Ein alter Bauernhof im französischen Département Aveyron dient als Garage von Lebenskünstler Rico

Der erste Stein des Hofes ist 1702 gesetzt worden, ein Grund, warum Eric »Rico« Parrey sich hier wohlfühlt. »Die alten Gemäuer machen mir ein wohliges Gefühl, ich denke oft darüber nach, was hier geschehen ist, male mir aus, welche Geschichten dieses Gebäude erzählen könnte. Der große Schornstein raucht, wenn wir uns T-Bone-Steak auf den gemauerten Grill legen. Im Backofenbacken wir unser eigenes Brot, wie es hier schon Generationen getan haben. Und wir können uns aussuchen, in welchem der vielen Zimmer wir die Nacht verbringen. Das ist schon eine besondere Form von Luxus«

Eine Garage mit Ausblick

Ein zweiter Grund für die Wahl des Wohnsitzes auf dem alten Gehöft irgendwo zwischen Clermont-Ferrand und Montpellier hat nichts von Nostalgie und Erinnerungen, sondern ist irdischen Umständen geschuldet. »Ich hatte keinen Bock mehr auf die ganzen Arschlöcher und ihr dummes Leben der Hast und Eile und Handys in den Großstädten. Die Landschaft hier ist immer eine Reise wert und wenn ich hier auf mein Motorrad steige, bin ich definitiv immer im Urlaub.« Es macht glücklich, hier zu leben, sagt Rico, auch wegen der eigenen Obstbäume und dem Rindfleisch vom Nachbarhof, das von einer Qualität ist, wie man sie in keinem Supermarkt findet.

Der Wert von alten Dingen wird groß geschrieben: Magazine, Bücher und – natürlich – alte Motorradteile finden sich zuhauf

Rico und seine Freundin Sophie haben sich hierher zurückgezogen, auch weil sie hier komplett unabhängig an ihren Vintage-Kleidungsstücken arbeiten können, alles von Hand genäht in der Ruhe der alten Gemäuer, ein kleiner Showroom gehört zum Hof dazu. Und noch etwas überzeugte den Mann, der ein rastloses Szeneleben führte, bevor er hierher kam. »Ich habe endlich eine Garage, in der ich alles parken kann, was ich so über die Jahre anschleppe«.

Zweiradschätze in der alten Scheune

In der alten Scheune stehen Ricos Zweirad-Schätze. Da wäre seine FXR, mit ihrem Komplett-Bodykit eine echte Seltenheit. »Die Kits wurden in den 90er Jahren von Corbin als »Warbird Kits« verkauft und waren auch für Harleys Sportster erhältlich«, erzählt er »Meine FXR hat das komplette Programm aus Kotflügel, Tank, Sitzbank, Scheinwerfer und Spoiler. Dazu kommen PM-Aluräder, die berühmte GMC-Schwinge und ein leichtes Motortuning. Die Karre ist ein Traum zum Fahren.«

»Ich hatte einfach keinen Bock mehr auf dieses dumme Leben der Hast und Eile und Handys in den Großstädten. Wenn ich hier auf mein Motorrad steige, fühle ich mich immer wie im Urlaub.«

Dazu gesellt sich die andere FXR, die mit dem Scheiß-China-Beiwagen, wie Rico grinsend erzählt. Kurz vorm Zweiten Weltkrieg gaben sich Deutsche und Russen einander noch Geschenke, so landet zum Beispiel der Bauplan der BMW R 75 bei den Genossen, die nach dem Krieg beginnen, nach Vorlage der Pläne Dnepr und Ural zu bauen.

Die Garage erzählt Geschichten

Irgendwann in den Fünfzigern landen die Pläne in China und auch die bauen fleißig – bis heute kann man die China-BMWs kaufen, und die Beiwagen auch. »Aber Vorsicht«, sagt Rico, »guckt euch sowas genau an, bevor ihr es kauft. Mein Beiwagen wurde in China für einen französischen Auswanderer angepasst, was für eine Geschichte.«

Kreativwerkstatt: In Ruhe und von Hand wird hier an Vintage-Bekleidung, Patches und mehr genäht

Noch historischer wird es bei Ricos Flathead, die eine Patina trägt, die echt ist. Sie stammt aus dem Jahr 1942, war im Kriegseinsatz in Europa, verblieb nach dem Krieg in Frankreich und wurde in der französischen Armee gefahren. Irgendwann in den 50er Jahren wurde sie als militärischer Überschuss verkauft, genau in dem Zustand, in dem sie noch heute ist. »Man fühlt die Geschichte, wenn man sie fährt. Dann bin ich in der Vergangenheit. Dieses Bike wird mich überleben, wie mich dieses Gebäude überleben wird. Ich finde, das ist ein schönes Gefühl.«

Info | L’insoumis Clothing

Phares/Weber