Frau Reuter ist schon jetzt in vorweihnachtlicher Bestlaune und testet für euch Univeralstecker, Wein und Schreibstifte

Die Ereignisse überschlugen sich. Alles fing ganz harmlos an. Während mein unterbelichteter Freund Hippie zwei Häuser weiter bei Frau Kleinfeld den DVBT-Empfänger einrichtete und sich mit Weihnachtskeksen vollstopfte, saß ich mit Köppke in der Garage vor Hippies vergammelter XS 400 und versuchte, Licht ins Dunkel der Bordelektrik zu bringen. Mal ging der Scheinwerfer, mal nicht. Alle Kabel waren mittlerweile sauber verlegt, Lüsterklemmen mussten Lötverbindungen mit Schrumpfschlauch weichen, wir waren im Prinzip Helden des Handwerks.

Frau Reuter, Hippie und der Obstler

Aber das Licht wollte nicht. Wir lehnten uns zurück, nahmen noch einen Obstlerund dachten nach. Dann noch mal die Lampe aufgeschraubt, Zündung an, Licht geht wieder. Reflektor ans Lampengehäuse – Licht wieder aus. »Ich reiß jetzt diesen scheiß Lampenstecker samt Birne raus«, meinte Köppke, nahm den Seitenschneider und schnitt die drei Kabel ab. Licht schon wieder aus. Super, sprach ich besorgt, und was nun? Köppke war in Fahrt: Nun nehmen wir eine neue Birne und einen neuen Stecker. Und wenn’s DAS dann nicht war, zünden wir den Haufen an. Okay, dachte ich, das mit der Birne war kein Problem, aber wo soll ich auf die Schnelle mal einen H4-Stecker hernehmen?

Universalstecker

Autoteile Matthies hat so was, sagte Köppke. Wir rasten also die anderthalb Kilometer zu Matthies. Und siehe da: Zehn Minuten später waren wir wieder draußen und hatten für gerade mal knapp sechs Euro zwei H4-Universalstecker mit Klemmbefestigung erstanden. Einen für Hippie, den Mistbock, und einen als Reserve. Dieses kleine Bauteil kann so glücklich machen! Zuhause haben wir die abgeknipsten Kabel abisoliert, die Fassung angeklemmt, eine neue Birne reingesteckt, die Lampe zusammengebaut und es ward Licht. Wir haben dann noch wie die Blöden am Scheinwerfer rumgerüttelt und getrommelt und an den Kabeln gerupft – das Licht blieb und wir waren die echten Helden. Dann gab’s noch einen Obstler, und die Gartenpforte klappte. Das Schlurfen verriet unseren XS-400-Piloten. 

Wenn‘s mal wieder dunkel wird, könnte es am Stecker liegen. Die Universalstecker tragen die unsägliche Bezeichnung: »Hella 8JA 001 909-001«. Preis: 3,00 Euro/Stück

Es folgte die obligatorische Standpauke von Köppke an Hippie, bei der mindestens zwanzig Vokabeln aus dem gynäkologischen Bereich fielen. Hippie war ungerührt. »Ich hab euch Kekse mitgebracht. Und Wein.« Er zupfte eine Dose hervor und – großes Kino – zwei Flaschen Wein. »Der is gut, hat Frau Kleinfeld gesagt, kommt von Lidl.« Köppke stöhnte auf. »Der soll wirklich gut sein, die Kleinfeld sagt, da kriegt man weder Kopf noch Sod von. Und sie trinkt täglich ‘ne halbe Flasche, sacht sie.« Köppke meinte, er könne dann ja mal flugs zu Matthies rüberradeln und einen Flaschenöffner kaufen, aber mein Schweizer Messer beruhigte das Szenario. Minuten später hingen wir in den Holzstühlen, hörten eine echte Platte von Neil Young, dem alten Jammerlappen, und stießen an. Hippie war glücklich und dankbar, Köppke hatte das Maul voll mit staubigen Keksen und ich hatte einen H4-Stecker in der Hand, den ich unbedingt meiner Leserschaft zeigen muss. Im Grunde schon fast eine Weihnachtsgeschichte, finde ich.

Discount-Wein für Frau Reuter

Und in der Tat: Der Wein war nicht schlecht. Den gibts tatsächlich bei Lidl für rund zwei Euro, ein Preis, der einem sagen soll, dass irgendwas an dem Produkt unseriös ist. Für zwei Euro kann man keinen Wein machen. Nicht mal ‘ne Glasflasche, fürchte ich. Aber egal, das Zeug kann man beruhigt trinken. Es ist ein Spätburgunder aus der Pfalz, steht »Halbtrocken« drauf, geht aber zart in die trockene Richtung. Auf dem Etikett ist Köppke mit dem Fahrrad abgebildet. Da kann Aldi nicht mithalten.

