»Mein Motorrad wird viel gefahren und selten geputzt« – letzteres braucht Pepes Harley-Davidson Softail auch nicht, punktet sie doch mit authentischer Attitüde. Wichtigstes Hilfsmittel beim Umbau: das Schleifschwämmchen.
Pepe Thum ist ein Freigeist, künstlerische Ader gepaart mit technischem Interesse, eine Kombination, die für den Bau eines guten Motorrades beste Voraussetzungen bietet. Musik macht er seit er vierzehn ist, spricht gern über seine Leidenschaft für Volvo-Oldtimer der 60er, dann wieder übers Bilder malen oder die eigene Mopedkarriere. Kawasaki, Ducati, alles schon mal da gewesen, bei Harley ist er letztlich hängen geblieben.
Harley-Davidson Softail Standard mit Evo-V2
Einen ausgeprägten eigenen Geschmack attestiert er sich, gefallen tut im vieles, was er auf zwei Rädern sieht, nicht. Muss es auch nicht, denn der Gedankengang zum eigenen Umbau ist jedem selbst vorbehalten, wer zu viel auf anderes schielt, läuft Gefahr, auf seinem Weg zu stolpern. In einer kleinen Einzelgarage mit den Mitteln eines Selbstschraubers entsteht Pepes Harley Softail Standard mit Evo-V2.

»Alles, was aus Milwaukee danach kam, reizt mich nicht«, sagt der Ingolstädter, dessen erste Harley-Erfahrung auf einer Panhead im Starrrahmen mit Fußkupplung und Handschaltung stattfand. Dass er die Pan verkauft hat, bereut er bis heute, »mindestens einmal pro Woche.« Sein Basisbike ersteht er aus erster Hand in Österreich, der Besitzer hatte früher selbst für Harley Deutschland gearbeitet. Geschmacklich ist er allerdings meilenweit von Pepes Welt entfernt.
Die Basis stimmt und so kommt das Bike nach Deutschland
Das Bike ist hinten brutal tief, schon ausgerüstet mit der 16-Zoll-Felge. Dazu ein gar schwülstiges Heckteil, vorn eine Einmeter-Dragbar, viele Teile rot-metallic, die Sitzbank braun. Aber die Basis stimmt halt und so kommt das Bike nach Deutschland. Kleinere Umbauten werden direkt gemacht, ein Jahr lang fährt die Softail mit Originalgabel und -auspuff, Apehanger und schwarzem Tank. Ein Jahr hält er durch, dann reichts.

Im Winter wurde auseinandergerissen und neu aufgebaut. Viele Details an seinem Moped sehen schnell hingedengelt, roh und grob aus – auf den ersten Blick. Dabei sind Pepes Gedankengänge ausgereift und langwierig. Nur so findet er das für sich bestmögliche Ergebnis. Ein Beispiel für diese Denksportaufgaben ist die Hinterradfelge. Eigentlich ist die mit ihren 5,5 Zoll nicht so recht nach Pepes Geschmack, zumal es für diese Felgenbreite keine Bobberbereifung à la Firestone, Shinko oder Avon gibt.
Harley-Davidson Softail mit Fat-Bob-Fender
Also holt sich Pepe stapelweise unsere alten CB-Magazine aus dem Keller und guckt sie Ausgabe für Ausgabe durch. Irgendwann findet er tatsächlich ein Moped mit breiter 16-Zoll-Felge und 180er-Reifen. Die Lupe hilft, den Herstellernamen zu entziffern. Der Reifen ist ein Dunlop und war Standard bei den Harley Fat Bobs – genau der wird es am Ende und ziert Pepes Softail ganz vorzüglich unterm mitschwingenden Heckfender.

Oder nehmen wir den Lenker, der sollte so clean wie möglich sein. Dank Fußkupplung ist er das auf der linken Seite sowieso. Weil Lenker und obere Gabelbrücke zudem ein Teil sind, Riser sind nicht Pepes Fall, ist ein innenliegender Gaszug quasi Pflicht. Der von Müller Motorcycles ganz aus der Nähe von Ingolstadt passt perfekt. Dazu werden die Kabel selbstverständlich durch den Lenker gelegt, eine schlanke Bremspumpe dazu, den Startknopf an den Anlasser verbannen, hübsche Lenkerendenblinker und den Spiegel an die Gabel – so gefällt es dem Schrauber am Ende.
Harley-Davidson Softail – Bare Metal
Die ganzen kleinen Details wären aber nichts ohne das große Ganze, sprich die optische Aufarbeitung der Softail. Viele der Chromteile werden mattiert, ein paar Parts sind wahlweise schwarz glänzend oder schwarz mattiert. Aber der Clou ist die Oberfläche des Tanks. Ab in die kleine Garage, Musik an und mit Heißluft und Spachtel wird der alte Lack Schritt für Schritt abgetragen. Zurück bleibt blankes Metall, das mit dem Schleifschwämmchen gebürstet wird.

Und auch wenn AMF-Lackierungen Trend sind und Pepe eigentlich nicht unbedingt eben solchen Trends folgen will, so kommt genau dieses Logo in seinen Grauabstufungen auf dem Tank am besten rüber. Wenn Pepe seine Harley heute irgendwo abstellt, gibt es viele anerkennende Blicke und gute Kommentare. Applaus ist der größte Lohn für den Künstler, als Musiker und Motorradmensch weiß Pepe das zu schätzen.
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