Deus ex Machina ist eine Art Kultstätte für die Cafe-Racer-Hipster-Szene, Zero Motorcycles weltweit die Nummer 1 bei Elektromotorrädern. Für den Aufbau des ersten, eigenen Komplettumbaus tat man sich zusammen.

Im Gespräch mit Michael »Woolie« Woolaway, Designer und Mitgründer bei Deus ex

CB: Ist das das erste Elektromotorrad, das du gebaut hast?

Michael Woolaway: Ja, das ist es. Ich hatte die Jungs von Zero am Pikes Peak Hill Climb (traditionelles Bergrennen für Autos und Motorräder in Colorado/USA, Anmerkung der Redaktion) kennengelernt. Ich war fasziniert von ihrer SR/S, die im Prinzip ein moderner Sporttourer ist. Tatsächlich bin ich ja Designer und Customizer und betrachte das Objekt in erster Linie als Basis für meine kreative Arbeit, unabhängig vom Antrieb. Und so gesehen war das wie ein leeres Blatt Papier, denn ich hatte ein Bike ohne klassischen Benzintank, aber mit wunderschönem Gitterrohrrahmen vor mir. Mein Interesse, daraus ein Custombike zu machen, war schnell geweckt.

»Ich sehe Elektromotorräder nicht als Verrat an unseren alten Vergaserkisten – Da muss man entspannt bleiben«

Als du die Kiste das erste Mal gefahren bist, wie war das? Oder überhaupt, wie würdest du den Unterschied zwischen Elektro- und Benzinantrieb erklären?

Es ist natürlich etwas völlig anderes, da es so leise ist und die Kraftübertragung so extrem direkt und hundertprozentig erfolgt. Es liefert reines Drehmoment von unten und das ist auch für einen normalen Motorradfahrer wie mich echt aufregend. Tatsächlich ist es vor allem für einen, der die alten Karren gewohnt ist, so wie ich, ein bisschen ein Schockmoment. Und letztlich muss auch ich zugeben, dass es rein fahrtechnisch wirklich Spaß macht, es einfach mal so ohne Kupplung und Gang laufen zu lassen. Ich habe auch einige Freunde drauf fahren lassen – und jeder kam mit einem breiten Grinsen zurück. Ich sehe das nicht als Verrat an unseren alten Vergaserkisten, da muss man echt ein bisschen entspannter werden.

Von vorn ein scheinbar klassischer Racer, unter dessen Kohlefaser-Verkleidung allerdings ein fetter Batterieblock samt E-Motor steckt

Welche Inspirationen hast du dir für das Design des Bikes geholt?

Ich wollte etwas Altes und etwas Neues verbinden. Im Prinzip die alten Formen, mit denen ich aufgewachsen bin, dazu die neue Technologie des Bikes aufgreifen. Und ich habe keinen Wert auf eine Straßenzulassung gelegt, weil mich das in meiner Kreativität zu sehr eingeschränkt hätte und ich dachte, ohne Zulassung könnte ich ein besseres Endprodukt bauen. Ich habe keine Zeichnungen angefertigt und auch nicht per Computer gestaltet. Tatsächlich habe ich mich eher auf Handwerkstechniken verlassen und mit Schaumstoff, Plastik und gewöhnlichen Modellbau-Werkzeugen gearbeitet. Wenn ihr so wollt, ist das Bike also komplett oldschool entstanden, wie in den vierziger oder fünziger Jahren. Angefangen beim »Tank«, nach vorn zur Verkleidung, von dort zurück, nach unten gezogen, alles im Prinzip ein sehr organisches Arbeiten.

Ich hatte eine klasse Zeit bei Deus ex Machina

Was für Materialien hast du verwendet?

Das ist eigentlich sehr simpel gehalten. Wir haben im Prinzip ausschließlich Kohlefasermatten mit Wabenstruktur verwendet, die eine hohe Festigkeit bei geringem Gewicht besitzen. Sie sind mit wenigen Schrauben befestigt. Das Haupt-Bodykit wog vorm Lackieren gerade mal sieben Pfund. Es ist ein ziemlich kompliziertes Stück Arbeit gewesen, bei dessen Anfertigung wir die Hilfe von zwei Ingenieuren brauchten. Die arbeiten normalerweise bei Lockheed Martin (amerikanischer Rüstungs- und Technologie-konzern, Anmerkung der Redaktion), aber sie hatten richtig Spaß an dem Projekt. Bei den zugekauften Teilen haben wir uns ebenfalls auf Performance konzentriert, die Dynamag-Räder aus Carbonfaser sind federleicht, dazu gab’s Showa-Dämpfer und Racing-Bremsen von J.Juan.

Kaum 200 Kilo und in 3,3 Sekunden von Null auf Hundert. Einen Hauch mehr Stabilität geben die Winglets an den Seiten, die aus Teilen eines aktuellen F1-Rennwagens konstruiert wurden

Dein erster Elektro-Umbau ist gleichzeitig deine letzte Arbeit als Designchef von Deus ex Machina. Wie geht’s weiter?

Ach, ich bin eigentlich schon eher ein Eigenbrötler, der gern allein in der Werkstatt vor sich hin arbeitet. Ich hatte eine klasse Zeit bei Deus, will aber noch einige andere Dinge tun. In meinem »Whoolies Workshop« habe ich alle möglichen Projekte. Für das King-of-Baggers-Race hatte ich eine Harley gebaut, die ich dort auch gefahren bin. Ich würde gern eine Flattracker auf MV-Agusta-Basis bauen und ich habe noch viele Rennpläne. Die Isle of Man will ich zum Beispiel unbedingt mal fahren.

Info | zeromotorcycles.com

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.