In unserem Fukker-Wettbewerb ist nichts unmöglich und fast alles erlaubt. Auch die Kreuzung zweier japanischer Motorräder, aus denen eine Kawasaki XS 650 entsteht.

Vorab zur Erinnerung: Unser Build-da-Fukker-Wettbewerb kennt keine Regeln, außer, dass das Moped am Ende fahrbar sein muss und nicht mehr als 5.000 Euro gekostet haben darf. TÜV? Egal. Was soll man nun umbauen, wenn plötzlich mehr Freiheit herrscht, geltende Regeln außer Kraft gesetzt werden und man sich der ganzen Bandbreite kreativer Möglichkeiten ausgesetzt sieht? Ja, es ist nicht so einfach, einen guten Fukker auf die Beine zu stellen. Das fängt mit der Basis an, vor allem aber mit der zündenden Idee.

Das einzige Ost-Team im Fukker-Wettbewerb

Das »Moped-Kombinat-Halle« besteht aus drei Mann: Tino, Matthias und Felix. Als Kombinat bezeichnen sie sich nicht nur, weil sie als einziges Ost-Team im Fukker-Wettbewerb die Fahnen hochhalten müssen, sondern auch, weil sie drei völlig unterschiedliche Charaktere sind, die ihre ganz eigenen Fähigkeiten und Stärken ins Team einbringen.

Offene Luftfilter sind obligatorisch, um dem Twin ausreichend Luft zuzufächeln

Die Grundlage für ihren Fukker soll eine betagte Kawasaki LTD 454 bilden, die Anfang der 80er Jahre zum ersten Mal die Luft der großen Motorradwelt schnuppern durfte. Die LTD-Reihe ist die Choppervariante der starken Z-Serie, die von den Japanern ins Rennen um die Käufergunst geschickt wurde.

Kawasaki LTD 454 – Leistungsschwacher Softchopper

Zwar ein bisschen schwach, was die Leistung betrifft, aber mit genügend Drehmoment gesegnet, um den Fahrspaß nicht zu kurz kommen zu lassen. Designtechnisch war das aber, nicht nur aus heutiger Sicht, ziemlich unausgegoren und wurde mit der Bezeichnung »Softchopper« eher abfällig betitelt.

Den Tank lieferte eine uralte Zündapp, die der heutigen Generation wohl kaum noch etwas sagt

Eigentlich genau richtig, um daraus einen Fukker zu bauen, denn in diesem Wettbewerb verbleibt sowieso nichts im Originalzustand. Und dass die LTD 454 sowieso nutzlos in der Ecke rumstand, war für die Kombinatler klar, dass hier richtig Hand angelegt werden musste. Natürlich hätten sie es sich auch einfach machen und eine Yamaha XS 650 als Basis nehmen können, aber das wäre dann keine Herausforderung mehr gewesen. 

Der Zweizylinder suppt aus allen Ritzen

Die Kawa wird gestrippt und bis auf den Rahmen entblättert, überflüssige Halterungen entfernt und das Heck abgeändert. Was zu Beginn nach einer geschmeidigen Umbaunummer aussieht, wird schnell zum Albtraum. Ausgerechnet das Herz der LTD erweist sich altersschwach. Beim Probelauf des Zweizylinders suppt es aus allen Ritzen, sucht sich das Öl den schnellsten Weg ins Freie.

Da das ganze Bike sowieso spartanisch daher kommt, braucht auch die Sitzpfanne keine Polsterung

Die Jungs öffnen den Motor und diagnostizieren das Ableben des Triebwerks. Risse im Motorgehäuse, fehlende Dichtungen und Pfusch, wohin das Auge reicht. Eine Wiederbelebung scheint ausgeschlossen. »Der Motor war regelrecht kaputt geprügelt worden«, berichtet Felix zerknirscht, denn nun heißt es Ersatz zu finden.

Cooler Zwitter – Kawasaki XS 650

Die Lösung findet sich zum Glück in der eigenen Werkstatt: ein Yamaha-XS-650-Motor aus einem anderen Projekt muss es richten. Blöd nur, dass das Anpassen des Parallel-twins an den Kawa-Rahmen eine zeitfressende Sache ist. Dem Kombinat ist das egal, zumal es in ihren Augen sowieso der bessere Motor ist und dem Fukker-Projekt damit nur zuträglich sein kann.

Der Apehanger steht dem Ost-Fukker wesentlich besser als die ursprünglich geplanten Stummel

Zudem hatten sie die XS auch mal in ihren Planungen gehabt, die Idee aber wieder verworfen, da schon unzählige XS-Umbauten die Szene bevölkern. Als die Sache mit dem Motor endlich geritzt ist, verläuft der restliche Weg zum fertigen Projekt vergleichsweise geschmeidig.

Kawasaki XS 650 – Bloß kein Hochglanz

Teile werden zusammengeklaubt, umkonstruiert oder für richtig schmales Geld aufgetrieben. »Wir hatten ja die Wahl, das Fukker-Limit voll auszureizen, was wir aber nicht wollten. Wir können und wollen keinen Hochglanz«, wie das Team unisono betont. Also bleiben sie ihrer Linie treu, mit minimalen Mitteln etwas Vorzeigbares auf die Räder zu stellen.

Auf Auspuff­endtöpfe wurde bewusst verzichtet, um die Linie nicht zu versauen. Außerdem darf ein Fukker auch so richtig schön knallen

Knapp 250 Euro insgesamt investieren sie in eine vordere Steckachse, ein Hinterrad, den Motorlack und anderes Kleinzeugs. Dienstleistungen anderer Gewerke fordern sie über noch ausstehende Gefallen ein oder bestechen mit kistenweise Bier. Und es funktioniert, die Kawasaki XS 650 nimmt Gestalt an.

Kawasaki XS 650 – Besser ohne Stummellenker

Auch wenn bei drei so unterschiedlichen Typen immer wieder verschiedene Vorstellungen und Ideen aufeinanderprallen, so bekommen sie doch jedes Mal die Kurve und koordinieren ihren Einsatz auf ihre Art. So verschwindet auch der ursprünglich verbaute Stummellenker wieder in der Teilekiste.

Auch wenn mal die Fetzen flogen, das Kombinat hat alle Widrigkeiten überstanden und das Fukker-Projekt durchgezogen

Stattdessen thront jetzt ein Apehanger auf einer um neun Grad gereckten Fischer-Gabelbrücke und verpasst dem Zwitter einen waschechten Chopperlook mit flacherem Gabelwinkel. Bei den Gabelrohren setzt das Mopped-Kombinat stilsicher auf MZ-Teile mit Faltenbälgen.

Auf Vorderradbremse und Auspuffendtöpfe wird verzichtet

Den Tank liefert eine alte Zündapp. Auf Vorderradbremse und Auspuffendtöpfe verzichtet das Team gleich ganz. Zum einen wird Bremsen überbewertet, zum anderen »… soll das Ding auch ordentlich knallen, wenn wir schon keinen TÜV brauchen«, erzählt ein grinsender Felix. »Und die Dinger machen die Linie nicht kaputt.«

Bremsen wird überbewertet, sagen die Jungs vom Kombinat. Deshalb gibt’s am Vorderrad auch keine

So stressig der Umbau auch gewesen sein mag und so schwierig es auch sein kann, die Meinungen und Ideen unterschiedlicher Menschen unter einen Hut zu bringen, das Mopped Kombinat Halle hat es geschafft: Zusammen schrauben, zusammen feiern. Verluste gibt es keine zu beklagen, und japanische Zwitter sieht man auch nicht alle Tage.

 

 

 

Christian Heim