinen ersten richtig hohen Chopper-Rahmen für US-Twins. Die Kunden zeigen Interesse an den Highneck-Choppern und so ist bald bei allen großen Bikeshops etwas Ähnliches im Programm. Andreas Bergerforth von Thunderbike: »2003 haben wir den ersten Highneck gebaut. Auch dafür nutzt er den Yamaha-Motor, den er schon 2004 in den Drag-Style-Rahmen »No Exess« einbaute.« Dann stellt Yamaha die Produktion der XV 1600 ein und Thunderbike orientiert sich um. »2004 haben wir den ersten Harley-Motor in unseren Highneck eingebaut«. Im Jahr darauf komplettiert Thunderbike das Programm der Rahmen für H-D-Motoren (Evo und TC). Mit ihrem ersten reinen Showbike, der »Spectacula«, schaffen es die Hamminkeler weltweit auf vorderste Plätze.

Kodlin, Walz, Penz – große Namen der Neunziger

Auch Marcus Walz macht auf Highnecker, bleibt allerdings bis auf einige Ausrutscher bei seinem Markenzeichen, dem Dragstyle. Walz peppt nun die Rohre seiner Rahmen mit Löchern auf, Kodlin bringt im Rahmen integrierte Öltanks, Zwischenwellen mit versteckten Bremsscheiben, Reibrollenantrieb und nabenlose Räder in seinen Showbikes. Penz verzichtet auf den Rahmenüberzug. Die großen Kataloganbieter bemühen sich, alles mit TÜV präsentieren zu können. Und trotzdem gibt es Unerschrockene, die mit Neuheiten auftrumpfen. So bündelt LMC 2006 die gewonnenen Erfahrungen aus Rahmenänderungen und nie verwirklichten Ideen und stellt einen eigenen Rahmen her. Er wird der LMC-Hardline-Designlinie angeglichen und ist nicht mehr für die Suzukis, sondern für die Vielfalt der angebotenen US-V-Twin-Motoren tauglich.

Die Zeit der ultrabreiten Reifen

Bisherige, handelsübliche Möglichkeiten einen 300er-Reifen auf 11-Zoll-Felge mittig in den Rahmen zu bekommen, sind für Hans-Jürgen Lang nicht befriedigend. So wird ein Rahmen für ein Zwischengetriebe konstruiert und hergestellt, das die Verbindung zwischen Hauptgetriebe und einer im Schwingendrehpunkt liegenden Zwischenwelle herstellt. »Dieses Getriebe läuft im Ölbad, wird somit über das Hauptgetriebe geschmiert und ist absolut wartungsfrei«, so Hans-Jürgen. Der Sekundärriemen bleibt also H-D Big-Twin-mäßig auf der linken Seite und (ganz wichtig!) er unterliegt nun keinerlei Streckung beim Ein- und Ausfedern mehr. Der Rahmen dient als zusätzliches Ölreservoir und die Downtubes bekommen zur perfekteren Kühlung verrippte Rohre. Auch der Carrera-Starrrahmen von TGS bedient sich der Möglichkeit, das Motorschmiermittel im Rahmen aufzunehmen.

Technik – Rahmenlehre

Wenn man betrachtet, wie sich die Lage seit den Anfängen entwickelt hat, stellt sich einem natürlich die Frage: Was ist heute für die Selbermacher übrig geblieben? Wer heute bei einem Unfall seinen Rahmen verbiegt, kann mittlerweile ganz legal zu einem Zubehörrahmen greifen. Der eröffnet ihm – im Austausch gegen einen Rahmen gleicher Bauart – weitaus mehr Wege zum eigenen Wunschbike als ein Serienfahrwerk. Die Alternative, seinen verbogenen Originalrahmen in einer Rahmenrichtwerkstatt herrichten zu lassen, eröffnet zusätzliche Möglichkeiten. Oft kommt das sogar billiger als ein Ersatzrahmen und meist stimmt die Fahrwerksgeometrie danach besser als ursprünglich im Serienzustand. Die TÜV-Abnahme erfolgt in der Regel beim ausführenden Betrieb.

Der steinige Weg

Natürlich ist so ein Umbau einfacher zu verwirklichen als ein totaler Eigenbau. Doch der wäre zumindest theoretisch ebenfalls möglich, wenn auch sehr teuer und nur in Verbindung mit einer Neuzulassung (bei aktuellen Emissionswerten). Vorgespräche beim zuständigen Sachverständigen wären zu führen, Vorgaben bezüglich Materialien, Schweißtechniken und Attesten einzuholen. Nachfolgende Prüfungen durch Fahrversuche mit aufgeklebten Dehnmessstreifen könnten dann zu ersten Gutachten führen, die die Festigkeit der Rahmen attestieren. Für eine Hauptabnahme nach Paragraph 21 müssten noch ein gültiges Abgasgutachten sowie Messprotokolle bezüglich der Lautstärke und der Höchstgeschwindigkeit hinzukommen. Sind wir ehrlich, das alles ist für einen Laien kaum zu bewerkstelligen. Trotzdem, es gibt sie noch, die legalen Chopper-Rahmen auch auf deutschen Straßen. Findige Schrauber finden immer wieder ihre Möglichkeiten. Für uns und sie heißt es dabei: Genießen und schweigen.

 

 

Horst Heiler
Freier Mitarbeiter bei

Jahrgang 1957, ist nach eigenen Angaben ein vom Easy-Rider-Film angestoßener Choppaholic. Er bezeichnet sich als nichtkommerziellen Customizer und Restaurator, ist Mitbegründer eines Odtimer-Clubs sowie Freund und Fahrer großer NSU-Einzylindermotorräder, gerne auch gechoppter. Als Veranstalter zeichnete er verantwortlich für das »Special Bike Meetings« (1980er Jahre) und die Ausstellung »Custom and Classic Motoräder« in St. Leon-Rot (1990er Jahre). Darüber hinaus war er Aushängeschild des Treffens »Custom and Classic Fest«, zunächst in Kirrlach, seit 2004 in Huttenheim. Horst Heiler ist freier Mitarbeiter des Huber Verlags und war schon für die Redaktion der CUSTOMBIKE tätig, als das Magazin noch »BIKERS live!« hieß. Seine bevorzugten Fachgebiete sind Technik und die Custom-Historie. Zudem ist er Buchautor von »Custom-Harley selbst gebaut«, das bei Motorbuch Stuttgart erschienen ist, und vom Szene-Standardwerk »Save The Choppers!«, aufgelegt vom Huber Verlag Mannheim.