Billig muss nicht schlecht sein. Vom halbtrockenen Spätburgunder soll man weder »Kopp noch Sod« bekommen. Na dann Prost!

Der H4-Stecker hingegen, der die sensationelle Artikelbezeichnung »HELLA 8JA 001 909-001 Stecker 3 polig« trägt, sollte in keiner Ersatzteilkiste fehlen. Ein Stecker kostet rund drei Euro und kann die Nacht zum Tag machen. Die Kabel werden einfach nur festgeklemmt, das geht kinderleicht. Kein Löten und kein Schrauben, so richtig schön idiotensicher, sollte man meinen. Die Pole sind bezeichnet: 31 ist Minus, 56b ist Abblendlicht und 56a ist Fernlicht.

Schreiber für Schrauber

Und nun hab ich noch was für untern Weihnachtsbaum. Ich hab mal vor etwa fünfzig Jahren in der Schublade meines Vaters geforscht (er hatte nur eine Schublade im Wohnzimmerschrank, da war sein gesamtes Leben drin) und bin damals auf einen dicken, eckigen Kugelschreiber gestoßen, der mich tief beeindruckt hat. Er war ungewöhnlich schwer, deutlich kürzer als die Kulis, die ich sonst kannte und hatte ein schickes Logo auf dem Druckknopf. Den hätte ich gerne gehabt, aber der Alte rückte so was nicht raus. Viele Jahre später hab ich immer wieder mal in Schreibgeschäften geschaut, ob ich so einen Schreiber finde, war aber erfolglos.

Kurz, massiv und schwer, in Schlüsselweite 13: Den »Sport Steel« von Kaweco gibt es in verschiedenen Varianten

Aber letzte Woche war ich gezwungen, zu Fuß durch unsere Stadt zu latschen, und da sehe ich doch im Fenster eines Füllfederhalterladens genau diesen Stift! Ich dachte, mich trifft der Schlag. Also bin ich da rein und hab mit der Verkäuferin geknutscht und bin mit dem Stift wieder raus. Hat mich knapp 60 Euro gekostet, aber ich finde ihn grandios. Das ist doch endlich mal ein massiver Schreiber für Schrauber, meine ich. Die Marke heißt Kaweco, ist uralt und sitzt in Nürnberg. Dieser Stift, den es auch aus Kunststoff, Alu und Messing gibt, wird schon seit vielen Jahrzehnten hergestellt und heißt in meinem Fall schlicht »Kaweco Sport Steel«.

Frau Reuter – In Wirklichkeit ein Schöngeist?

Es gibt auch einen Füller und einen Druckbleistift aus der Reihe. Und Lederetuis für einen, zwei oder drei Stifte. Ihr seht, ich fahr auf so was total ab. Das kommt daher, dass ich in Wirklichkeit ein Schöngeist bin. Ja, nun wisst ihr’s. Der Stift kommt in einer schicken Blechschachtel daher und wird in den nächsten Wochen wohl richtig schön abgeledert aussehen, weil ich ihn dauernd benutze, auch in der Werkstatt. Das achteckige Gehäuse hat übrigens Schlüsselweite 13. Ich finde, so was macht sich unter einem Schrauberweihnachtsbaum ganz prima, oder? Dazu noch zwei Flaschen von Lidl und das Christkind kann kommen. Hauptsache, es ist nackt, blond und weiblich.

Es grüSSt mit vorweihnachtlicher Bestlaune, Euer Martin

Es grüßt mit vorweihnachtlicher Bestlaune, Euer Martin

 

Frau Reuter
Frau Reuter bei CUSTOMBIKE

Martin Reuter ist unter seinem Pseudonym »Frau Reuter« inzwischen zweitdienstältester Mitarbeiter der CUSTOMBIKE. Der freischaffende Künstler rezensiert mit spitzer Feder und scharfem Wort Produkte, die seiner Meinung nach etwas Aufmerksamkeit bedürfen. Im wahren Leben ist er als Illustrator, Fotograf und Textautor tätig und spielt ganz nebenbei Bass und Orgel in der zweitschlechtesten Band der Welt. Kulinarisch betrachtet kocht er scharf und trinkt schnell. Als echtes Nordlicht badet er selbstverständlich nur in Salzwasser. Seine Vorlieben sind V8-Motoren und Frauen, die Privatfernsehen verschmähen. Stilecht bewegt er eine 76er Harley, restauriert eine Yamaha SR 500 und bewegt sich politisch korrekt die meiste Zeit mit dem Fahrrad fort.