Lange hatte die BMW Zweiventiler keiner auf dem Zettel. Erst seit einigen Jahren feiern sie als Custombikes ihre Wiederauferstehung

Wer weiß, vielleicht würde BMW heute immer noch Flugzeugmotoren herstellen oder gar Boeing und Airbus Konkurrenz machen, wäre der Erste Weltkrieg nicht gewesen. Während des großen Gemetzels liefen die Geschäfte gut. Die „Bayrische Motorenwerke AG“, die 1916 aus dem Zusammenschluss der Firma „Rapp Motorenwerke GmbH“ und der »Flugzeugfabrik Gustav Otto« hervorgegangen war, wuchs schnell. Am Himmel Europas lieferten sich Jagdflugzeuge erbitterte Kämpfe. Gegen Ende des Krieges erschien die Fokker D VII mit 185-PS-BMW-Motor am Himmel über Deutschland.

Erst Flugzeuge, dann Motorräder

Dank hervorragender Steuerfähigkeit und Robustheit und nicht zuletzt des starken Motors wegen wurde sie in kürzester Zeit so legendär und berüchtigt, dass die Siegermächte später Übergabe und Verschrottung aller Flugzeuge verlangten. Der Versailler Vertrag verbot die Produktion von Flugzeugen und Flugzeugmotoren in Deutschland und so erteilte BMW-Generaldirektor Franz Josef Popp seinem Chefkonstrukteur Max Friz 1919 den Auftrag, einen Motorradmotor zu entwerfen.

BMW hat sich als einziger deutscher Motorradhersteller gehalten und durfte 2023 hundertjähriges feiern

1920 ging das Zweizylinder-Boxertriebwerk in Serie. Hersteller wie Helios und die Nürnberger Victoria-Werke verbauten es in ihren Motorrädern, besonders die Helios verkaufte sich mit dem M2B15-Motor gut. Das stachelte Friz’ Ehrgeiz an und er begann, das erste BMW-Motorrad zu entwickeln, die R 32, die 1923 präsentiert wurde. Die Zutaten waren nicht neu, das Ergebnis dennoch beinah revolutionär: ein 500-Kubik-Boxer mit seitlich stehenden Ventilen, gekapseltem Ventiltrieb, höchst  moderner Druckumlaufschmierung und 8,5 PS.

Erstmal herrschte Skepsis

Die Kraft übertrug eine Einscheiben-Trockenkupplung nebst handgeschaltetem Dreiganggetriebe über die wartungsarme Kardanwelle direkt aufs Rad. Nur 120 Kilo wog die Maschine, war öldicht und langlebig und auch optisch sehr homogen. Die ungewöhnliche Einbaulage des Motors optimierte die Kühlung, machte das Motorrad aber auch ungewöhnlich breit. Erste Skepsis erwies sich aber rasch als unbegründet.

R11 von 1929 mit Pressstahlrahmen

Bremsen wie Federung waren zwar bescheiden, doch binnen kürzester Zeit erwarb sich die R 32 einen sehr guten Ruf und stand für Zuverlässigkeit, Stabilität und Wartungsarmut. Zu einer noch besseren Vermarktung wünschte sich BMW sportliche Erfolge, dafür aber war die R 32 mit ihren 8,5 PS nicht die Richtige. Noch im Jahr 1924 verdoppelte der junge Ingenieur Rudolf Schleicher die Leistung mittels gekapselter OHV-Alu-Zylinderköpfe und optimierter Kühlrippen fast auf 16 PS. R 37 hieß die Maschine mit dem Doppelschleifenrahmen der R 32, mit 115 km/h Topspeed war sie durchaus renntauglich. Rudolf Schleicher selbst gewann mit ihr 1926 zum Schrecken der sieggewohnten Briten die Internationale Sechstagefahrt in England.

1926: Das zweite Tourenbike

1926 folgte mit der R 42 das zweite tourentaugliche Motorrad des noch jungen Motorradbauers. Ihr Motor schaffte 3,5 PS mehr als der der R 32, seine Kühlrippen liefen nun längs zur Fahrtrichtung und er steckte in einem neuen Rahmen mit geraden Frontrohren und Sattelstütze. Mit 6 502 verkauften Modellen wurde die R 42 das erste richtige Erfolgsmodell der Bayern.

