Der Luftfilter ist ein beliebtes Stück Customizing … und gestaltet den Ansaugbereich nach persönlichem Geschmack

Schrauben ist geil, wenn man will. Weniger, wenn man muss. Motoren mit ständigem Reparaturanspruch am Wegesrand, wie zu Großvaters Zeiten, gehen uns heutzutage auf den Zeiger. Aber selbst Veteranenliebhaber kommen gerne problemfrei über die Veranstaltungsrunde. Während Vintage-Enthusiasten der Optik den Ansaugbereich gern original belassen, gestalten ihn Custombiker aus genau demselben Grund lieber um.

Ein Filter, zwei Ziele

Umgekehrt hat man am heutigen Motor kaum Veranlassung, den Ölkreislauf zu modifizieren. Während am alten Aggregat ein unauffällig nachgerüsteter Ölfilter für Gesundheit und langes Leben sorgen kann. Dabei müssen in Filtern zwei gegenläufige Ziele unter einen Hut gebracht werden. Zum einen eine gute Filterwirkung und zum anderen gute Durchlässigkeit. Das bedeutet, dass feine Filtration große Fläche braucht, deren Bauraum wiederum in Grenzen gehalten wird. Das geschieht durch Faltung, die gleichzeitig den Strömungswiderstand verringert.

Qualm geben wirbelt Dreck auf, der im Motor nichts zu suchen hat

Beim Motorrad findet der ganze Aufwand noch unter erschwerten Bedingungen statt. Die Filterelemente müssen auf kleinerem Raum untergebracht werden als im Auto. Und an den offenen Motor gelangen leichter Staub und Schmutz. Dazu sollen sie oft noch attraktiv gestaltet sein, wenn sie im Sichtbereich liegen. Zugleich erlauben Motorradmotoren meist höhere Literleistung und Drehzahlen. Das erhöht die Belastungen und damit die Verunreinigungen aus dem Betrieb selbst, wie metallischer Abrieb oder Verbrennungsrückstände.

Viva la Evolucion

Als Nikolaus Otto 1875 seinen Motor fertig hatte, qualmte er ohne Filter. Die ersten Filter erhielten Flugzeuge im Ersten Weltkrieg, zunächst Luftfilter, denn der Staub über den Schlachtfeldern war feindlicher als jede Kugel. Gesiebt wurde der Luftstrom fortan mit öligem Drahtgeflecht oder Stoff, doch selbst darauf verzichteten Sportmotoren noch bis in die 1980er Jahre: Nur offene Ansaugtrichter ergaben Spitzenleistung. Das ist wegen des Venturi-Effekts von Strömungen noch heute so, allerdings sitzen die Trichter nun in großen Airboxen mit beruhigter und gereinigter Luft.

Der offene Ansaugtrichter ist seit den Pioniertagen ein gewohnter Anblick. Bis Mitte der Siebzigerjahre fand man ihn an manchen Serienbikes

Der Hauptgrund für unsere modernen Luftkästen in Serienmotorrädern ist die vorschriftsmäßige Geräuschdämpfung, optimale Strömungssteuerung aber ein gewünschter Nebeneffekt. Wer daher auf Leistung Wert legt, verzichtet auf den coolen Look offener Ansauglöcher und richtet sich nach der Faustformel: Luftschachtel mindestens fünfmal so groß wie der Hubraum. Schließlich werden für 1 Liter Benzin 8500 Liter Luft benötigt! 

In den Tiefen des Kurbelgehäuses

Weniger Partikel, weniger Reibung und damit weniger Verschleiß sind aber bekanntlich nicht nur Kopfsache, sondern in den Tiefen des Kurbelgehäuses ebenso beliebt. Und Ölfilter sind das Letzte in der technischen Entwicklung: Lange hielten nämlich einfach der hohe Ölverbrauch und kurze Wechselintervalle den Kreislauf frisch. Erst Mitte der 1930er wurden allmählich Methoden zur Schwebstoffabsonderung üblich, wie Zentrifugen oder Spaltfilter.

