Eine umgebaute Yamaha XS 650 für kleines Geld? Mit reichlich Eigenleistung kann auch das gelingen. Wir schauen genau hin

Och, wird der ein oder andere jetzt denken, eine Yamaha XS 650. Sowas sehen wir doch ständig, und dann hat die hier nicht mal einen Starrrahmen. Stimmt, aber diese Yamaha XS 650 ist interessant, weil wir die Geschichte um dieses eigenwillige Schmuckstück kennen. Und die, um ihren Besitzer Marvin. Gekauft hat der das Basisbikes nämlich bereits 1991 – als viele auf Billet und Breitreifen schworen.

Yamaha XS 650 – 15 Jahre später

Zunächst wird das Teil mit den damals üblichen Umbauten vier Jahre lang gefahren. Danach verschwindet es wegen eines Ford-Granada-Projekts zeitweise im Keller. Dort schlummert die Yamaha 15 Jahre lang, bevor sie mit vielen Ideen und schmalem Geldbeutel wieder auf die Straße gebracht wird. Hier lohnt sich nun der zweite Blick auf die eigenwillige XS. Denn es gibt nicht ein Teil, das unbearbeitet ist oder erstmals überhaupt an einem Motorrad Platz findet. Dafür plündert Marvin unter anderem die heimischen Küchenschränke.

Schlanke Bude: Durch Mid Controls und den hohen Lenker fährt es sich in aufrechter Sitzposition auch auf alter Schule durchaus gemütlich

Bestes Beispiel sind die Scheibenradabdeckungen, die sind nämlich eigentlich Serviertabletts aus Edelstahl. Und dann sind da die Teesiebe als Luftfilterschutz. Der Limadeckel entsteht aus einem alten Pokaldeckel entstanden. An der komplett gecleanten, tiefergelegten Gabel leuchtet ein umgebauter Panzerscheinwerfer aus der Schweiz den Weg. Gebremst wird mit einem über Seilzug gesteuerten Bremszylinder einer Ducati.

Absprachen mit dem TÜV helfen beim Umbau

Den Lenker mit innenliegendem Gasgriff fertigt Marvin in Absprache mit dem TÜV selbst. Dieser nickt auch zu dem komplett neu umgetunnelten Mofatank einer Hercules P3. Mehr Beispiele für Low Budget und einer Menge Know-how? Bitte sehr. Das hintere Schutzblech war früher das vordere. Die umlaufende Sicke wird angeschweißt und der Absatz als Blechteil ist aufgesetzt.

Die Teesiebe von Oma machen sich gut, anstatt Kamille gibts jetzt km/h

Die Elektrik wird minimiert und auf Powerdynamo-Zündung umgerüstet. Die Zündspule findet ihren Platz am Zylinderkopf in einem Eigenbaugehäuse. Sieht schwer nach Magneto aus und befeuert den ohc-Paralleltwin richtig gut. Da Marvin auch mal jung war und in einer Zeit von Bonanzarad und Eisstielen in den Speichen groß geworden ist, mussten die Züge und Leitungen im Design der 70er umwickelt werden.

Nur sechs Liter fasst der Tank der Yamaha XS 650

Wer jetzt meint, das alles taugt nur für die Show, der irrt. Die XS wird seit ihrem Wiederaufbau viel gefahren. Der nur sechs Liter fassende Tank beschert allerdings immer wieder nette Pausen – spätestens alle 120 Kilometer. Wenn ihr die XS und ihren Erbauer mal trefft, schaut bitte genau hin, der zweite Blick lohnt sich.

 

Jens Wibbelhoff