300er-Reifen für die Softail – Dank Zwischenwelle fährt sich die Harley-Davidson Cross Bones fast so neutral wie ein Serienbike

Feine Sache, so ein 300er-Reifen im Softail-Fahrwerk. Aber was für ein Aufwand. Getriebe und Primär müssen seitlich zum Motor versetzt werden, damit der Belt schnurgerade am dicken Gummi vorbeilaufen kann. Dazu wird dann meistens der Rahmen umgeschweißt, anschließend natürlich lackiert. Und trotzdem macht der weit herausragende Primärtrieb das gesamte Bike linkslastig, was man beim Fahren natürlich merkt. Starke Belastungen am Rahmen lassen sich kaum vermeiden, Federkräfte wirken fast immer auf den gebeutelten Riemen. Abhilfe schafft ein Right-Side-Drive-Getriebe mit nach rechts verlegtem Sekundärtrieb, das den meisten Nachteilen des Breitreifenumbaus entgegenwirken kann.

Mehr als nur breit

Eine weitere elegante Lösung bietet Rick‘s Motorcycles aus Baden-Baden an: Den »Rick’s 300 Fat Ass Kit« für TwinCam-Softail-Modelle. Hierzu verwendet Rick‘s eine Zwischenwelle für die Kraftübertragung, die exakt im Drehpunkt der Schwinge sitzt. So können Motor und Getriebe als eine Einheit verbleiben, es treten weniger Belastungen auf. Änderungen am Rahmen sind zudem nicht nötig. »Da der Primärkasten an der Originalstelle verbleibt, müssen die Fußrasten nicht versetzt werden, Bodenfreiheit und Kurvenneigung bleiben genau wie beim Serienfahrzeug«, verspricht der Custom-Profi und Harley-Vertragshändler. Spezielle Räder mit präzise angepassten Naben lassen zudem  das Hinterrad genau in der Mitte laufen. Dies und die ausgewogene Gewichtsverteilung verleihen dem Bike ein ungewöhnlich harmonisches Fahrverhalten. 

Geschickt gelöst: Hinter der speziellen Schwinge verbirgt sich eine Zwischenwelle, die den mittigen Einbau eines 300er-Reifens ermöglicht

Die mattgraue 2011er Cross Bones verfügt über genau diesen Zwischenwellen-Umbau mit einem 300/35-18 Metzeler ME880 auf einer 10,5 Zoll-Felge im Heck. Bereits im Stand fällt die ausgewogene Balance der immerhin über 300 Kilo schweren Fuhre auf. Einmal in Fahrt zeigt der mächtige 300er zwar seine Eigenheiten, in Kurven lenkt die Cross Bones etwas träger ein als mit schmalem Originalgummi und verlangt stets nach mächtig Schräglage. Doch da drückt nichts zu einer Seite, da zerrt keine merkwürdige Kraft am Lenker. Egal ob links rum oder nach rechts, die breitbereifte Cross Bones verhält sich immer gleich. Mit diesem Fahrverhalten befindet sich das Bike verdammt nah am Serienbike, was in diesem Fall ausnahmsweise einmal als absolut positiv zu bewerten ist. Schön auch, dass der Fat Ass-Kit vergleichsweise einfach zu montieren ist. Jedes Set besteht aus Schwinge, Umlenkwelle, zwei 1” breiten carbonfaserverstärkten Gates-Riemen, sowie allen notwendigen Kleinteilen samt Einbauanleitung.

Harley-Davidson Cross Bones – Sonst noch was?

Doch daneben haben die Baden-Badener dem Bike diverse andere Umbauten gegönnt. So wird die vordere Rodder-Felge von einer Jorn Warrior-Gabel geführt und über Rick‘s Sechskolben-Zangen verzögert. Eine Rick’s Drive Side-Bremse hält das Hinterrad clean. Dazu kommen eine Vance & Hines-Auspuffanlage, ein V-Team-Lenker, V-Rod-Scheinwerfer und ein verlängerter Serientank. Gemeinsam mit Airbrusher Wild Air Hörby setzte Rick die matte Lackierung um. Weil darauf geachtet wurde, die originale Übersetzung zum Hinterrad beizubehalten, vermittelt die Cross Bones auch nach dem Umbau den souveränen Eindruck eines Serienbikes. Natürlich hat diese Perfektion ihren Preis. Rund 55.000,- Euro muss ein Interessent auf den Tresen von Rick‘s Motorcycles blättern, wenn er eine modifizierte Twin Cam mitnehmen möchte – breitbereift, aber ohne technische Provisorien.

Dirk Mangartz