Völlig freie Atemwege gelten noch immer als cooler Anblick

Puristen wie der rennbegeisterte Schwede Folke Mannerstedt verzichteten aber weiterhin kategorisch darauf, was seinen Arbeitgeber Husqvarna hunderte Garantiefälle kostete und an den Rand des Ruins trieb. Schließlich ergaben umfassende Messungen in den 1950er Jahren, unter anderem bei Rolls-Royce, dass Ölfilterung den Verschleiß um durchschnittlich 55 Prozent senkt. Am deutlichsten beim Pleuellager, das mit Haupt- und Nebenstromfilter im Ölkreislauf nur noch sieben Prozent des Abriebs aufweist gegenüber filterlosem Ölrauschen.

Moderne Luftfilter wirken bis in den Molekularbereich

Eine Verschleißminderung um über 90 Prozent schien dann selbst Minimalisten eine Überlegung wert. Inzwischen wirken moderne Feinstfilter sogar bis in den Molekularbereich, denn für standfeste 200 PS bei 13500 /min wie bei einer BMW S 1000 RR reicht eben längst nicht mehr ein Spaghetti-Sieb in der Ölwanne. Propagierte man in den 1920er Jahren noch drei Liter Öl pro PS-Stunde, so zirkuliert heute das Zigfache, veranschaulicht in der sogenannten »Umwälzzahl« für die Ölmenge im Motor: Früher genügte für einen Motor mit 60 PS, vier Litern Ölvorrat und 180 Litern stündlichem Umlauf die Umwälzzahl 45. Heutige Motoren dagegen haben Umwälzzahlen von über 400.

Ein Flammsieb über dem Trichter hält zwar das Gröbste ab, dient aber eigentlich eher dem umgekehrten Weg, um bei Fehlzündungen aus dem Vergaser schlagende Flammen zu begrenzen

Wer also seinen Motor liebt, schenkt seinem Schatz ein Päckchen Filter. Denn wer länger lebt, ist kürzer tot, da sind die Maschinen auch nur Menschen. Das seit den Pioniertagen bewährte Luftfilterprinzip mit geöltem Baumwollgewebe pflegen bis heute Hersteller wie K&N. Der Vorteil: Solche Filter können immer wieder gereinigt werden, was in der Wegwerfgesellschaft positiv auffällt. Außerdem bieten sie hohen Luftdurchsatz auf relativ kleiner Fläche, und Platz und Gewicht spielen eben eine große Rolle, ganz besonders im Rennsport. 

Verschiedene Materialien

Ein extrem staubiger Sport ist Moto Cross, wo sich leichte Luftfilter aus Schaumstoff durchgesetzt haben. Auch diese, hergestellt aus mehreren Lagen verschieden poröser Kunststoffe, sind zusätzlich geölt, um Schmutzpartikel besser zu binden, und können grundsätzlich gesäubert und wiederverwendet werden. Ihr Nachteil: Schaumstoffe sind meist nicht dauerhaltbar, lösen sich nach längerer Zeit auf. Sie sind zwar auch als Trockenfilter möglich, die ausgeklopft werden können, allerdings sind ohne die Verwendung von Flüssigkeit Luftfilter aus Papier weitaus häufiger, denn sie erzielen die höchste Filterwirkung.

Als sehr gute Synthese aus Filterwirkung und Durchlässigkeit sind Gewebefilter besonders beliebt

Dafür ist deren Luftdurchlässigkeit am geringsten, weshalb die Oberfläche in Faltung und Abmessungen am größten ist, womit wir wieder beim Platzbedarf sind. Bei einem Papier-Luftfilter ist keine Pflege vorgesehen, was den Umgang mit ihm ebenso vereinfacht wie seine Herstellung. Die Luftfilter aus Papiee sind preisgünstig und daher üblich im Serienfahrzeugbau, wo Mann-Hummel oder UFI zu den größten Erstausrüstern zählen. Die verschiedenen Filtermedien werden auch kombiniert, beispielsweise Papier und Schaumstoff, andere Materialien wie Keramik kommen aber selten zum Einsatz.