1925 – R 37: BMWs erste Sportmaschine.Im Rahmen der R 32 steckt der 500er-Boxer mit OHV-Alu-Köpfen, wodurch die Leistung von 8,5 auf 16 PS nahezu verdoppelt werden kann. Mit 2.900 Reichsmark das damals teuerste Motorrad in Deutschland

Mit Umzug ins neue Werk in Eisenach begann für BMW zwar die Produktion der ersten Automobile, doch die nächste R ließ nicht lange auf sich warten. Mit 63 zu 78 Millimetern war das Bohrungs-Hub-Verhältnis der neuen R 52 nicht länger quadratisch und brachte mehr Durchzug. Auch wegen der erstmals serien mäßig angebotenen Bosch-Lichtanlage wurde sie bei Tourenfahrern sehr beliebt. Meist stellte BMW den braven Seitenventilern eine sportliche OHV-Version zur Seite, technischen Stillstand gab es nicht. Kaum ein Jahr verging, ohne dass München seine Motorräder optimierte: größere  Kardanbremse, Zwei scheibenkupplung, Zugfedersattel, Stoßdämpfer, Tankschaltung oder der Nocken wellenantrieb via Steuerkette, es ging Schlag auf Schlag.

Henne, die Legende

1929 kam mit den Modellen R 11 und R 16 der aus vernieteten und verschraubten Blechen gepresste Stahlprofil rahmen mit zwischen die oberen Rahmenzüge gestecktem Tank. Im gleichen Jahr fuhr Ernst Jakob Henne mit einer modifizierten Kompressor-R-63 einen Geschwindigkeitsrekord von 216,75 km/h. Nur der erste einer Reihe von insgesamt 76 Weltrekorden, die BMW zwischen 1929 und 1937 einfahren konnte und die international große Anerkennung brachten. 1935 hielt mit R 12 und R 17 die ölgedämpfte Tele skopgabel Einzug in den Großserienmotorradbau, 1938 lieferte die R 51 die Hinterradfederung dazu: eine ungedämpfte Teleskopfederung, die beim Kardan den Einsatz eines Kreuzge lenkes nötig machte.

1929 – R 16: Ihr kurzhubig ausgelegter OHV-Motor bringt es dank zweier Amal-Vergaser ab 1932 auf satte 33 PS. Durch drei Siege in Folge bei der Sechstagefahrt in Wales erlangt die R 16 auch internationale Anerkennung

1938 lief in Deutschland die Rüstungsindustrie auf Hochtouren, auch die Produktion von Motorrädern wurde auf staatliche Anordnung erhöht. Das legendäre Wehrmachtsgespann R 75 kam im Krieg gegen die Sowjetunion sowie in Rommels Nordafrika-Korps zum Einsatz und war mit geschraubtem Rahmen für schnelle Motorwechsel, fußgeschaltetem Vierganggetriebe samt Untersetzung sowie einem Rückwärtsgang ganz auf militärische Bedürfnisse ausgelegt.

1948 kommt die erste Nachkriegs-BMW

Nach dem Krieg gestaltete sich die Wiederaufnahme der Produktion sehr schwierig. Nicht nur waren die Werke in München, Alach und Milbertshofen teils stark beschädigt. Das Werk in Eisenach war außerdem den sowjetischen Besatzern überantwortet worden, viele ehemalige Mitarbeiter gefallen oder verschollen. Erst 1948 konnte die Produktion mit einem schlichten Einzylindermodell wieder aufgenommen werden. Ohne die im Krieg vernichteten Konstruktionspläne, in zum Teil zerstörten Werkshallen und nicht selten mit aus den Trümmern zusammengeklaubten Bauteilen schraubten die BMW-Mannen ihr erstes Nachkriegsmotorrad zusammen, die einzylindrige R 24.

1938 – R 51: Die R 51 bringt es als RS-Version auf 36 PS, mit Kompressor sind bis zu 100 PS möglich. In Kombination mit der Geradewegfederung ist sie bei Rennen unschlagbar

Die ersten Nachkriegsboxer waren die R 51/2 und die BMW R 51/3. Erst 1950 konnten sie auf den Markt kommen, bis dahin hatten die Alliierten die Produktion von  Maschinen mit mehr als einem Viertelliter Hubraum verboten. Trotz widriger Umstände war man mit den Motorrädern sehr erfolgreich und verkaufte in nur fünf Jahren 100 000 Maschinen. Internationaler Erfolg allerdings fehlte dem Unternehmen und so brachte man 1952 die erste sogenannte 100-Meilen-Maschine (schneller als 160 km/h), die R 68, auf den Markt, die mit 600 Kubik, höherer Verdichtung, geschärfter Nockenwelle, größeren Ventilen, 26-Millimeter-Bing-Vergasern und 35 PS gegen den Wind anrannte. Für das Marken image eines Motorradbauers war so ein Bolide damals enorm wichtig.

