Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander. Warum in den Achtzigern eine Honda CB 400 F zum Supersportler mutierte

Kleine Hondas umzubauen liegt schon länger voll im Trend. Noch vor wenigen Jahren blickte die Szene verächtlich auf die hubraumschwachen Bikes à la Honda CB 400 F herunter. Zu profan, zu asthmathisch. Doch die Bratstyle- und Stadtbike-Bewegung hat die alten Viertakter unterhalb der CB 550 zurück ins Rampenlicht gezerrt.

Bis auf den Motor, die Frontgabel und den Lenker ist alles selbst gebaut

Denn schon vor 35, 40 Jahren wurden bereits Mittelklasse-Hondas personalisiert, galt doch etwa eine CB 400 F als Hightech-Supersportler. Zwar klein, aber gerade deshalb leicht, wendig und eben schnell. 37 PS bei unter 180 Kilo waren eine echte Ansage an alle Big-Bike-Fahrer. Damals Gründe genug, das kleine Feuerzeug in Heimarbeit noch ein wenig schneller zu machen.

Honda CB 400 F – ein echter Survivor

Nur wenige dieser – optisch oft skurrilen – Umbauten aus den Siebzigern und Achtzigern haben überlebt. Aber CUSTOMBIKE hat einen echten »Survivor« aufgetan. Vorhang auf für die Ließfeld-Honda CB 400 F.

Legionen von Motorradfahrern kennen und lieben die Honda-Uhren der CB-Ära

Burkhard »Bud« Ließfeld hatte seine Bundeswehrzeit in Stade an der Elbe abgerissen und sich anschließend dort niedergelassen. Eigentlich war er gelernter Spengler, da sich bei ihm aber alles um Motorräder drehte, arbeitete er schon bald als Zweiradmechaniker – unter anderem viele Jahre bei einem Honda-Vertragshändler. Schnell erwarb sich Burkhard den Ruf eines Spezialisten für Honda-Four-Motoren, zudem fertigte er in seiner kleinen Werkstatt von Zeit zu Zeit eigene Sportfahrwerke für japanische Motorräder an. Er war fasziniert von der Drehfreudigkeit und Leistungsfähigkeit der vierzylindrigen CB 400. Und nachdem er seine eigene 400er moderat umgebaut hatte, wollte er 1984 ein radikales Tuningbike auf Basis einer weiteren kleinen »Four« erschaffen. Inspiriert von den Zentralrohrrahmen Fritz W. Eglis löteten er und sein Freund Lothar Blumenthal mit englischem Weichlot ein Fahrgestell aus ST37-Stahl nach diesem Prinzip zusammen. Ließfeld dengelte Kotflügel, Tank, Verkleidung und Sitzbank aus Aluminiumblech, immer mit der Vorgabe, die sportliche 400er noch sportlicher zu machen.

Vieles entstand in Ließfelds Keller

Auch Schwinge, zurückverlegte Fußrastenanlage, Gabelstabilisator oder die Aufnahme für die zweite Bremsscheibe entstanden in Ließfelds Keller. Er speichte Alu-Hochschulterfelgen ein und verbaute Scheinwerfer und Rücklicht einer Zündapp KS 80. Im August 1984 konnte das Einzelstück vom TÜV abgenommen und zugelassen werden. »Bis auf den Motor, die Frontgabel und den Lenker ist alles selbst gebaut«, erklärt der heutige Besitzer der Honda, Svend-Jörk aus Stade. »Ließfeld war ein genialer Schrauber, leider starb der Kettenraucher viel zu früh an dieser Leidenschaft.« Seine Witwe verkaufte seinerzeit die Honda und eine weitere Zentralrohrrahmen-Maschine mit Jawa-Bahnmotor.

Verbandszeug und Schaltplan: Im Höcker ist Platz für zeitgemäße Accessoires

Da sich Svend-Jörk Jahre zuvor ein Renn-Gitterrohrfahrwerk für einen KLR-650-Motor hatte bauen lassen, griff er zu, als er die kleine Honda kaufen konnte. »Wenn ich sie anschaue, sehe ich immer wieder neue Dinge, die Ließfeld in großer Akribie gebaut hat«, freut sich der Norddeutsche, dessen eigene Leidenschaft es ist, Motorräder so umzubauen, dass sie besser rennen als das Original. »Ein verbessertes Fahrverhalten ist bei mir immer das Ziel, und vor allem darum ging es Bud bei seiner 400 Four schließlich auch.«

 

Dirk Mangartz