Weiße Wolken

Noch komplexer geht’s im Untergeschoss des Motors bei den Ölfiltern zu, die längst ausgeklügelte Chemiefabriken sind, um mehr als nur Metallabrieb und Rußpartikel zu verarzten. So haben beispielsweise die patentierten UFI-Filter auch über 95 Prozent Wasserabscheidegrad. Feuchtigkeit kann sich ja nicht nur durch die Gehäuselüftung einschleichen, Wasser kondensiert vor allem bei längeren Standzeiten, was an den weißen Wolken aus dem Auspuff gut zu sehen ist. Generell gibt es zwei Bauformen von Ölfiltern: Zum einen das Ölfilterelement, dessen Gehäuse Bestandteil des Motors ist.

Ölfilterung: Umbau auf Wechselfilter-Kartusche, die sich gemeinsam mit einem Öldruckschalter unauffällig unterm Motor platzieren lässt

Zum anderen den Ölwechselfilter, mit Filterelement und -gehäuse als Einheit, die beim Service komplett gewechselt wird. Dabei integrieren Ölwechselfilter die allgemein üblichen Ventile: Ein Umgehungsventil sichert die Ölversorgung bei weniger durchlässigem Filter aufgrund extremer Temperaturen oder zu starker Verschmutzung. Und eine Rücklaufsperre verhindert den Rückfluss des Öls aus dem Filter in die Ölwanne nach Abstellen des Motors, damit es beim Start sofort an die Schmierstellen gelangt. Die Ventile gibt es auch für Filterelemente, dann aber als Bestandteil des Motorgehäuses und auf die gesamte Lebenszeit des Aggregats ausgelegt.

Der Tiger im Tank mit dem richtigen Luftfilter

Eine haarige Sache sind dann noch Benzinfilter. Denn die darin enthaltenen über 100 Chemikalien sind recht aggressiv, weshalb sich mit ihnen gut reinigen lässt. Allerdings lösen sie mit Leichtigkeit eben nicht nur Schmutz, sondern auch Gummiteile oder Kunststoffe. Soll sich also das Fell des Tigers nicht in Vergaser oder Einspritzdüsen finden, lässt man den Kraftstoff nicht ungefiltert durch die Leitung, braucht dafür aber benzinresistente Materialien. Früher war das der Einfachheit halber ein schlichtes Metallsieb an Benzinhahn oder Vergaser, um wenigstens den gröbsten Dreck abzufangen.

In die Benzinleitung einsetzbarer Filter, dessen Wirksamkeit klar ersichtlich ist (links). Im eloxierten Aluminiumgehäuse lässt sich ein Benzinfilter farblich ans Bike anpassen (rechts)

Doch inzwischen geht das, genau wie beim Öl, deutlich besser und hochwertige Benzinfilter können ebenso Wasser oder chemische Rückstände aufhalten, bevor sie in die komplexen Einspritzanlagen gelangen. Hersteller Mahle beispielsweise verwendet mit Cellulose und mehrschichtiger Meltblown-Auflage zwei Medien zur Erhöhung der Filterkapazität. Und da bei vielen modernen Motorrädern die Benzinpumpe im Tank liegt, besitzt das Filtermodul außerdem zusätzliche Aufgaben, wie die Regelung des Benzindrucks, und kann weitere Komponenten wie den Signalgeber für den Benzinstand enthalten.

Luftfilter – Am Ende zählt die saubere Abstimmung

Am Ende ergibt die saubere Abstimmung aller Komponenten, vom klaren Luftstrom über die Benzinzufuhr bis zum richtigen Öl und seiner Filterung, die langlebige Qualität des Gesamtpakets. Damit die Pferdestärken auch morgen noch kraftvoll zubeißen können.

 

Stephan H. Schneider