Wer von Custom Chrome Europe zu »BOAR« eingeladen wird, darf mit CCE-Parts ein Custombike aufbauen. Eine schöne Herausforderung, wie auch MB Cycles aus Heidelberg feststellte und sich über eine Harley-Davidson Heritage Classic hermachte.

Muss man alle Teile an einem Custombike selbst herstellen? Natürlich nicht, auch weil es technisch gar nicht möglich ist. Custom Chrome Europe zeigt mit seinen »BOAR«-Custombikes, dass es auch anders geht. Nämlich mit Parts ausgewählter Hersteller. Deshalb bedeutet BOAR auch nichts anderes als »Bolt on and ride«.

MB-Bikes sind in der Regel flach, schlank und sportlich

Doch auch Dranschrauben und Losfahren kann eine ganz schöne Herausforderung sein, wie Martin Becker von MB Cycles feststellte. Als der Heidelberger die Einladung zur Teilnahme bekam, war die Freude zunächst dennoch verhalten, denn CCE wünschte sich einen Chopper. »Doch das ist überhaupt nicht mein Stil. Meine Bikes sind in der Regel flach, schlank und sportlich. Das wollte ich auch bei BOAR zeigen.« 

»The Fusion«, einen treffenderen Namen hätte man diesem Schmelztiegel aus Parts und Zusammenarbeit verschiedener Spezialisten nicht geben können. BOAR – eine feine Sache, wenn auch nicht ganz billig. Doch Custombikes gibt es eben nicht günstig und schon gar nicht billig

Und so zeigt Martin Custom Chrom Europe seine Vorschläge – und überzeugt. Allerdings ist die Deadline knapp bemessen, denn dem Customizer bleiben nur etwas mehr als acht Wochen, um seine Vorstellungen von Bolt-on-and-ride umzusetzen. Schnell besorgt er sich das Basisbike.

Eine Harley-Davidson Heritage Classic bildet die Basis

Eine Harley-Davidson Heritage Classic von 2008 wird der Spender, der unter den schnellen Händen von MB Cycles eine faszinierende Transformation erfahren wird. Doch vor Baubeginn heißt es erst einmal Teile aussuchen. Da das Sortiment von CCE alles andere als klein ist, geht hier schon mal einiges an Zeit flöten. Für einen Routinier wie Martin ist das Alltag. Er stellt seine Liste zusammen, reicht sie weiter, nimmt die Bestellung in Empfang und legt los.

Vom mächtigen Vorbau der Heritage mit den dicken Gabelcovern und dem großen Scheinwerfer ist nichts geblieben. Die Zubehörteile erstrahlen alle in sattem Schwarz

Das Bike wird gestrippt und bis auf den Rahmen zerlegt. Das Heck wird modifiziert und ein neuer Fender samt Sitzbank angepasst. Am Frontend kürzt Martin die Gabel, um das Bike zusammen mit dem Hecktieferlegungs-Kit näher an die Straße zu bringen. Hochbeinige Racer sehen bekanntlich etwas seltsam aus. Für den gestreckten Look verwendet er eine Arlen-Ness-Gabelbrücke mit sechs Grad Reckung.

Vorne wächst der Raddurchmesser von 16 auf 21 Zoll

Der Rädersatz stammt von RevTech und ersetzt die Serienräder. Statt der 16-Zoll-Räder dreht nun ein 21-Zoll-Rad in Verbindung mit einem 130er-Reifen auf der Vorderachse, hinten sind es 18 Zoll mit einem 200er-Dunlop-Niederquerschnittreifen. Um den sportlichen Anspruch zu unterstreichen, bekommt die Telegabel neue Federn von Eibach mit einer progressiven Kennlinie. 

Kein Racer ohne Lampenmaske. Die Verkleidung von Cult-Werk hat MB Cycles modifizieren lassen

Doch nicht alles am Bike bleibt Bolt-on and-ride. Gerade beim Tank lässt sich Martin auf keinen Kompromiss ein, denn das Spritfass kann den kompletten Look ausmachen oder ihn auch zerstören. Die Wahl fällt auf einen Fat-Bob-Tank, den der Heidelberger aber flacher und vor allem schmaler haben möchte. Den Umbau übernimmt die Blechfee.

Harley-Davidson Heritage Classic mit Fat-Bob-Tank

Jochen nimmt dem Tank zwei Zentimeter in der Höhe, macht ihn schlanker und schneidet Aussparungen für die Rockerboxen ein, auf denen der modifizierte Tank sonst aufsetzen würde. Den Abschluss des Bodyworks bildet die Lampenmaske von Cult-Werk, die aber eine kleine Modifikation über sich ergehen lassen muss.

Die Auspuffanlage ist eine Kombination aus speziell angefertigten BSL-Krümmern und einem für BMWs R nineT vorgesehenen Endtopf von Dr. Jekill & Mr.Hyde. Zusammen ergibt das nicht nur einen coolen Look, sondern auch einen bösen Sound

Am Motor selbst werden hauptsächlich die Abdeckungen ausgetauscht. Die Rockerboxen- sowie das Cam-Cover stammen vom amerikanischen Designer Roland Sands und erlauben dank Plexiglasscheiben einen Blick auf die Motortechnik. Das Primärcover ist eine Sonderanfertigung von EMD auf Basis des eigenen Vorgängermodells »Billy Boy«.

Speziell angefertigte Krümmeranlage

Der nicht gerade schwachbrüstige Twin Cam bekommt einen dezenten Leistungsboost durch die Verwendung eines neuen Luftfilters in Kombination mit der speziell angefertigten Auspuffanlage und einem Thunder-Heart-Modul. »Das war etwas tricky, denn Wolfgang von BSL hat die Krümmeranlage speziell für dieses Motorrad angefertigt.

Der Lenkungsdämpfer darf natürlich auch nicht fehlen

Das Problem dabei war, dass er das Motorrad nicht zur Verfügung hatte und lediglich nach den angegebenen Maßen und anhand von ein paar Fotos die Umsetzung angehen konnte. Ich war echt überrascht, dass die Anlage direkt gepasst hat, als ich sie bekommen habe. Eine wirklich coole Zusammenarbeit.« Die Abgasanlage rockt, denn in Verbindung mit dem Endtopf von Jekill & Hyde ist der Sound genau das, was man von so einem Motorrad erwartet. Legal noch dazu. 

Harley-Davidson Heritage Classic ohne Chrom

Für das Finish sorgt Martins alter Spezi Chiko. Der Lackkünstler verpasst dem Bolt-on-and-ride-Bike den endgültigen Look und setzt mit den grünen Applikationen gekonnt einen angenehmen Kontrast zu dem sonst fast ausschließlich schwarz gehaltenen Bike, an dem man Chrom vergeblich sucht.

Wer auf einen sportlichen Look setzt, kommt an mittig montierten Fußrasten nicht vorbei. Das Primärcover ist eine Sonderanfertigung von EMD. Das Vorgängermodell hatte den klingenden Namen »Billy Boy«

Das letzte Wort hat übrigens der TÜV. Die Zulassungsfähigkeit war Bedingung von CCE und nach HA, AU und sage und schreibe dreizehn Eintragungen erteilt auch der »Graukittel« seinen Segen. »Abschließend betrachtet war es ein cooles Projekt, trotz des Zeitdrucks. Aber die Zusammenarbeit mit CCE und allen Beteiligten ist so reibungslos gelaufen wie der gesamte Umbau. Echte Probleme hatte ich nie, auch wenn der Zeitdruck nicht unerheblich war.« Das Ergebnis spricht für sich.

Info | mbcycles.de | custom-chrome-europe.com

 

Christian Heim