Stefan Krismer war ein hoffnungsvoller Nachwuchsschrauber. Seine »vorerst letzte« Arbeit auf Basis einer Honda CBX 550 zeigte sein Potential

»DMAX-verseucht«, sprach Stefan vor einigen Jahren nicht nur gut über die Szene. »Zu viele Leute haben einfach völlig unrealistische Vorstellungen davon, was Aufwand und Kosten individueller Parts angeht«, konstatierte er seinerzeit. »Aber hochwertige Materialien und einzigartiges Design gibt es eben nicht zum Schnäppchenpreis. Deshalb baue ich Bikes inzwischen in erster Linie für mich selbst.«

Mitgefühl für die Bastelbude

Nach mehreren Chopper-Projekten hatte er sich eigentlich schon von der Szene abgewandt, als ihm das Schrauberschicksal eine Honda CBX 550 vor die Füße legte. Der aus gutem Grund unbekannte Vorbesitzer hatte aus dem exotischen 80er-Jahre-Geschoss einen Cafe Racer basteln wollen, war auf dem Weg aber grandios gescheitert. Das klägliche Ergebnis der Versuche weckte Stefans Mitgefühl, er erstand es für etwas Kleingeld und begann mit der Arbeit an seinem ersten eigenen Racer. »Bei der Rahmenform und dem Motor hat sich die Frage nach der Richtung des Umbaus nicht gestellt. Alles andere als ein Hipsterracer hätte einfach keinen Sinn gemacht.« So weit, so bekannt.

Filigraner Batteriehalter, Schaltgestänge und Vergasertrichter bieten willkommene Einblicke in die Technik

Spannend wurde der Umbau durch Stefans Ansprüche an seine eigene Arbeiten. Dem gelernten Werkzeugmacher haben es besonders hochwertige Materialien und innovative Detaillösungen angetan. Von der Stange gibt es die nicht, alle Blechteile, Halterungen und sonstigen Feinheiten der CBX entwirft er selbst. Lack und Spachtelmasse würden diese Arbeit nur verfälschen, die entsprechend rohe Optik macht das Kaschieren von Fehlern unmöglich. Das sollte auch bei der CBX nicht anders sein. In Stefans Innsbrucker Werkstatt wanderten zuerst Lampe, Elektrik und der schwülstige Lacksatz in die Wühlkiste, sie waren mit der gewünscht dynamischen Optik schlicht nicht vereinbar.

Honda CBX 550 mit neuem Loop

Das brachte den unangenehm langen Heckrahmen zum Vorschein, dem Stefan einiges Material abnahm, aber auch einen neuen Loop schenkte. Eine dünne Minimal-Sitzbank ersetzte das Original-Monster, eine schlanke Batterie samt Lederriemen-Halterung montierte er ins nun freie Rahmendreieck. Der Entwurf eines eigenen Tanks war der nächste logische Schritt. Um der kantigen Optik der Honda CBX 550 treu zu bleiben, entschied sich Stefan dabei für eine Kastenoptik, was technisch nicht ganz einfach war. »Bei einem runden Tank fallen Ungleichmäßigkeiten nicht so stark ins Gewicht«, erinnert sich Stefan an lange Nächte in der Werkstatt, bei denen sich ein ganz besonderes Verhältnis zu diesem Bauteil entwickelte. »Bei eckigen Konstruktionen zerschießt jeder Millimeter zu viel die Symmetrie.

Der Griff zu den tiefen Lenkerenden signalisiert den Cafe Racer, wenn wir die Honda CBX auch ungern in eine Schublade packen wollen

Drei Versuche habe ich gebraucht, bis ich mit meinem CBX-Brotkasten zufrieden war.« Lohn dieser Mühen ist eine konsequente Tank-Sitzbank-Linie ohne Schnörkel. Um die zu betonen, setzte Stefan bei den weiteren Details auf Understatement. Eine schwarze 4-in-1-Sebring-Anlage, ein gedreht montierter Tommaselli-Lenker und ein kleiner Rundscheinwerfer verdeutlichen das. Dem ursprünglichen Plan nach wäre es jetzt den Gussrädern der Honda an den Kragen gegangen, ihr Design spaltete schon in den Achtzigern die Zweiradgemeinde. Im Laufe der Arbeit am Bike lernte Stefan genau das aber lieben. »An eine CBX gehören einfach diese Felgen, so seltsam sie auch aussehen. Schließlich sind sie die Basis für die großartigen, gekapselten Bremsscheiben der Honda. Die abzubauen wäre ein Verbrechen.«

Auferstanden aus einer Ruine

Die überraschend brachiale Verzögerung der exotischen Konstruktion in Verbindung mit einer überholten Gabel bekräftigt Stefans Entschluss. Zehn Monate Kur hatten aus einer Custom-Ruine einen Cafe Racer werden lassen, den es so nicht bei DMAX zu sehen gibt. Geändert hat das an Stefans Abkehr von der Szene aber nichts. Sein neuer Lebensweg? Das Schmieden von Messern aus Damaszenerstahl.

Max Link