Passend zum gestrigen History-Artikel über Bananenlenker gibt’s heute einen Harley-Davidson Shovelhead Chopper mit Holy Banana.

»Choppers are alive and kicking«, gibt Wicky vom holländischen Rogues MC von sich. So richtig verstehen will er unseren deutschen »Save the Choppers!«-Gospel nicht. Beer, ein anderes Mitglied aus dem gleichen Club, fragt sogar »Ja sind sie denn krank, die Chopper?« und schiebt nach: »Bei uns sind sie das jedenfalls nicht!« Aber auch die Dutchmänner beobachteten in den letzten Jahren das Verschwinden der Chopper in den Clubs.

Nur zwei Prozent aller Motorradfahrer bauen selbst Chopper

Die Szene ist fast ausschließlich auf Baggern unterwegs. Ihren eigenen Kreuzzug gegen diese Bewegung starteten die Rogues mit kleinen 2%-Stickern und Aufnähern. Diese gelten quasi als Bekenntnis, bedeuten: Nur zwei Prozent aller Motorradfahrer bauen selbst Chopper und fahren sie auch – sieh her, ich bin einer davon! Die Rogues hatten damit viele Leute angestupst. »Bauen und Fahren von erschwinglichen Choppern ist wieder groß im Kommen, wir lieben das!«

Leck mich am Arsch, der Lenker ist völlig frei von Hebeln! Ein bremsenloses Vorderrad: Erschre­ckend ungewohnt. Benzinzufuhr am Monsterfilter öffnen, Zündung an und ja … ankicken! Die Position des Bananenlenkers widerspricht seinem eigentlichen Pullback-Prinzip, ist hier aggressiv sportlich. Ich muss mich beugen – nach vorn – und links die Kupplung treten. Mit links ist auch der Handschalthebel zu finden, der Erste leicht eingelegt. Der Fuß lässt die Suicide Clutch kommen … die Schleuder bewegt sich. Nächster Gang, im leichten Starrrahmen drückt der Shovel locker vorwärts. Holland ist flach. Und trotzdem: Ohne Vorderrad-Stopper verweigert meine Hand den vollen Twist am Gasgriff …

Wicky Postma, neuer Clubvorstand und eifriger Verbreiter der Botschaft, zeigt sein Bike, das genau nach dieser Prämisse entstand. »Es ist eigentlich ein Tribute-Bike. Anstoß dazu war der Tod meines alten Bekannten Andy aus Portland in Oregon. Von ihm hatte ich vor Jahren diesen alten klassischen Lenker bekommen – geschenkt –, unter der Auflage, dass ich irgendwann einen Chopper drum herum baue.«

Harley-Davidson Shovelhead Tribute-Chopper

Andy fuhr bei den Outsiders mit. Er war außerdem ein Musikfreak, wusste alles über Musik und Musiker. Seine massive Schallplattensammlung lagerte im Clubhaus. »Er hatte sogar einige LPs des Holländers Herman Brood, dessen Musik er sehr schätzte. Andy war ein extrem freundlicher Kumpel und viele von uns Rogues mochten ihn sofort bei der ersten Begegnung.« Die Outsiders waren der erste US-amerikanische Club, der den holländischen Chopperjungs das Gefühl vermittelte, willkommen zu sein. 

Wer gut versteckt, fährt cleaner: Die Sitzplatte lässt sich aufklappen und gibt damit Blick auf Nötiges wie Batterie und Öl-Einfüllstutzen preis

Andys alter Lenker war also der Anstoß. Weitere schon Jahre herumliegende oder von Clubkollegen gespendete  Parts mussten sich während der Bauphase an Wickys neu entstehenden Chopper einfügen oder wurden bearbeitet, bis sie passten. Wie der geschmälerte Benzintank aus zwei zurechtgeschnippelten und verschweißten Fat-Bob-Tankhälften, mit anderem Tunnel und hochgesetztem Einfüllstutzen, oder der im Radius angeglichene H-D-Fender. Anderes entstand gleich neu: Hochgezogene Auspuffrohre, eine Sissybar, der einzigartige Handschaltungshebel. Die gelochte Sitzeinfassung sowie die Hebel der Fußrastenanlage sind dem Design von Andys Geschenk angeglichen.

Das ist kein Showbike, damit werden Kilometer gemacht!

Den Lenker selbst verschmälerte Wicky im Bereich der Lenkerklemmung. »Wenn man genau hinsieht, kann man das auch am Rohr zwischen den Risern noch leicht erkennen. Auch der Tank ist am Einfüllstutzen nicht hundertprozentig gelungen.« Wicky deutet auf die wenigen Schwachstellen an der Harley-Davidson Shovelhead und ergänzt, »aber das ist ja kein reines Showbike, damit werden Kilometer gemacht, auch ohne Vorderradbremse.« Wenige Arbeiten hat der schraubende Präsident außer Haus gegeben: Die niederländische Firma Galvano in Wieringerwerf übernahm die Verchromung.

Die Szene in Holland ist derzeit ein Vorreiter moderner Chopperkultur. Hier wird gebaut und gefahren, Clubs wie der Rogues MC halten die alten Werte oben

Heike Seinen polsterte Wickys handgemachte Sitzgrundplatte, die jetzt aufklappbar und ohne zusätzliche Federn verschraubt ist. Rahmen und Blechteile lackierte der Clubkumpel »Brembo«. Und als langjähriger Clubfreund war es für den belgischen Pinstriper »El Cheapo« eine Freude, den Chopper in ein Rogues-Tribute-Bike zu verwandeln. Nahezu alles, was El Cheapo aufpinselte, hat irgendwie auch mit Wickys Chopperclub zu tun. 1979 ist das Baujahr des Shovelhead-Motors und gleichzeitig das Gründungsjahr der Rogues. Das »CFL« auf dem Öltank? Choppers For Life, seine Lebenseinstellung.

 

Horst Heiler
Freier Mitarbeiter bei

Jahrgang 1957, ist nach eigenen Angaben ein vom Easy-Rider-Film angestoßener Choppaholic. Er bezeichnet sich als nichtkommerziellen Customizer und Restaurator, ist Mitbegründer eines Odtimer-Clubs sowie Freund und Fahrer großer NSU-Einzylindermotorräder, gerne auch gechoppter. Als Veranstalter zeichnete er verantwortlich für das »Special Bike Meetings« (1980er Jahre) und die Ausstellung »Custom and Classic Motoräder« in St. Leon-Rot (1990er Jahre). Darüber hinaus war er Aushängeschild des Treffens »Custom and Classic Fest«, zunächst in Kirrlach, seit 2004 in Huttenheim. Horst Heiler ist freier Mitarbeiter des Huber Verlags und war schon für die Redaktion der CUSTOMBIKE tätig, als das Magazin noch »BIKERS live!« hieß. Seine bevorzugten Fachgebiete sind Technik und die Custom-Historie. Zudem ist er Buchautor von »Custom-Harley selbst gebaut«, das bei Motorbuch Stuttgart erschienen ist, und vom Szene-Standardwerk »Save The Choppers!«, aufgelegt vom Huber Verlag Mannheim.