Ein viertel Jahrhundert träumte Hermann vom Bau eines eigenen Custombikes. Und die Triumph TR6 schlug nach Fertigstellung voll ein

Lebt eure Träume – ihr müsst ja nicht so lange warten wie ich«, Hermann Rauscher hat wirklich lange nur geträumt. Seit 25 Jahren hegt er einen Wunsch. Er will sich ein Custombike bauen, mit den eigenen Händen, nach den eigenen Wünschen. »Kein Baukastensystem, sondern ein Motorrad mit Seele, möglichst alt und einzigartig«, verrät er. Lange hat er auf die Harleys geschielt, aber im Laufe der Zeit reift ein anderer Wunsch, der nach einer alten Triumph.

Motor und Getriebe sind generalüberholt

Als er zufällig über den Rahmen einer Triumph TR6 stolpert, nimmt der Traum Gestalt an. Jetzt oder nie, Hermann beginnt eine aufwendige Recherche im Internet und auf Teilemärkten, sucht nach den richtigen Teilen und dem passenden Stil und biegt auf die Zielgerade seiner langen Reise zum Traummotorrad ein. Der Aufbau beginnt.

Triumph TR6 – Null Erfahrung

Bis zu dem Zeitpunkt, als Hermann den Rahmen der 1955er entdeckt und kauft, hat er noch nie ein Motorrad umgebaut. »Klar, Mofas frisiert, aber mehr war da nicht.« Zwar gab es gewisse Erfahrungen in der Metallbearbeitung, Erfahrung mit Custombikes aber eben gar nicht. Trotzdem steht der Wunsch nach dem Komplettaufbau fest, mit Akribie macht sich Hermann ans Werk. Den Motor, ebenfalls aus der TR6, kauft Hermann getrennt vom Rahmen.

Pre-Unit, aber sanft mit elektronischer Zündung aufgewertet

Und weil es Sinn macht, an die alten englischen Pre-Unit-Twins nur ranzugehen, wenn man wirklich weiß, was man tut, gibt der Pforzheimer das Aggregat zur Überholung direkt ab. Bei Southern Division in München wird der Zweizylinder fit für die neue Wirkungsstätte gemacht. Währenddessen schlägt sich Hermann mit allen uns bekannten Problemen herum. Anpassen, ändern, verwerfen, neu machen und das Ganze wieder von vorn.

Ein starres Heckteil ist Pflicht

Da er absoluten Oldschool will, ist ein starres Heckteil Pflicht, er baut es selbst. Ebenso wie den runden Öltank, Auspuffanlage oder den Heckfender sowie zahlreiche Messingapplikationen, die sich überall am Motorrad finden. Der komplette Rahmen wird nach den notwendigen Anpassungsarbeiten schwarz lackiert, vorher war er rot. Die Gabel bleibt zwar original Triumph, wird aber gekürzt.

Pinstriping von Chiko, Sitz von Spirit Leather

Den Frontscheinwerfer findet er auf  einem Flohmarkt, das Rücklicht wird mit LED-Innenleben selbst gebaut. Kupplungs- und Gaszüge sind ebenfalls Handarbeit, den Lenker liefern die Spezialisten von LSL. Auch bei der Sitzbank verlässt sich Hermann auf den Profi, der Solosattel kommt von »Spirit Leather«, Punzierung inklusive. Für die Elektrikarbeiten steht Kumpel Bastian parat. Der Kfz-Mechaniker übernimmt die Arbeiten an Kabeln und Adaptern.

Die Triumph TR6 ist ein extrem stimmiges Bike

Der Auftrag für Lackierung der Triumph geht an Chikos Pinstriping in Pforzheim. Lackierer Chris setzt auf Schwarz in Kombination mit Messinggold. Am Ende steht ein extrem stimmiges Bike in der Werkstatt, das die viele Recherchearbeit im Vorfeld rechtfertigt. Auch Jahre später wirkt die Triumph noch zeitlos-elegant – und jede Wette, dass dies auch noch in zehn Jahren der Fall sein wird …

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.