Ducati 750 SS – Preiswert zum Cafe-Racer-Unikat



Großer Auftritt für ein ungeliebtes Kind der Zweiradgeschichte? Alles, was Markus dafür braucht, ist eine Ducati 750 SS und etwas Bier

Rückblick: Für zarte 650 Euro schnitzte Markus vor ein paar Jahren eine muffige K100 zum stilvollen Cafe Racer um. Den feierten nicht nur wir seinerzeit in unserem Magazin, sondern auch ein unbekannter Käufer. Für einen, Zitat »unmoralisch hohen« Betrag wechselte die BMW den Besitzer. Das Geld ermöglichte es Markus, bei der Suche nach einer neuen Aufgabe den eigenen Wünschen zu folgen. Und nicht dem Placet von Familie oder Bankangestellten.

Maximal zwei Zylinder, da kam die Ducati 750 gerade recht

Die Prämisse war eindeutig: Maximal zwei Zylinder sollte das neue Projekt haben, in Europa gebaut und nicht zu teuer sein. Auf eine Ducati 750SS von 1991, die in einer süddeutschen Garage vor sich hin gammelte, traf all das zu. Als Markus erfuhr, dass in deren Gitterrohrrahmen ein M900-Motor mit Bigbore-Kit und TÜV-Segen saß, zückte er die Brieftasche.

95 PS für 155 kg. Auf jedem Stück Asphalt, an dem kein Streckenposten steht, führt das Leistungsgewicht der Duc zum gewünschten Adrenalin-Niveau.

In der heimischen Garage begann die Veredelung der Italienerin. Zuerst fiel die Verkleidung dem gewünschten Cafe-Racer-Look zum Opfer, was eine Verlegung der Elektrik dahinter erzwang. Sie wanderte unter den Tank, wo ursprünglich nur die Batterie gesessen hatte.

Für einen Kasten Bier

Der alte LiFePO4-Akku, den Markus einem Kumpel für einen Kasten Bier abkaufte, räumte aber ausreichend Platz für Relais und Sicherungen frei. Nebenbei sank das Gewicht der Duc um satte drei Kilogramm. Für den folgenden Sommer montierte Markus noch Rundscheinwerfer plus Windschild und scheuchte den Zweizylinder aus der Emilia Romagna durch die Voralpen.

Ohne falsche Hemmungen kürzte Markus den Heckrahmen

Nach der Saison war Markus von der Technik seiner Duc restlos begeistert, von ihrer Optik aber weniger. Das Problem war schnell gefunden: Das klotzige Hinterteil der 750SS war mit der gewünschten Leichtigkeit eines Cafe Racers schwer zu vereinbaren. Ohne falsche Hemmungen kürzte Markus also den Heckrahmen und machte sich auf die Suche nach dem richtigen Loop.

Ducati 750 SS – Loop aus dem Rollstuhlbedarf

Fündig wurde er bei einem Hersteller von Sportrollstühlen, der den Heckabschluss in die gewünscht ungewöhnliche Form brachte. Das Schweißen übernahm ein Kollege für, erraten, einen Kasten Bier. Die anschließende Pulverbeschichtung war leider etwas teurer.

Wie Sie sehen, sehen Sie nichts: Außer dem kleinen DanMoto-Instrument bleibt die Gabelbrücke schön clean und fügt sich schön in die reduzierte Optik des Bikes ein

Das Fundament für den obligatorischen Höcker war damit gelegt. Markus konstruierte ihn mittels Modelliermasse und Glasfasergewebe selbst und versenkte ein winziges LED-Rücklicht. Schmale LED-Blinker in filigranen Auspuffhaltern verschlankten das Heck der Duc zusätzlich. Bei der Montage des Hecks achtete Markus darauf, die Linie des Tanks aufzunehmen und ließ Sitz und Höcker durch Distanzhalter über dem Gitterrohrrahmen schweben. Aus der etwas fülligen 750SS war damit eine in jeder Hinsicht leichte Sprinterin geworden.

Die Duc endet im Motorradladen

Viel gefahren ist Markus auf der Duc bisher nicht, ein Ducati-Händler wollte sie sich unbedingt in den Laden stellen. Das Ergebnis? Immer wieder werden schuldbewusste Biker mit ihren hässlichen Entlein vorstellig. Das ein oder andere davon steht inzwischen in der Garage von Markus. Das freut auch seine Stammbrauerei.

