Auch wenn 50 ccm bei den meisten nur noch Erinnerungen an die Jugend auslösen, so war der Mofaführerschein bis vor kurzem noch die Eintrittskarte ins Mopedleben. Doch mittlerweile gibt’s auch den AM-Führerschein schon mit 15 …

Mit mickrigen 25 km Höchstgeschwindigkeit steht einem vielleicht nicht die Welt offen, aber man muss dann immerhin nicht mehr die Bahn nehmen oder sich mit dem Fahrrad abstrampeln. Trotzdem wurden immer wieder stimmen Laut, die meinten, dass man mit 15 Jahren sehr wohl schon in der Lage sei, ein schnelleres Gefährt zu bewegen (die ganzen frisierten Mofas haben dies ohnehin bewiesen). In der Customzsene gab es auch immer wieder erstaunlich gute Umbauten. Beispielsweise die Sachs MadAss, die wir in der CB 06/20 vorgestellt haben.

Zunächst nur ein Pilotprojekt: AM-Führerschein mit 15

Vor bald 20 Jahren fand die Idee, den AM-Führerschein auch für jüngere zugänglich zu machen, erstmals Gehör (Richtlinie 2006/126/EG). Diese ließ verlauten, dass EU-Länder selbständig entscheiden dürfen, wann zwischen 14 und 18 Jahren 45 km/h die angemesse Geschwindigkeit sei. 2013 entschied Deutschland erstmals von dieser Regelung Gebrauch zu machen. Thüringen, Sachen und Sachsen-Anhalt setzten im Rahmen eines Modellprojekts das Mindestalter für den AM-Lappen auf 15 Jahre herab. 2017 schlossen sich Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg an.

Ausgedient: Mit Einführung des AM-Führerscheins ab 15 Jahren hat das klassische Mofa mit 25 km/h-Beschränkung eigentlich seine Daseinsberechtigung verloren

Nachteil an der ganzen Geschichte war, dass die Führerscheine auch nur in den jeweiligen Bundesländern gültig waren. Auf dem Lappen wurde dies unter Ziffer 193 hinterlegt. Verließ man also den »legalen« Osten, war man ohne Fahrerlaubnis unterwegs, was eine Straftat darstellt. Im April 2020 sollte das Modellprojekt eigentlich enden, die Bundesregierung gab aber schon Ende 2019 grünes Licht für eine allgemeine Änderung des Gesetzes, so dass man in den Modellregionen die Regelung dauerhaft umsetzten konnte. Auch Nordrhein-Westfahlen führte das neue Mindestalter relativ fix ein, und 2021 hat man das Ganze deutschlandweit umgesetzt. Sehr gute Entscheidung!

Lieber ein Jahr länger warten und dafür doppelt so schnell fahren?

Diese Neuerung wirft nun natürlich eine Frage auf: Mit 15 den AM-Führerschein machen (ca. 750 Euro), oder noch ein Jahr lang die Beine stillhalten und auf den 125er A1-Führerschein warten (ca. 2.000 Euro)? Mit tiefen Taschen erübrigt sich die Frage natürlich, da macht man einfach beide Lappen. Wer allerdings auf die Kohle schauen muss, sollte wissen: Ein Versicherungskennzeichen gibt’s für unter 50 Euro, eine 125er kostet für Fahranfänger zwischen 500 und 1.000 Euro Versicherung im Jahr.

Die Auswahl an 125ern ist groß, von klassisch bis hypermodern gibt’s für jeden Geschmack das richtige Möppchen. Unser Favorit ist die Mondial HPS

Mit bis zu 15 PS und namensgebenden 125 ccm Hubraum sind die Leichtkrafträder signifikant flotter, dafür aber eben auch deutlich teurer in Anschaffung und Unterhalt. Sparen kann man lediglich zwei Jahre später, wenn man den Motorradführerschein macht (A2 bis maximal 48 PS). Denn dann kommt man als Inhaber eines 125er-Führerscheins mit etwa 350 Euro davon, während man mit dem 50er-Lappen knapp 2.000 Euro hinblättern muss.

AM-Führerschein – Keine Probezeit, keine Prozente

Wichtig zu wissen ist, dass mit dem AM-Führerschein keine Probezeit »erfahren« werden kann. Das mag den Vorteil haben, dass auch keine Maßnahmen wie Probezeitverlängerung greifen. Allerdings ist auch das Erfahren von Schadensfreiheitsrabatten auf diesem Weg nicht möglich. Das Versicherungskennzeichen bietet lediglich eine Haftpflichtversicherung, kann aber um Teilkasko erweitert werden. Eine Vollkaskoversicherung wird nicht angeboten.

Welche Kreidler Florett fährt denn nur 50 Sachen? Wir kennen keine …

Fakt ist außerdem, dass das Fahren mit frisierten Mopeds mit mehr als 45 km/h den Straftatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis erfüllt, der in der Regel neben einer Geldstrafe nicht nur eine Entziehung der Fahrerlaubnis, sondern auch eine Sperrzeit von mindestens sechs Monaten mit sich bringt. Ausgenommen sind hier Fahrzeuge mit Erstzulassung vor dem 01.12.2001, diese dürfen 50 Sachen fahren. In der ehemaligen DDR durften Kleinkrafträder bereits 60 km/h fahren und dürfen dies per Sondergenehmigung auch heute noch. Für beide Ausnahmen gilt weiterhin: Maximal 50 Kubik.

In der Realität fährt eine Florett genauso schnell wie die Schwalbe

Das trifft eigentlich nur auf die Simson Schwalbe zu, die dank dieser Regelung eine fast schon unanständige Wertsteigerung durchgemacht hat. Denn auch wenn bei einer Kreidler Florett in den Papieren 50 km/h Höchstegeschwindigkeit steht, fährt sie in der Realität genauso schnell wie die Schwalbe. Im unwahrscheinlichen Szenario, dass ein gelangweilter Beamter einen Geschwindigkeitstest durchführt, müsste man seine Florett künstlich verlangsamen, selbst wenn keinerlei Modifikationen am Fahrzeug durchgeführt wurden. Aber das war vor 50 Jahren auch schon so …

Wer sich für 50 statt 125 Kubik entscheidet, kann viel Geld sparen. Und das in den Umbau seines Mopeds stecken. Wie hier, in den abgefahrenen Sachs MadAss-Umbau von Ourewald Kassdem

Doch möglicherweise ändert sich in Sachen Vmax bald etwas: Anfang des Jahres wurde eine Petition gestartet, um die Höchstgeschwindigkeit von Kleinkrafträdern von 45 km/h auf 60 km/h anzuheben. Hauptargument ist, dass das allgemeine Tempolimit innerorts 50 km/h beträgt. Die Höchstgeschwindigkeit 5 km/h darunter anzusetzen ist nicht nur schwachsinnig, sonder auch gefährlich. Auch wir haben darüber berichtet (zum Artikel) und nach einigen Wochen waren über 50000 Unterschriften gesammelt. Das genügt zur Vorlage der Unterschriften beim Petitions-Ausschuss des deutschen Bundestags. Aktuell ist allerdings noch kein Stichtag bekannt, wann dies soweit sein wird.

 

Philipp Heil