Eine Suzuki LS 650 legt einen satten Strip hin und schon sehen wir das 80er-Jahre-Mauerblümchen mit völlig neuen Augen.

Es war nicht alles schön 1982: Helmut Kohl wird Bundeskanzler, Deutschland verliert das WM-Finale gegen Italien und die Spider Murphy Gang steht sieben Wochen lang auf Platz eins der deutschen Charts. Von unseren Klamotten Anfang der 80er wollen wir gar nicht reden und die Motorräder von damals sind uns heute doch ein bisschen peinlich.

Suzuki LS 650: Einigermaßen cooler Softchopper

Eine Harley kann sich sowieso kaum einer leisten, Style ist nicht das Zauberwort der Stunde. Wer einigermaßen cool choppern will, greift auf einen japanischen Softcruiser zurück. Und die werden eben mehr von Plastik als von lässiger Optik zusammengehalten. »Dabei ist der Motor so einer Savage eigentlich ganz schön«, weiß Albert.

Ab 1986 bis 2000 wurde die LS 650 in Deutschland angeboten und ist der Inbegriff des japanischen Softchoppers. In den USA wird sie als »Boulevard S40« immer noch verkauft

Der Österreicher kann dem Einzylinder von Suzuki was abgewinnen, und er ist nicht der Einzige. Immer noch wird die LS 650, auch liebevoll Else genannt, viel und gern umgebaut. Fast kann man dem Pummelchen von einst gar eine Art Kultstatus zuschreiben, »Volks-Harley« nennt Albert den Softchopper gern.

Else als Cafe Racer – eher ungewöhnlich

Nicht nur Männer springen bis heute auf den Savage-Zug auf – es gibt durchaus eine schwer aktive LS-Szene –, auch bei Damen ist der Eintopf äußerst beliebt. Und hier knüpft Alberts nackte Version direkt an, gebaut wurde sie nämlich für eine Frau. Sehr untypisch nicht als Chopper-Version, sondern als blitzsauberer Cafe Racer, was Alberts Genen geschuldet ist.

Schönes Detail sind die Kontrollleuchten und das Zündschloss auf dem Tank. So kann die Gabelbrücke schon clean bleiben

Der Österreicher ist ein Mann vom Fach. Nicht nur weil er mal aktiver Supermoto-Fahrer war, setzen seine Bikes, die er just for fun und ohne jeglichen gewerblichen Hintergrund aufbaut, voll auf Sportlichkeit. Weil er es außerdem klassisch liebt, entstehen bei ihm Cafe Racer, Scrambler oder Boardtracker.

Suzuki LS 650: So gar nicht sportliche Basis

Aufsehen erregt der Österreicher direkt mit seinem ersten Umbau, einem blitzsauberen Honda-CX-Cafe-Racer. Für diesen Erstling gibt es auf der CUSTOMBIKE-SHOW den Siegerpokal in der entsprechenden Kategorie. Die LS finden wir aber fast noch interessanter, eben weil die Basis erstmal so gar nicht sportlich ist. 

135 Kilo wiegt die Suzuki, das ist für die vergleichsweise niedrigen Leistungsdaten mehr als okay. Dazu gibt sich der Cafe Racer unglaublich handlich, »fast wie Fahrrad fahren«

Albert geht experimentell an seinen Aufbau, die endgültigen Formen entstehen mit dem Bauen. Allerdings bekommt der Motor von vornherein eine Generalkur mit modifizierter Nockenwelle, Wiseco-Kolben, einem Millimeter mehr Hub und bearbeitetem Zylinderkopf, »ich mach alles umfassend«, erklärt Albert, der beim ersten Zerlegen des Motors auf immer mehr Fehler gestoßen war und sich deshalb für den kompletten Neuaufbau entschieden hatte. 

»Ich liefere mich nicht behördlicher Willkür aus«

Der Rahmen wird gekürzt und gecleant, der österreichische TÜV gibt seinen Segen, weil Albert entsprechende Schweißgutachten vorweisen kann und den Prüfer in sämtliche Bauabschnitte der Savage mit einbezieht. »Ich liefere mich nicht behördlicher Willkür aus, sondern arbeite aktiv mit ihnen zusammen«, beschreibt Albert den Weg zum legalen Custombike.

Dem Frontend kommt beim Umbau die größte Aufmerksamkeit zu. Die Gabel wird gekürzt, aber mit längeren Federn versehen. Um die Cafe-Racer-Optik zu erzielen, muss sie steiler als beim Originalbike anstehen

Die Gabel kürzt er, versetzt sie aber mit längeren Federn. Sie steht steiler an als in der Serienversion, gibt damit eine »hohe« Optik. Die Originalräder weichen zwei 18-Zöllern, sämtliches Plastik kommt gnadenlos weg. Die fesche Sitzbank stammt aus dem Zubehör, ebenso wie die Beleuchtungseinheiten. Der Stummellenker ist für einen Cafe Racer obligatorisch. Eine Lackierung in Braun-Gold-Beige gibt der Else ihr Finish, ihre Prüderie hat die Lady damit vollends in den Achtzigern gelassen.

Übrigens: In CUSTOMBIKE 04-21 feiern wir Elses Vierzigsten mit einem Special. Das Heft könnt ihr hier in unserem Online-Kiosk bestellen.

Info |  aw-classics.at

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.