Autos erobern die Welt, Motorräder müssen zurückstecken

Mitte der fünfziger Jahre passierte es: Deutschland stieg aufs Auto um. Ab 1955 wurde zunächst kein Geld mehr in die Entwicklung neuer Motorradmotoren investiert. Trotzdem konnten die 1955 vorgestellte R 50 mit einer großen Innovation aufwarten. Da war der neu entwickelte Vollschwingenrahmen, der bis dato unbekannten Komfort brachte. Vorn führte eine geschobene Langschwinge mit zwei Federbeinen und Öldruckstoßdämpfern das Rad, hinten wurde die olle Geradewegfederung durch  eine Schwinge ersetzt, deren beide Federbeine nicht nur ölgedämpft, sondern auch in zwei Stufen einstellbar waren. Kardanwelle und Kreuzgelenk drehten sich nun gekapselt im Ölbad. Allmählich zeichnete sich eine zwar kleine, aber exklusive und anspruchsvolle Klientel ab, die den Reiz schwerer und luxuriöser Maschinen wie der 1955 erschienenen R 69 mit Vollschwingenfahrwerk gerade darin sahen, dass sie für die große Masse unerschwinglich und somit uninteressant waren.

1955 – R 50: Erster Boxer im Vollschwin-gen-rahmen mit überragendem Komfort. Geschobene Langarmschwinge vorn, Kardan und Kreuzgelenk gekapselt im Ölbad

Die späten fünfziger Jahre waren dennoch extrem schwierig. Klein- und Mittelklassewagen erfreuten sich enormer Nachfrage, doch man hatte keine konkurrenzfähigen Fahrzeuge im Angebot. Die Herstellung von Flugzeugmotoren war unrentabel geworden. Die Nachfrage nach Motorrädern ging rapide zurück. 1959 hegte Daimler-Benz ernsthafte Übernahmepläne, die in München auf wenig Gegenliebe stießen. Geschäftsführung, Belegschaft und Politik waren sich einig: BMW muss bayrisch bleiben! Nicht zuletzt dank der Unterstützung durch den Freistaat Bayern und eines Auftrags zur Fertigung von Starfighter-Triebwerken konnte die Übernahme schließlich verhindert werden. Der damalige Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Strauß hatte den Deal vermittelt. So brachte BMW trotz Krise im Motorradmarkt 1960 gleich vier neue Boxer-Modelle auf den Markt. Topmodell der Baureihe war die R 69 S. Mit ihren 42 PS und  einer Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h machte sie vergleichbaren Modellen aus England starke Konkurrenz.

Die Produktion in Berlin-Spandau

Unter der Führung von Karl-Heinz  Sonne konzentrierte sich der Konzern ab 1962 immer mehr auf die Herstellung von Autos. Die Umsatzzahlen stiegen, 1959 baute BMW 58524 Fahrzeuge und beschäftigte 12 000 Menschen. Tiefgreifende Umstrukturierungsmaßnahmen sollten die Wettbewerbsfähigkeit der Motorradsparte dauerhaft sicherstellen und man entschloss sich für  eine Verlagerung der Produktion nach Berlin-Spandau. Das erste Motorrad aus Berlin –  eine R 60/2 – rollte 1967 vom Montageband. Im Laufe der folgenden Jahre erfolgte Schritt für Schritt die Verlagerung der Motor radfertigung von München nach Berlin, der letzte war der Aufbau der Motorenmontage 1969.

1969 – R 75/5: Spitzenmodell der neuen /5-Baureihe.Der 750er-Boxer mit 50 PS bringt 175 km/h Topspeed, womit das Fahrwerk zunächst überfordert ist. Eine Verlängerung der Schwinge schafft Abhilfe

Anfang der 1970er Jahre brachen wieder bessere Zeiten an. Die Jugend hatte das Motorrad als Hobby und Statussymbol entdeckt. Nun zahlte sich aus, dass BMW am Motorrad festgehalten hatte. Unverdrossen hatten die Ingenieure Motoren- und Fahrwerkstechnik weiterentwickelt. So kamen nach knapp neun Jahren Modellkonstanz endlich wieder komplett neu entwickelte BMW-Motorräder auf den Markt. Neues Ungemach drohte aus einer anderen Ecke. Die Japaner waren mit sportlichen Straßenmotorrädern mit gut einem Liter Hubraum auf dem Vormarsch.

