Alles begann vor langer Zeit als Traum. Ich hatte noch kein American Iron, blätterte oft in Magazinen und träumte davon, eines Tages einen Chopper zu besitzen. Tatsächlich wollte ich aber mehr, meine eigene Harley-Davidson Panhead. 

Damals, also vor rund fünfzehn Jahren, waren hier in Spanien nur wenige auf den Straßen zu sehen. Die verrücktesten hatten starre Rahmen und waren alles andere als TÜV-konform (in Spanien heißt die Prüfbehörde ITV). Wie auch immer, der Starrrahmen-Chopper war immer in meinem Kopf, natürlich mit meinem Lieblingsmotor, dem Panhead.

Harley-Davidson Panhead von 1949 im ’54er Starrrahmen

Und so kamen und gingen in diesen fünfzehn Jahren etliche Bikes, bis ich am Ende mein Ziel erreichen sollte. Nach monatelanger Suche erstand ich eine 1954er Harley mit einem 1949er Panhead-Motor zu einem vernünftigen Preis, allerdings in Dänemark, da es in Spanien so gut wie unmöglich war, überhaupt welche zu finden. Als sie hier ankam, war sie in dem Zustand, den ich mehr oder weniger erwartet hatte. Zum Glück hatte ich Hilfe und musste nicht alles alleine machen.

Da der 49er-Originalmotor im Hinblick auf Alltagstauglichkeit nur Fragen aufwarf und auch unklar war, was der Vorbesitzer alles geändert oder verbastelt hatte, fiel die Entscheidung, einen S&S-Panhead-Klon mit 74 Kubikzoll Hubraum zu verwenden. Bei der Gelegenheit wurde auch das Getriebe gegen ein Viergang-Revtech getauscht

Doch bevor das Projekt starten konnte, durften wir uns erst einmal mit dem TÜV rumplagen. Für eine Zulassung mussten neunzig Prozent des Bikes in den originalen Zustand versetzt werden, eben so wie die Harley-Davidson Panhead 1954 vom Band lief – eine wahre Odyssee. Sobald das Bike zugelassen war, konnten wir endlich mit dem Umbau beginnen. Dabei hatte ich bis zur letzten Schraube ganz klare Vorstellungen, wie das Bike aussehen sollte: ein schmaler, puristischer Chopper im California-Stil, daher auch der Name in der Überschrift. 

Mit dem Einbau der Springergabel nahm das Bike langsam Gestalt an

Die Räder haben wir im ursprünglichen Zustand belassen, vorn 21 Zoll und hinten 18 Zoll, aber neu eingespeicht und Avon-Mark-II-Reifen aufgezogen. Mit dem Einbau einer verchromten Springergabel von I-Beam nahm das Motorrad langsam Gestalt an, zeigte sich die Linie, die ich mir vorgestellt hatte. Den passenden Lenker besorgten wir uns bei Arie van Schyndel in den USA, denn der passte hervorragend zum angestrebten 50er-Jahre-Chopperstil.

Altes raus, Neues rein. Statt einem Harleygetriebe sorgt nun ein Ratchet-Top-Vierganggetriebe für vernünftiges Vorwärtskommen. Standesgemäß wird hier natürlich gekickt, anstatt einfach das berühmte Knöpfchen zu drücken

Damit hatten wir das für mich perfekte Frontend fertiggestellt. Das Bodywork gestaltete sich einfach und beschränkte sich auf das Wesentliche. Tank, Heckfender und ein Horseshoe-Öltank waren schnell montiert, ebenso die Sissybar. Den Sitz besorgten wir bei der Rivers Seat Company, eine Sonderanfertigung, die kurz vor dem Heckfender endet. Dazu gab‘s ein kleines Pad für den Soziusbetrieb. 

Der moderne S&S-Motor sorgt für mehr Alltagstauglichkeit

Ein Problem war der originale 1949er Motor mit all seinen bekannten Schwächen, von dem wir außerdem nicht wussten, was der Vorbesitzer schon alles mit ihm gemacht hatte. Wir beschlossen kurzerhand, ihn aufzubewahren und nach und nach zu reparieren. Im Hinblick auf Alltagstauglichkeit fiel die Entscheidung, einen modernen S&S-Motor mit 74 Kubikzoll Hubraum und Super-E-Vergaser zu verbauen. Natürlich war und ist es nicht schwer zu erkennen, dass es sich um eine Nachbildung handelt. Daher haben wir etwas nachgeholfen, den Nockenwellendeckel poliert und die Zündung auf das alte System geändert, auch um das Bike künftig mit einem Kick starten zu können. 

Es gab ganz klare Vorstellungen, wie das Bike aussehen sollte: ein schmaler, puristischer Chopper im California-Stil

Ähnlich sind wir beim Getriebe verfahren. Raus mit dem alten, rein mit einem Ratchet-Top-Vierganggetriebe von Revtech, dem wir einen anderen Deckel verpassten. Die Kupplung wurde auf eine Trockenkupplung umgebaut, die nun mit dem originalen, verchromten Primärcover abgedeckt wird. Um eine angenehme Sitzposition zu erreichen, verwendeten wir eine handgefertigte, leicht nach vorn orientierte Fußrastenanlage.

Harley-Davidson Panhead mit wirklich dürftigen Bremsen

Die Bremsanlage besteht aus zwei originalen Trommeln. Die meisten wissen, dass die Bremsleistung mäßig ist und man besser mit hundert Metern Abstand bremst, doch sie erfüllen ihre Funktion. Abgesehen davon darf man nicht vergessen, dass in den Fünfzigern, als das Motorrad gebaut wurde, weder Straßen noch Motorräder dafür ausgelegt waren, 150 km/h oder mehr zu fahren. Von daher ist das alles okay. Blieb nur noch die Elektrik, die sich ebenfalls recht einfach gestaltete.

Nicht alle Träume sind Schäume. Manchmal zahlen sich Hartnäckigkeit, der unbedingte Wille sowie der Glaube an die eigene Sache aus. So materialisieren sich Träume, finden alte Harleys wieder den Weg zurück auf die Straße

Um dem Stil treu zu bleiben, entschieden wir uns für Kabel mit zweifarbiger Textilummantelung. Die Mini-Lithium-Batterie packten wir in eine Bates-Box und versahen sie mit einer Chromabdeckung. Das ähnelt der alten 6-Volt-Batterie und imitiert ein wenig das Original. Der Paintjob war, wie so vieles andere auch, von Anfang an klar. Es musste ein Candylack sein, damit sich die Farbe unter dem Einfluss von Sonne oder Schatten jeweils ändert.

Das Türkis soll die Wellen an den Stränden Kaliforniens widerspiegeln

Außerdem musste sie der Idee hinter dem Projekt entsprechen und konnte daher nur ein Türkis sein, das die Wellen an den Stränden Kaliforniens widerspiegelt. Für mich ist es inzwischen ein ganz besonderes Bike und ich hoffe, dass es noch sehr lange an meiner Seite bleibt, auch wenn ich jetzt noch nicht weiß, wie oft ich es umbauen werde.

 

Redaktion
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