Drei Freunde reiten auf Harley-Davidson durch den westlichen Teil des Ruhrgebiets. Aufgebaut haben sie ihre Shovelhead, Sportster und Panhead mit vereinten Kräften.

Fast hundert Jahre lang war das wirtschaftliche Leben von Duisburg-Rheinhausen geprägt durch Kohle und Stahl. Neben den beiden Zechen »Diergardt« und »Mevissen« sorgte vor allem das Krupp-Hüttenwerk für Aufschwung am linken Rheinufer. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg galt das Krupp-Werk als das größte Europas, in den Sechzigerjahren fanden bis zu 16000 Menschen Arbeit rund um die Hochöfen. Als dann in den Siebzigern die Zechen dicht machten und trotz massivem Widerstand 1993 das Kruppsche Hüttenwerk die Tore schloss, begann für Rheinhausen der wirtschaftliche Abstieg.

Für jeden was dabei: Shovelhead-Chopper, Sportster-Racer und Panhead-Bobber

Nun stehe ich mit den Rheinhausern Bernd, Ralf und Uwe am Rheinufer und suche nach einer geeigneten Fotolocation. Typisch soll sie sein, industriell, morbide, vielleicht ein wenig klischeebehaftet. Doch von der einstigen Schwerindustrie ist kaum noch was zu finden. Das Krupp-Werk wurde geschleift, beherbergt heute ein Logistikzentrum mit langweiligen, hellblauen Blechhallen. Und wo einst die Fördertürme standen, verkauft heute Aldi seine Hansa-Dosen und McDonalds seinen McFlurry. Kein Backstein, kein Ruhrpott-Kitsch. Nichts zu holen. Doch Bernd, Ralf und Uwe legen Wert auf Industrie-Kulisse: »Wir sind Ruhrpott.« Punkt.

»Wir hebeln uns nicht nur an den Wochenenden gemeinsam aus«

Sie schwingen sich auf ihre Harleys und fahren zwei Kilometer auf die gegenüberliegende Rheinseite nach Duisburg-Hochfeld. In der ehemaligen Kupferhütte stehen sie noch, die Kranbahnen, hier erinnert noch alles an die Zeit, als der ganze Stadtteil in den rostroten Staub der Kupferproduktion gehüllt war. Genau hier werden wir die drei Bikes in Szene setzen. Die drei US-Bike-Piloten kennen sich bereits viele Jahre. Oft gehen sie gemeinsam auf Tour oder fahren zu Harley-Treffen. »Aber wir hebeln uns nicht nur an den Wochenenden gemeinsam aus, sondern schrauben auch zusammen«, zeigt Bernd auf die drei Motorräder. Zwar gibt es keine gemeinsame Schrauberbude, jeder der drei besitzt eine eigene kleine Werkstatt, doch … »je nach Aufgabenstellung basteln wir mal hier, mal da.«

»Als Projektleiter für Radioteleskope habe ich normalerweise mit weit komplizierterer Technik zu tun. So eine alte Shovelhead ist dazu der perfekte ausgleich«

So hat Uwe beim Aufbau von Bernds Super Glide kräftig mitgeholfen. Das zerlegte Bike stand vor dem Kauf in Kisten verstaut im Freien unter einem Vordach. »Der 1340er Shovelhead-Motor war fest und musste komplett gemacht werden«, erinnert sich Bernd mit Schaudern. In einer wochenlangen Garagenaktion machten sich die Rheinhausener daran, das Bike als gediegenen Bobber wieder auferstehen zu lassen. Sie bauten eine Auspuffanlage aus Edelstahl-Geländerrohr, besorgten eine originale Harley-Springergabel mit dazugehörigem Lenker und Duplextrommelbremse, sie schweißten Öltank, Schutzblech und Kennzeichenhalter zusammen und lackierten den Benzintank in einem historischen Farbdesign.

Harley-Davidson XLH 1000 Sportster als Oldschool-Racer

Ralf mag es etwas sportlicher. Bereits bei der Anfahrt vorbei an der noch aktiven Roheisengewinnung beschleunigt der Maschinenbaumeister seine zum Cafe Racer umgebaute 1978er Sportster ohne Gnade. Das Hinterrad wimmert beim Abbiegen in Richtung der ehemaligen Abbrandverarbeitung. Also hat Ralf seine Ironhead mit großer Sorgfalt und allerhand Goodies ausgestattet, die ein zügiges Vorwärtskommen ermöglichen. Dem 1000er-Motor spendierte er überarbeitete Zylinderköpfe, einen 40er Mikuni-Flachschiebervergaser, einen Ölkühler und eine selbstgebaute Hydraulikkupplung. Versuche mit Andrews-Sportnocken verliefen übrigens ernüchternd: »Damit lief sie viel schlechter.«

»Nach der gründlichen Motorüberholung kann ich mit der Sportster auch schnell fahren, ohne dass sie muckt. Und öldicht ist sie sowieso«

Für die weiteren Modifikationen bediente sich der Selbstschrauber bei diversen anderen Motorradtypen. Ralf zählt auf: »Die Räder kommen von einer Yamaha SR 500, die vordere Bremsanlage von einer Suzuki GS 550, der Ölkühler ist von einer Yamaha XJ 550, der Alutank von einer Norton Manx. Die Lenkerschalter waren an einer Zweitakt-Suzuki GT 500, der Scheinwerfer gehörte zu einer Horex Regina und das Zündschloss zu einer Jawa.« Endgültig zum Kunsthandwerk wird die Sportster durch die vielen handgefertigten Teile, etwa Bremsanker, Fenderstruts, Kettenrad mit Ruckdämpfer und den Öltank, der jetzt über Ölfilter und Schauglas verfügt. Selbst die Inbusschrauben hat Ralf konisch gedreht, »… und das Tankemblem mit Kinderkeramik ausgegossen«, feixt Bernd.

Schrottiges Teilepuzzle – Harley-Davidson Panhead

Auch die 1948er Panhead von Uwe kam als ein Haufen Schrott nach Rheinhausen. Sie war vollständig zerlegt, unvollständig und der angeblich überholte 1200er-Motor mit falschen Teilen bestückt. Also machte sich der gelernte Schlosser an die Arbeit, aus dem Teilepuzzle ein Alltagsbike im Stil der klassischen Bobber aufzubauen. Zum Komplettaufbau zählte zwangsläufig die Revision von Motor und Getriebe, aber auch die Verbesserung einzelner Komponenten.

Beim Aufbau des klassischen Panhead-Bobbers ging es Uwe weder um perfektes Period-Design noch um maximale Performance. Stimmig sollte die FL werden. Und fahrbar bleiben

Uwe verbaute eine Kupplungsmechnik via Mousetrapp, er demontierte den klappbaren Teil des hinteren Fenders, baute den Scheinwerfer einer Citroen Ente und einen Dell’Orto-Vergaser an. Nach vollendeter Arbeit freut er sich über einen zuverlässigen Oldtimer: »So eine frühe Panhead hat noch viele Details von der Knucklehead. Und fährt trotz ihres Alters und des Starrrahmens ganz ordentlich.« 

Techno – Shovelhead, Sportster und Panhead
Dirk Mangartz