BMW Strich-Fünfer

Mit dieser Konkurrenz im Rücken, brachte BMW 1969 die sogenannte »Strich-Fünfer«-Serie auf den Markt: R 50/5, R 60/5 und die R 75/5. Endlich konnte man seine Maschinen wieder mit komplett neu ent wickelten, modernen Motoren in Szene  setzen. Die Nockenwelle rotierte nun unterhalb der Kurbelwelle, die erstmals einteilig war und Pleuel mit geteiltem Fuß besaß. Alle drei Modelle  hatten einen leichten Doppelschleifenrohrrahmen, der formal an den berühmten  Federbettrahmen der Nortons erinnerte. Die Langschwingengabel wich einer Telegabel, Blinker und Rückspiegel waren nun serienmäßig, erstmals gab es einen Elektrostarter ab Werk.

1973 – R 90/6: Das Tourenmodell leistet wegen geringerer Verdichtung mit 60 ganze 10 PS weniger als die R 90 S. Eine R 90/6 ist übrigens pünktlich zum 50-jährigen BMW-Motorrad-Jubiläum 1973 das 500 000ste BMW-Motorrad

1973 kamen die /6er, jetzt mit Fünfganggetriebe: R 60/6, R 75/6 und R 90/6 und, last but not least, die R 90 S. Das Wettrennen mit Asien nach dem Motto „schneller, höher, weiter“ war eröffnet. Aber statt die erfolgreiche Japan-Konkurrenz zu kopieren, setzte man bei BMW weiterhin auf Tradition und blieb bei den guten alten Boxern. Das wurde belohnt: BMW- Motorräder waren in den 1970er Jahren auf der ganzen Welt äußerst beliebt. Auch die neue Strich-Siebener-Reihe mit den charakteristisch eckigen Ventildeckeln. Die Motorräder mit dem Propeller am Tank trugen ihren Teil zum Mythos »Made in Germany« bei.

1976 gab’s eine Vollverkleidung

Schon die 90 S war für japanische Superbikes eine ernst zu nehmende  Rivalin, der Sportboxer  R 100 S war es nicht minder. Vorgestellt auf der IFMA 1976 in Köln, waren sie mit 65 respektive 70 PS und über 200 km/h Topspeed sehr flott unterwegs. Die R 100 RS war das erste voll verkleidete Serienmotorrad von BMW. Dank außergewöhnlicher Windschnittigkeit und hervorragendem Wind- und Wetterschutz wurde sie  äußerst beliebt.

BMW-Entwicklungsingenieur Laszlo Peres gehörte zu den führenden Köpfen des Gelände motorrad-Projekts. Er errang mit einem 800er-Boxer-Eigenbau 1978 den zweiten Platz bei der Deutschen Gelände-Meisterschaft

1978 brachte BMW mit der R 45 wieder ein richtiges Einsteigermotorrad auf den Markt. Ihr zur Seite gestellt war die etwas stärkere R 65. Die beiden kleinen Boxer  waren komplett neu und erstmals kurzhubig konstruiert. Der deutlich leichtere Rahmen sorgte dafür, dass das Gewicht unter 200 Kilo blieb. Gegenüber der japanischen Konkurrenz, insbesondere Hondas CX 500, hatten sie trotzdem einen schweren Stand und so blieb ihr Erfolg kleiner als erhofft.

Die BMW für Weltenbummler

Ende der 1970er Jahre hatte man in der BMW-Entwicklungsabteilung erste Gelände-Prototypen auf die Räder gestellt. Ohne offiziellen Auftrag und mit viel privatem Engagement griffen die Mitarbeiter hauptsächlich zu Serienkomponenten der R 80. Sie fertigten ein leichteres Heck und verbauten ein größeres Vorderrad. Unter Projektleiter Rüdiger Gutsche entstand schließlich die abgeleitete Serienversion. Mit der R 80 G/S (wie Gelände und Straße) bot München ab 1980 schließlich den passenden Untersatz für Weltenbummler und Abenteurer. Es war die Geburt einer Legende, die bis heute das Herzstück und der Goldesel der Modellpalette ist.

Modern Classic: Die R 100/7 von 1976 hatte knapp einen Liter Hubraum, 60 PS, Fünfganggetriebe, Scheibenbremse – und eckige Ventildeckel

Dabei wurde die R 80 G/S anfangs nur zögerlich angenommen, was wohl an ihrem eigenwilligen Styling lag. Zudem wurde die Monolever genannte, einarmige Konstruktion der Hinterradschwinge mit innenlaufender Kardanwelle, argwöhnlich beäugt. Diese stützte sich über ein einzelnes Gasdruckfederbein am Rahmen ab. Erstmals waren also keine zwei außenliegende Federbeine mehr verschraubt. Der freie Blick auf das mit nur drei Schrauben gesicherte Hinterrad sorgte für eine  gewisse Skepsis unter BMW-Fahrern. Doch das System funktio nierte, sparte Gewicht und vereinfachte den Radausbau erheblich. Das überzeugte nicht nur Fernreise-Abenteurer.

