Gut versteckt tut der Anlasser seine Arbeit. Auch er braucht mal ein bisschen Zuwendung, bevor auf einmal gar nichts mehr geht

Außer ein paar Exoten bedienen sich heutzutage fast alle Motorräder eines E-Starters, der dem Motor mittels Anlasser Leben einhaucht. Und solange er anständig arbeitet, wird ihm kaum Beachtung geschenkt. Allerdings schleichen sich Beeinträchtigungen langsam ein und werden deshalb kaum bemerkt. 

Wie funktioniert der Anlasser?

Der Anlasser ist ein sehr starker Elektromotor, der den Motor über das Starterritzel in Bewegung setzt. Damit er diese Leistung abrufen kann, wird er über das Anlasserrelais direkt mit dem Plus der Batterie verbunden, Minus kommt über das Motorengehäuse. Über Kohlebürsten wird der Strom auf den Kern geleitet, der sich daraufhin anfängt zu drehen. Logischerweise gibt es also eine hohe elektromechanische Belastung an den Kontaktstellen. Bei unserem Beispiel ist der Anlasser 21 Jahre alt und hat während 105.000 Kilometern treu seinen Dienst getan. Aber irgendwie scheint es nicht so richtig rund zu gehen. Teilweise muss sich der Anlasser scheinbar über einen Totpunkt hinweghebeln, bevor es richtig los geht und dann könnte es ruhig ein bisschen schneller gehen – auch bei frisch geladener Batterie. Ob wohl die Kohlen noch gut sind? Also erstmal neue bestellen, damit wir nachher nicht tagelang auf die Ersatzteile warten müssen. 

Der Kommutator, das Herzstück des Anlassers. Ritzel und Lagerstellen müssen ohne großen Verschleiß sein

Zum Ausbau muss nur das Starterkabel abgeschraubt werden und zwei Schrauben raus. So lässt sich der Anlasser einfach aus dem Motorblock herausziehen. Zwei weitere Schrauben halten das Gehäuse über die Deckel zusammen. Nachdem wir diese entfernt haben, liegt das Innenleben vor uns. Erster Eindruck: Sieht doch gar nicht so schlecht aus, hauptsächlich Abrieb der Kohlen hat sich angesammelt. Trotzdem wird alles in seine Einzelteile zerlegt und vom Dreck der Jahre befreit. Auf dem Gegenstück der Kohlenbürsten sind dunkle Schleifspuren zu sehen, dahinter ist es schön kupferfarben. Mit achthunderter Schmirgel bringen wir die Fläche zur Freude der Kontaktaufnahme wieder in eine einheitliche Optik. Erstaunlicherweise haben die Kohlen ihre herstellerseitig vorgegebene Verschleißgrenze noch nicht erreicht. 9 Millimeter sind Minimum und gemessen sind 11 Milimeter noch vorhanden, könnte also bestimmt nochmal für 50.000 Kilometer reichen.

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Aber wo wir die Neuen schonmal da haben, sollen sie auch rein. Das ist einfacher gesagt als getan, denn vier Stück mit zwei Händen in ihre Federhalterung zu drücken, ist fast unmöglich. Deshalb justieren wir die Kohlen einfach mit Draht. Das reicht, damit wir den Motoranker einschieben können. Für die letztendliche Stellung brauchen wir die Kontakte nur noch ein wenig von Hand zu positionieren. Bevor die Deckel wieder draufkommen, wird der Simmerring am Ausgang noch mit Schmierfett versehen und die Dichtungsgummis auf Beschädigungen kontrolliert. Sehr wichtig dabei ist die vordere Dichtung, wo der Anlasser im Motorblock verschwindet. Ist diese defekt, kann hier Öl austreten, es muss also nicht immer die Motordeckeldichtung sein, die dafür verantwortlich ist. Jetzt musste der erste Startversuch natürlich zeigen, ob sich die Arbeit gelohnt hat. Sie hat es, denn der Anlasser dreht gefühlt viel freier und schneller durch. Ob die alleinige Reinigungsaktion genügt hätte, können wir nicht sagen, aber dem Mopped nach 21 Jahren neue Kohlen zu spendieren, ist wohl nicht übertrieben.

Dreck und Schleifspuren auf dem Kollektor zeugen von jahrelanger Arbeit
Lothar Steinmetz
Freier Mitarbeiter bei

Lothar Steinmetz ist bereits seit dem Jahr 2000 als freier Mitarbeiter für die CUSTOMBIKE tätig und kümmert sich vorrangig um Lowbudget-Umbauten. Darüber hinaus analysiert er Gesetzestexte und macht Technik für den Leser verständlich. Seit 1993 besitzt er eine gelbe Trude, die neben den anderen Mopeds der Familie immer wieder für Detailaufnahmen oder Reparaturanleitungen herhalten muss.