Nicht brandneu, aber immer noch aktuell: Die Geschichte von Big Nicks Harley-Davidson FL mit Pan-Shovel-V2 und wie man sich auf eine Bikeshow schummelt.

Die Geschichte hinter Nick »Big Nick« Zazzis Harley ist schon ein paar Jahre alt, aber bringt uns immer noch zum Schmunzeln. Denn dieses Motorrad wurde nur gebaut, weil Frechheit siegt. Zeit, euch die Story zu erzählen. Die Born Free Show ist das vielleicht legendärste Szeneevent der USA. Auch, weil immer extrem viel Wirbel um die sogennannten »Invited Builder« gemacht wird.

Wie man zur Born Free Show eingeladen wird

Die bauen eigens für die Show außergewöhnliche Motorräder und werden jeweils schon Monate vorher bekanntgegeben und über Monate abgefeiert. So ist es eine Art Ritterschlag, zur Riege der eingeladenen Customizer zu gehören, eine riesige Marketingmaschine gibt’s obendrauf. Verantwortlich für die Invited Builder zeichnen Mike und Grant, die Veranstalter der Show.

Big Nick mit seinem Pan-Shovel Chopper. Vor zwei Jahren fiel dieser Baum von einem Mann einfach um und war tot. Herzinfarkt …

Nach welchen Kriterien die Auswahl der Kandidaten abläuft, wissen wohl nur die beiden und verschiedene Sponsoren ganz genau. Da ist es nicht anders als mit den amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Da nun Nick und sein Garagenkumpel Arie zur »Wir-nehmen-das-alles-nicht-so-genau«-Kategorie gehören, haben sie mit der Hilfe von Nicks Bruder vor zehn Jahren ihre Namen einfach mal auf die Liste der Invited Builder gephotoshoped.

Dem heiligen Schraubergott sei es gedankt

Schwupps, so einfach geht das, die beiden waren direkt in aller Munde. Gut, ein bisschen böser Rauch steigt dann doch auf, die Dreistigkeit der Spaßfraktion wird heftig diskutiert. Da aber Mike und Grant ihre Wurzeln doch nicht ganz vergessen haben, nehmen sie die Herausforderung fast direkt an. So finden sich Arie und Nick im darauffolgenden Jahr tatsächlich und in Farbe auf der heiligen Liste wieder und müssen nun liefern. Der schwarze Peter ist gewandert, Mission acccepted.

Zwei verschiedene Seiten hat die Harley, was vor allem der beideseitig verlaufenden Auspuffanlage geschuldet ist. Während das Rohr auf der einen Seite straight parallel zum Rahmen verläuft, …

Nick, seines Zeichens ein echter Brocken von der Ostküste, hatte seine Firma »Industry Customs« Anfang der 2000er-Jahre gegründet und siedelt schon kurze Zeit später damit nach San Marcos in Kalifornien um. Wer schon einmal im Schneesturm in New York unterwegs war, kann ihn verstehen. Nick findet Unterschlupf bei Arie – seines Zeichens der Mann hinter VEE MFG Chopper Parts & Bikes. Die zwei haben sich gesucht und, dem heiligen Schraubergott sei es gedankt, gefunden. Zwei so bodenständige und korrekte Jungs sucht man in einer völlig unkontrolliert wachsenden »Szene« inzwischen leider oft vergeblich.

Harley-Davidson FL – Panhead mit Shovel-Köpfen

Für seinen Born-Free-Umbau macht Nick nicht wie andere auf dicke Hose, sondern baut ein Motorrad, das auch im Alltag mithalten kann. Ein bisschen Effekt muss trotzdem sein, er versieht den 51er-Panhead mit Shovel-Köpfen. Das Aggregat atmet durch einen S&S-B-Vergaser – zusammen mit dem Vierganggetriebe die ideale Konstellation.

… gibts auf der anderen Seite einen Knick, um dem Primärgetriebe nicht ins Gehege zu kommen

Rahmen und Acht-Zoll-Apehanger werden von Arie und Nick nach alten Maßen handgefertigt, die 16-Zoll-Felgen geben in dieser Kombination eine perfekt-kompakte Linie. Die Gabelbrücken hat eine alte Hydra Glide gesponsert. Etwas eingekürzt und der Shinko fügt sich saugend ein. Dank der fehlenden Vorderbremse ist das an Kompaktheit nicht zu überbieten.

Harley-Davidson FL – Fast alles ist Eigenbau

Elementare Basis für den Tank ist ein Peanut-Kid von Lowbrow. Viel bleibt davon allerdings nicht übrig, etwas in die Länge und etwas in die Breite muss das Spritgefäß wachsen, um die ideale Form auf dem Rahmen und das erhabene »Dashboard« samt Tankdeckel zu finden. Die Auspuffanlage ist ebenfalls Marke Eigenbau und läuft wunderschön parallel am Rahmen nach hinten. Die beidseitige Variante sieht man doch eher selten, obwohl sie so schön stimmig ist.

Dicke Hose überlässt Nick anderen: Sein Born-Free-Umbau setzt auf cleanes Understatement und Alltagstauglichkeit. Einen kleinen Kick gibt es trotzdem, dem 51er-Panhead werden Shovel-Köpfe spendiert. Zusammen mit Andrews-Nocke, S&S-Vergaser und Vierganggetriebe eine ideale Konstellation

Unter dem Strich hat Nick, bis auf die Lackierung und den Sitz, alles in der eigenen Werkstatt und mit der Hilfe von Arie gebaut. Einzig die Lackierung wurde extern von Andy Meeh von Flyin Iron Designs erledigt, die Lederarbeiten kamen von Rex Upholstery aus Escondido. So hat Nick innerhalb von zwei Monaten ein Bike aufgebaut, das zwar auf den ersten Blick im erlauchten Kreis der Born-Free-Elite unspektakulär erscheint, aber eine der wenigen Kisten dort war, die überhaupt angesprungen und obendrein absolut alltagstauglich ist. Davon hat Big Nick leider nichts mehr, denn er ist vor zwei Jahren an einem Herzinfarkt verstorben. Bei unserem Besuch sagte er noch, er müsse unbedingt mal zum Arzt, er habe immer wieder so ein merkwürdiges Stechen in der Herzgegend. Ganz große Scheiße!

Info |  industrycustoms.blogspot.de

 

Benjamin Grna