350 Arbeitsstunden und viel Kreativität stecken in dieser Suzuki GT 250 A – ein Wahnsinn angesichts des kleinen Zweitakters

Seit einigen Jahren begleitet uns Christian Schwarzenlander schon, oder besser, wir begleiten ihn. Im Jahr 2013 gewann der Österreicher mit einem Honda-CB-250-Umbau unseren jährlichen CUSTOMBIKE-Wettbewerb. Es war das erste Mal überhaupt, dass ein Cafe Racer in diesem traditionellen Umbaucontest triumphieren konnte. Dazu noch dieser kleine Motor, ein echtes Novum. Christian hatte außerdem unter Beweis gestellt, dass er in seiner nebenbei betriebenen Manufaktur »Exesor Motorcycles« nicht nur gängigen Basisbikes ungeahnte Facetten abgewinnen kann. Sein cleanes Design überzeugte uns auch nach seinem Sieg bei folgenden Umbauten.

Der Öltank unterm Sitz fristete einst ein Dasein als Ventildeckel einer russischen Ural

Mit einer wunderschönen SR 500 und seiner flachen »Dolus«, einem Racer auf BMW-Basis, bestätigte er sein Auge und Können. Auch diese beiden Bikes haben wir euch im Magazin gezeigt. Und so gehört Christian zu denen, bei denen wir sofort aufhorchen, wenn sie ein neues Motorrad gebaut haben. Eben weil wir uns fast sicher sein können, dass etwas entstanden ist, was wir zeigen müssen. Mit der »Santoku« findet er zudem zurück zu den kleinen Bikes. Dass der Zweitakter einer Suzuki GT unter der Verkleidung arbeitet, macht die Sache umso spannender.

Suzuki GT 250 Zweitakter: Eine herrlich einfache Technologie

Die große Ära der Zweitakter ist längst vorbei, die siegreichen Racebikes der 70er vergessene Champions. »Schade«, findet Christian, »denn die Technologie der Zweitakter ist aufgrund ihrer wenigen beweglichen Teile eigentlich eine herrlich einfache.« Und so entschied Christian, mit diesem Motorrad eben jenen Zweitaktern ein Denkmal zu setzen. Die Kombination aus einem traditionellen Racebike und einem modernen Customumbau war für ihn gesetzt. Die Wahl für das Spendermotorrad fiel auf eine Suzuki GT 250 aus dem Jahr 1976. »Weil der Motor eine hohe Drehzahl hat und der Rahmen wunderbar klein und leicht ist.«

Hinter der großen Verkleidung steckt ein filigranes Motorrad. Der Heckrahmen ist gekürzt, die Aufnahmen für die Federbeine wurden versetzt, der Höcker war einst ein Schutzblech

Den Motor überholt Christian komplett, Übermaßkolben sorgen für Dampf. Auch die Kurbelwelle erfährt eine genaue Durchsicht, wird einmal umfassend gewartet. Der Vergaser wird umbedüst, die Ansaugtrichter bleiben offen, im Stand verschließbar mit zwei handelsüblichen Waschbeckenstopfen. Die zweitakttypischen Auspuffrohre werden auf Maß gefertigt und wir haben nur eine ungefähre Vorstellung, wie herrlich laut sie sind, so ganz ohne Schalldämpfer und dB-Begrenzer. Als Öltank dient der simple Ventildeckel eines Ural-Boxermotors, das Spritgefäß steuert eine Yamaha LS2 bei.

Der Höcker begann sein Leben als Kotflügel

Beim Neuaufbau des Fahrwerks ist der Winkelschleifer zunächst Christians bester Freund. Der Hauptrahmen muss gecleant werden, der Heckrahmen wird gekürzt, die Aufnahmepunkte für die Federbeine versetzt. Der Höcker begann sein Leben einst als Kotflügel, der nun sorgfältig geformt und poliert einer neuen Bestimmung zugeführt wurde, davor die flache Ledersitzbank. Die originale Gabel wird gekürzt, eines der auffälligsten Details des Bikes finden wir an ihrem unteren Ende. Soll keiner sagen, dass die massive Trommelbremse aus einer alten Suzuki T500 nicht unheimlich sexy ist. Mit polierten Naben vorn und hinten, neuen verchromten Felgen und rostfreien Speichen runden die Räder samt Vintage-Reifen den Look ab.

Das Mooneyes-Logo auf den Seitenflanken brachte Christian auf, als er feststellte, dass seine Lackfarben perfekt zu denen der japanisch-kalifornischen Hot-Rod-Schmiede, von der er großer Fan ist, passen

Und dann ist da noch diese alles übertrumpfende Verkleidung, gefertigt aus Polyesterharz, verstärkt mit Glasfaser und ursprünglich konzipiert für einen größeren Yamaha-Racer. In der Summe passte sie deshalb natürlich nicht an die GT. Das bedeutete nicht nur, dass sie passend zugeschnitten werden musste, sondern auch, dass Christian jede einzelne Halterung per Hand neu anfertigen musste. Mit einem neuen Satz Stoßdämpfern, Tarozzi-Fußrasten fürs echte Renngefühl und der Lithiumbatterie als Hauch von modernem Zweiradluxus rundet Christian seine Suzuki technisch ab.

Eine Lackierung, die nicht passender für eine Renn-Replika sein könnte

Das optische Finish besorgt die Lackierung. Und tatsächlich ist dieses Motorrad der rollende Beweis dafür, wie wichtig eine perfekte Farbwahl ist, will man ein außergewöhnlich stimmiges Ergebnis erzielen. Mit der Entscheidung für Weiß, Schwarz und Curry-Gelb trifft der Österreicher unseren Nerv, aus allen Winkeln ist es eine Lackierung, die nicht passender für eine Renn-Replika sein könnte. Hut ab, Herr Schwarzenlander, mal wieder.

Info | exesor-motorcycles.com

 

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.