Die da drüben können nur Awos und Streetfighter – es gibt Vorurteile, die halten sich hartnäckig. Robert und seine Harley-Davidson Softail beweisen das Gegenteil.

»Awos kannste knicken, zu teuer geworden. Fürs gleiche Geld bekommst du nun fast eine Harley«. Robert Fischer aus Dresden nimmt den Vorurteilen sofort den Wind aus den Segeln, »und Streetfighter? Nicht mein Ding.« Gelernter Karosseriebauer ist er, arbeitete lange als Dachdecker und betrieb als Nebengewerbe seine Werkstatt »RHM Choppers«.

»Eine kleine Werkstatt sein, wo du nicht verarscht wirst«

Mittlerweile kann der 47-Jährige davon leben. Es hat an seinem Traum gearbeitet, steckte sein ganzes Geld in Maschinen und Werkzeuge. Sein Antrieb dafür kam aus einem einfachen Gedanken, »ich will eine kleine Werkstatt sein, wo du nicht verarscht wirst, denn alles andere gibt es genug.« Dass es nicht immer leicht ist mit dem eigenen Laden, bekommt Robert an vielen Stellen zu spüren. Die großen Aftermarket-Firmen wollen ihn lange nicht als Händler beliefern, störten sich zum Beispiel an den abendlichen Öffnungszeiten.

Zugunsten der Bequemlichkeit entscheidet sich Robert für die Montage des ausladenden Apehangers. Vorher hatte er einen normalen Lenker montiert, konnte daher nicht so aufrecht wie jetzt auf der Harley sitzen

Dass Robert einem Hauptjob nachgehen musste, um zu überleben, interessierte da keinen. »Aber irgendwie musste man doch anfangen«, schüttelt er den Kopf. Und auch der Umgang mit Kunden muss gelernt werden, »das Geld sitzt da nicht mehr so locker«, erklärt Robert. Reine Service- und Wartungsarbeiten sind tägliches Brot. Um zu zeigen, dass er auch umbauen kann und will, hat er als Referenzprojekt eine Softail gewählt.

Extrem runtergerittene Harley-Davidson Softail als Basis

Extrem runtergeritten war die Harley, als sie zu Robert kam. Der hat sie nach seinem Geschmack zurechtgeknetet, wie er sagt – mit sauberer Arbeit und in einem vernünftigen Budgetrahmen. Der Motor darf Serie bleiben, er läuft gut. Vergaser, Luftfilter und Auspuffanlage sind die Komponenten, die neu angeschafft werden.

Das Geld bei Roberts Kunden sitzt nicht so locker – trotzdem, auch mit kleinem Budget lässt sich ein anständiges Bike bauen. Serienteile beibehalten und nur an entscheidenden Stellen nacharbeiten, mehr muss es manchmal gar nicht sein

Gesetzt wird auf S&S und Supertrapp, seit Jahren bewährte Marken. Der Rahmen bleibt unverändert, auch die Dekra als Prüforganisation des Ostens ist ein strenger Verein geworden. Aber Robert kürzt die Gabel, baut außerdem auf Kettenantrieb um und versetzt den Primärantrieb. Die Radgrößen wählt er klassisch, 21 Zoll vorn, hinten eine 16er Akront-Felge. Zunächst montiert der Dresdner einen flachen Lenker, im Fahrbetrieb findet er ihn aber zu unbequem. Jetzt, mit dem 40-Zentimeter-Ape, ist das Fahren deutlich entspannter, wie er sagt.

Harley-Davidson Softail mit klassischer Farbgebung

Eine klassische Farbgebung gibt dem Bobber sein Finish. Weiß mit schwarzen Scallops und vier Schichten Klarlack, »diese Art der Lackierung sieht man hier gar nicht mehr so oft«, sagt der Schrauber. Schön, dass einer die Oldschoolfahne auch da drüben hochhält.

Info |  rhm-choppers.de

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.