In die Herzen der Fans

Nachdem Hubert Auriol 1981 bei der Paris-Dakar mit seiner 55 PS  starken Werks-R-80-G/S die einzylindrigen japanischen Rivalen deklassierte, fuhr die G/S direkt in die Herzen der BMW-Fans. Sie griffen bald in Scharen zu. Zumal die Maschine eben nicht nur im Gelände überzeugte, sondern auch auf winkligen Landstraßen eine überragende Vorstellung ablieferte. Handlich, komfortabel und zuverlässig wurde sie als Reisebegleiterin für große und kleine Touren geschätzt und geliebt. Und das ist bis heute so geblieben …

1980 – BMW R 80 G/S: Die goldene Kuh mit Mono lever debütiert 1980 und begründet das Segment der Reise-enduros. Erst recht als Paris-Dakar-Version mit 32-Liter-Tank

Die 1980er Jahre gehörten der G/S – und den neuen K-Modellen mit ihren leistungsstarken Reihenvierzylindermotoren. 1984 verschwanden die Ein-Liter-Boxer sogar komplett aus dem Programm, während die stark überarbeiteten 800er-Flattwins geräusch- und abgasreduziert antraten. Erst 1986 gab es wieder einen 1000-ccm-Boxer. Er war nichts anderes als ein aufgebohrter 800er und mit 60 PS zehn Pferdestärken schwächer. Zum Einsatz kam er zunächst in der wiederauferstandenen R 100 RS, die eigentlich schon 1984 zu Grabe getragen worden war.

Wie die BMW zur Gummikuh wurde

Ab 1986 rollten die Boxermaschinen mit optimierter Einarmschwinge mit Momentabstützung – dem sogenannten Paralever. Er verhinderte den berühmt-berüchtigten Fahrstuhleffekt, der Generationen von BMW-Fahrer genervt hatte. Er brachte den Boxerkrädern den bis heute üblichen  Beinamen Gummikuh ein. Das hintere Kardanwellen-Knickgelenk neigte bei starker Beanspruchung zu Schäden, selbst Wellenbrüche waren mitunter zu verzeichnen. Und so verpasste man der zweiten Gene ration ein neu konstruiertes Schiebegelenk, der Drehpunkt wurde aus der Kardanmitte herausverlegt.

1982 kam die R 80 ST. Im Prinzip war sie eine Straßenversion der G/S und mit Mono lever, kürzeren Federwegen, 19-Zoll-Vorderrad und Straßenbereifung durchaus agil im Handling. Sie verschwand bereits 1984 aus der Modellpalette

Die Maßnahme zeigte  Wirkung, fortan erwies sich der Antriebsstrang als deutlich standfester. Der nun ausgereifte Paralever zog 1991 in Gestalt der R 100 R in die nackte Straßenversion ein. Das zweite R stand im Übrigen für »Roadster« – in der Tat gelang es BMW mit diesem Modell, die klassische Optik eines unverkleideten Straßenmotorrads mit modernen Fahrwerkskomponenten zu einem eigenständigen, zeitgemäßen Naked Bike zu kombinieren. Und zwar so erfolgreich, dass es sich in fünf Jahren mehr als 20 000 Mal verkaufte.

Erst 1993 kam der BMW-Vierventiler

Neben der normalen R-Version bot BMW auch eine »Classic«- und eine »Mystic«-Variante an, die beide mit verschiedenen Design-Komponenten – und den klassischen Ventildeckeln – punkten konnten. Mit der R 80 R hatte BMW ab 1992 außerdem eine 800er-Version der erfolgreichen Roadster im Angebot. 70 Jahre nach Erscheinen der R 32 präsentierte BMW 1993 eine neue Boxer-Reihe mit Vierventilmotor, die den Weg ins kommende Jahrtausend weisen sollte und durchaus eine Revolution darstellte. Aber das ist eine andere Geschichte …

 

 

Carsten Heil, hat die typische Zweiradkarriere der 80er-Jahre-Jugend durchgemacht: Kreidler Flory (5,3 PS), 80er-Yamaha DT und mit achtzehn dann die erste 250er Honda. Nach unzähligen Japanern über Moto Guzzi ist er dann schließlich bei Rohrrahmen-Buell gelandet. Seit 1992 mit Fotoapparat und Schreibgerät in Sachen Kradkultur unterwegs.