 

echnische Daten
Modell Ducati 750SS
Baujahr 1991
Erbauer Markus Klett

Motor
Typ Zweizylinder-Viertakt, ohc-Zweiventiler
Hubraum 944 ccm
Bohrung x Hub 94 x 68 mm
Zylinder Kämna Big Bore, Street Race V2
Kolben Pistal-Schmiedekolben
Vergaser 38er Mikuni mit DynoJet Stage 2
Luftfilter K&N
Auspuff SilMoto
Kupplung Aluminiumkupplung, Ducati 1098
Sekundärtrieb Kette, 15/39 Übersetzung
Leistung 95 PS bei 8200/min
Drehmoment 90 Nm bei 6700/min
Vmax 225 km/h
Fahrwerk
Rahmen CroMo-Gitterrohrrahmen, pulverbeschichtet
Gabel Showa-USD
Schwinge Ducati 900SS
Räder vo. 120/70-17 auf 3.5 x 17“, hi. 160/70-17 auf 4.5 x 17“
Bremsen vo. Brembo-Doppelscheibe, hi. Scheibe
Zubehör
Lampe Louis
Rücklicht LED »Stripe«, Highsider
Blinker LED »Stripe«, Highsider
Instrumente Nano, DanMoto
Sitz GFK, Eigenbau
Kennzeichenhalter Eigenbau
Metrie
Leergewicht 155 kg
Radstand 1410 mm

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Fotos: Benjamin Grna
Fotos sind urheberrechtlich geschützt

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Kommentare

2 Antworten zu „Ducati 750 SS – Preiswert zum Cafe-Racer-Unikat“

  1. Avatar von Henry Dumrese
    Henry Dumrese

    95 PS hätte er gerne. Oder es sind Italienische PS 😉

    1. Avatar von Hans-Willi Szimon
      Hans-Willi Szimon

      Mein Freund, der potente Kaufmann, hatte Liebeskummer und mich überredet eine 2 Jahre alte SS900 zu kaufen. „Ich will nur Sonntags fahren und putze, du machst die Technik“!
      Es war ein Albtraum!
      Nach 2 Wochen flog die erste Flöte raus, kurz darauf die zweite. Gut wenn man Wig-Schweissen kann.
      Kette und Kettenrad liessen auch nicht lange auf sich warten. Wahrscheinlich wollte man Gewicht sparen indem man eine Mopedgrösse verbaut hat.
      Bremse vor völlig am rupfen. Habe die gelochte Scheibe unterschiedlich angesenkt und andere Beläge versucht, ohne Erfolg. Heute denke ich dass vllt ein zäheres Gabelöl reingehört hätte.
      Danach ist die Schwinge gebrochen. Anruf beim Generalimporteur, wir wurden beim Rückruf vergessen. Auf der Oberseite der Schwinge gleich neben der Schweissnaht ein M6 Gewinde für den Kettenschutz als Auslöser für einen Dauerbruch. Lernt man im ersten Semester dass man das nicht macht.
      Dann lag eines Tages ein galvanisch verzinkter Bolzen Drm. 16 mit abgerissenem M8 Gewinde und 10er Imbus unter meiner BMW. Hat mich sehr gewundert weil das schon stilmässig nicht zu BMW passt. Ne Woche später das gleiche wieder und eine Woche drauf nocheinmal. Habe schon den Nachbarn verdächtigt dass er die Bolzen in die Garage schmeisst um mich zu ärgern.
      Dann hat es einen neuen Reifen gebraucht, dann habe ich den Ursprung der Bolzen gefunden,- es waren die von der Mitnehmerscheibe am Hinterrad. Die Bolzen sind durch die Felge mit den hohlgegossenen Speichen gefallen und unter die BMW gerollt.
      Die Mitnehmerscheibe war aus Druckguss und hatte bereits Helicoil Einsätze, also sinnlos ein Ersatzteile zu bestellen. Habe mir das Teil dann in der Firma aus Vollmaterial gedreht und M10 eingebaut.
      Und man glaubt nicht wie schnell ein Sommer vorbei sein kann…
      Wir waren heilfroh als wir das Ding wieder los waren.
      15 Jahre später war ich Prozess-Ingenieur in der Giesserei die alle Motorengehäuse für Ducati hergestellt hat. Panigale war ein Albtraum, hat ein Jahr gedauert bis wir ausreichend lieferfähig waren. Ein paar Jahre später ging die Firma Pleite, Audi hat Ducati übernommen und dann mussten schnell neue Motoren her weil der Fertigungsprozess patentiert war und Audi keinen Ersatzlieferanten finden konnte.
      So, das war meine persönliche Geschichte zum Thema Ducati.

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