Auch Irgendwo zwischen Japan und Wittmund geht manchmal die Sonne auf – und scheint dann prächtig auf diesen hübschen Yamaha SR500 Chopper

Eigentlich hat Tobi ja einmal den ­Beruf des Kfz-Mechatronikers erlernt – der Vater machte ihm schließlich jahrelang vor, wie man historische englische Autos  restauriert. Mit seinem erlernten Wissen brachte Tobi dann in seiner privaten Pflegestation sowohl einen Mini als auch einen Volkswagen T3 wieder auf die Straße und hauchte den betuchten Karossen und Triebwerken neues Leben ein. Hauptberuflich ist er heute ganz anders unterwegs: Im Norden der Republik sorgt der junge Mann in einem Kraftwerk für Licht am ­Ende des Tunnels und Strom in deutschen Haushalten. Obwohl ihm genau dieses Energiethema bei dem hier bebilderten Umbauprojekt eines Tages ganz schön auf die Sicherung gehen sollte – dazu später mehr.  

Die Prägung vom Papa

Als Tobi pünktlich beim Erreichen des gesetzlich vorgegebenen Mindestalters seine offizielle Fahrerlaubnis für motorisierte Zweiräder in den Händen hielt, wurde ihm leider sehr schnell bewusst, dass das noch nicht alles sein kann. Die notwendige Inflationsprämie für eine eigene Mopete war aber leider weder im Bausparvertrag noch in der Sparsau vorhanden. Glücklich ist an dieser Stelle, wer einen Vater hat, der einen Cafe Racer auf SR500 Basis besitzt, den er einem unentgeltlich als Gefährt zur Seite stellt.

Die flache, bodennahe Optik verdankt die Yamaha unter anderem der verlängerten Schwinge

Nach vielen Jahren Mofaschrauberei war das der erste wichtige Meilenstein in Richtung unendlich vorhandenem Hubraum, der erst durch den Kauf einer GSX-R 750 – ebenfalls ein Cafe Racer – zwei Jahre später noch getoppt werden konnte. Das Gute außerdem: Papas SR 500 hatte ja sowieso nur 34 PS, so konnte er sie ganz gesetzeskonform »offen« über die norddeutschen Bundesstraßen peitschen.

Yamaha SR500 – Projektaufgabe als gute Basis

Ein paar Jahre später kam der Flashback und Tobi schaute sich bei den gängigen Internetbörsen nach einer umbaubaren Yamaha SR500 um. In Hannover wurde er fündig, jedoch war außer Rahmen und Motor beim besagten Rolling Chassis nicht mehr viel vorhanden, was an eine SR500 hätte erinnern können. Die als Projektaufgabe deklarierte Anzeige versprach aber, eine gute Basis zu sein.

»Wegen Projektaufgabe«, das sind zwei wichtige ­Worte für Schnäppchenjäger und Selberbauer

»Ich hatte schon lange Zeit durch die sozialen Medien gescrollt und mir Inspirationen geholt. Die Japaner bauen die Yamaha SR500 schon immer echt geil um und ich war richtig angefixt.« So waren die Augen vielleicht ein wenig größer als es gut gewesen wäre – selbst die komplett fehlende Elektrik konnte Tobi nicht vom Kauf des Fahrzeugs abhalten. Endlich in  der heimischen Garage, stand der neue Besitzer nun vor einem Haufen Blech und musste sich erst einmal überlegen, was zu tun wäre. Ein schmal gebauter Chopper war die erste Idee für die kommende Umbauperiode. 

Yamaha SR500 – Speichen statt Gussräder

Nach und nach wurden Teile per Online-Shopping nach Hause bestellt. Die erste Ausführung der SR glänzte mit Gussrädern im rostigen Rat-Style. Das hatte zwar was für sich, nach mehreren Gesprächen bekam ­Tobi jedoch die Meinung eines Kumpels nicht mehr aus dem Kopf. »Mensch, das musst du noch geiler machen. Mach sie richtig neu.« So folgte eine neue Schlachtung des Gefährts inklusive kompletter Motorüberholung und sämtlicher Lackarbeiten. Wirklich zufrieden war Tobi mit den Gussfelgen sowieso nicht – Speichenräder standen somit auf dem Plan der Rückrüstung.

Nach einigen Autogeschichten und Mofaschraubereien war die SR500 das erste echte Motorrad, an dem Tobias sich austobte. Geschraubt wird in einer kleinen Werkstatt

Gerne hätte er ja auch einen vollständigen Starrrahmen gehabt, dies ließ jedoch aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht vernünftig umsetzen. So passte er den Heckrahmen an eine Linie mit dem Oberzug des Hauptrahmens an und verpflanzte neue, kurze Stoßdämpfer an die SR. Der besagte Hauptrahmen bietet bei der Yamaha SR500 auch den Platz fürs Öl. An sich eine gute Sache, aber bedeutet ebenfalls, dass der Benzintank nicht so schlank aufträgt wie gewünscht. Ein glücklicher Zufall spielte dem norddeutschen Schrauber eine Tankschale zu, die unten offen und somit im perfekten Zusammenspiel mit dem Hauptrahmen zu modifizieren war. Auch die selbst gebaute Fußrastenanlage fügt sich in die neue ­schmale Linie ein. 

Yamaha SR500 – Ran an den Eintopf

Dann ging es nochmal ans Triebwerk der Yamaha: Zylinder runter, alles säubern, alle Verschleißteile erneuert, neuen Kolben eingesetzt – technisch war nun wieder alles erste Sahne. Apropos Sahne: Die Überlegung, wie nun das neue Outfit aussehen sollte, fand Tobi wieder in den sozialen Medien. Mit neu montierter Sissybar hatte er auf einmal wieder Bock auf ein wenig Japan in Norddeutschland – mit einem befreundeten Lackierer entstand die Idee der asientypischen rot-gelben Sonne, die seitdem öfter mal über Wittmund und Jever aufgeht. Fehlte nur noch eins bei Tobis erstem richtigem Umbau: Eine grundlegende Überholung der Elektrik.

Zylinder runter, alles saubermachen, Verschleißteile erneuern, neuen Kolben einsetzen. Seitdem geht zwischen Wittmund und Jever wieder regelmäßig die Sonne auf

Nur das Nötigste war die Devise: Licht, Blinker, Ausschalter. Nachdem die neuen Strippen gewissenhaft in nötiger Länge zusammengestellt waren, funktionierte erst einmal nichts.  Die Lösung fand sich einige Zeit später in der einzigen vorhandenen Sicherung: Diese war einfach nicht richtig eingesteckt. Geschichten, die das Schrauber­leben schreibt. »Zwar habe ich mal gedacht, ich breche den ganzen Umbau ab und verkauf den Hobel. Aber nun bin ich froh, dass sie fertig ist und die Yamaha SR500 genauso dasteht, wie ich sie haben wollte.« Eine japanische Schönheit in Norddeutschland, so kann es gehen.

Tobi Schulz