Timo Gorius hat Erfahrung im CUSTOMBIKE-Leserwettbewerb. Der Mann baut, was ihm gefällt – und liegt damit goldrichtig. Mit dieser Harley-Davidson Shovelhead fuhr er gar aufs Siegertreppchen.

Vor einigen Jahren räumte Timo Gorius mit seiner Panhead im CUSTOMBIKE-Leserwettbewerb auf Anhieb den dritten Platz ab. 2017 startete er mit einer umgebauten Harley-Davidson Shovelhead in den Wettbewerb und ließ sich Platz Eins nicht nehmen. Wir zeigen das Bike heute nochmal um euch daran zu erinnern, dass die Anmeldefrist zum 2023er Wettbewerb am 30. Juni endet. Also meldet euch dieser Tage an, wenn ihr noch dabei sein wollt.

Die Harley-Davidson Shovelhead gab’s bei eBay

Der Umbau dieser FL beginnt rund ein Jahr vor dem Wettbewerb, als Timo auf der Suche nach einer Basis für sein nächstes Projekt bei der Kleinanzeigenseite einer bekannten Auktionsplattform auf die Shovel stößt. »Sie war schon teilweise umgebaut, aber längst nicht so, wie ich mir das vorstellte. Außerdem hatte ich klare Vorstellungen, wie die Harley werden sollte. Diesmal wollte ich etwas Abgedrehtes bauen.« Abgedreht dabei mehr im Sinne von feinen Details, die es nun am Bike zu entdecken gilt. Man könnte auch sagen, dass sich der Zimmermeister einfach mal austoben wollte.

»Build, what you ride«. Für Timo mehr als ein Spruch. Auch die Trittbretter hat er selbst gefertigt. Für den Stollenreifen gab‘s aus dem Freundeskreis nur Kopfschütteln, doch das Gummi funktioniert auf der Straße tadellos

Trotzdem steht von Anfang an fest, dass alles am Ende zusammenpassen und ein stimmiges Bild ergeben muss. Kompromisse will er nicht eingehen. Und so steht zu Beginn des Projekts der Strip-down auf der Agenda. Nachdem alles abgebaut ist, geht es auch gleich dem Motor ans Gehäuse. Er wird zerlegt, aufbereitet und bekommt seine ersten Übermaßkolben. Ein fachkundiger Freund hilft bei der Revision.

Wo möglich, wird alles in Eigenarbeit geleistet

Von da an geht es Schritt für Schritt weiter. Wo möglich, wird alles in Eigenarbeit geleistet, schließlich lässt es die Handwerkerehre nicht zu, das Motorrad einfach wegzugeben und zu sagen: »Mach, ich zahle.« Stattdessen verbringt er zahllose Stunden in seiner Garage, die zu einer kompletten Werkstatt ausgebaut wurde. Dreh- und Fräsmaschinen stehen drin, und überhaupt so ziemlich alles an Werkzeug, was sich der Schrauber so wünscht, um seine eigenen Ideen Wirklichkeit werden zu lassen.

»Ich wollte endlich mal was Abgedrehtes bauen, etwas, wo ich mich im Detail austoben konnte und das hinterher trotzdem zusammenpasst«

Seine Familie trägt das alles mit, denn geschraubt wird nach dem Job, also vorzugsweise in den Abendstunden. Und auch meist erst dann, wenn die Kinder bereits im Schlummerland sind. Und seine Frau? »Oft kommt sie rüber in die Werkstatt. Dann schnacken wir zusammen, während ich schraube.« Für Timo ist das kein zusätzlicher Stress sondern mehr ein Ausgleich, aus dem er tiefe Zufriedenheit zieht, die sich mit jedem erledigten Aufbauabschnitt vergrößert. Vielleicht liegt es diesmal auch daran, dass er die vielen Ideen, die er schon lange mit sich herumträgt, endlich umsetzen kann.

Harley-Davidson Shovelhead – FL mit Sportster-Tank

So besorgt er sich einen Dremel und graviert die Kupplungsdruckplatte. »Ich wollte das schon immer ausprobieren und herausfinden, ob ich so was kann.« Andere Arbeiten dagegen sind für den erfahrenen Schrauber fast schon Routine, wie die Teilesuche und -beschaffung. »Vieles hatte ich noch da liegen. Manches musste ich aufbereiten, andere Teile dazukaufen.«

Für den Stollenreifen gab‘s aus dem Freundeskreis nur Kopfschütteln, doch das Gummi funktioniert auf der Straße tadellos

Um dem klassischen Stil treu zu bleiben, findet natürlich eine Springergabel ihren Weg an die Shovel. Ein Sportstertank unterstreicht den Chopperlook, während er gleichzeitig die Reichweite einschränkt. Aber dafür gibt es linksseitig am Rahmen ein kleines Ersatzgefäß. »Da ich ungefähr die Reichweite des Tanks kenne, kippe ich etwas Sprit nach, wenn es denn mal eng werden sollte.«

Abgefahren – Skull-Handshifter mit Pickel-Blinkerschalter

Kompromisslos ist auch die Handschaltung, mit der das Vierganggetriebe bedient wird. Lediglich die Anlenkung der Schaltwelle erweist sich als etwas knifflig, denn die Gänge lassen sich anfangs nicht richtig einlegen. Doch inzwischen flutscht alles, wie Timo betont. Überhaupt scheint ihm die Handschaltung zu liegen, denn an seiner Pan hat er auch eine verbaut. Als Knauf dient ein Skull, dem er eine Pickelhaube aus Holz aufsetzt. Selbstgemacht natürlich. Und weil Details so viel Spaß machen, fungiert der Pickel als Blinkerschalter. Wie kommt man bloß auf so etwas?

Die Pickelhaube auf dem Skull ist selbst gefertigt, der Pickel dient als Blinkerschalter und wird nach vorn oder hinten bewegt – noch so eine Detaillösung

An der Idee einen Crossreifen ins Chopper-Frontend zu stecken, scheiden sich hingegen die Geister. Doch der Mitas »Cross« funktioniert hervorragend, versichert uns Timo, auch wenn die Combo mit dem Avon MKII etwas befremdlich wirken mag. Klar, dass es dafür aus dem Freundeskreis erstmal Kritik gab. Doch am Ende wirkt auch der Reifen und fügt sich ins Gesamtbild. Doch erst mit dem Lackkleid wird alles rund, strahlt die Shovel und will Aufmerksamkeit.

Das perfekte Outfit für den Shovel-Chopper

Dabei war die Farbwahl eher dem Augenblick geschuldet und so gar nicht geplant. Doch wie so oft bei solchen lang dauernden Projekten hocken auch die Kumpel ab und zu mit in der Werkstatt. Und bei einem gemeinsamen Bierchen kommt die Erleuchtung: »Ich habe nur die Pulle angeschaut, sehe das Etikett (einer bekannten norddeutschen Biermarke) und wusste sofort, dass das Bike in genau diesem Grün lackiert werden musste.« Die Umsetzung übernimmt das österreichische Lackgenie Marcus Pfeil, der der Shovel damit das perfekte Outfit verpasst. Damit endet für Timo ein weiterer Aufbau und macht Platz für eine 46er Knucklehead, die auf Wiederauferstehung wartet.

 

Christian Heim