Ganz schön kantig, dieser Umbau einer Yamaha XV 950. Das sind wir von den Italienern so nicht zwingend gewohnt

Mit seiner »Yard Built«-Serie hatte sich Yamaha vor einigen Jahren fest im Umbauzirkus etabliert. Das einfache Konzept: Gebt international anerkannten Customizern aktuelle Serienbikes und lasst sie mal machen. Ob Wrenchmonkees oder Deus Ex Machina, ob Keino Sasaki oder Marcus Walz – Yamaha hielt an seinem Erfolgskonzept zur Vermarktung der Serienbikes eine ganze Weile lang fest. Dabei hätte gerade die Yamaha XV 950 oder »Bolt«, wie sie in den USA heißt, eigentlich gar keine zusätzliche Publicity nötig gehabt. Das Bike schlug nämlich bei seiner Vorstellung 2014 tatsächlich ein wie eine Bombe, der Kauf war zunächst mit einer Wartezeit von einigen Wochen verbunden.

Frontverkleidung, Bugspoiler, kantiges Heck: Mehr brauchte es nicht, um der Bolt den Eighties-Touch zu geben

Dazu beigetragen hatte sicher auch, dass ausgewählte Customizer aus den USA direkt zum Modell-Launch gezeigt hatten, was auf Basis des kompakten V2-Bikes alles möglich ist und dass die Möglichkeiten zum Umbau von Chopper bis Scrambler alle Optionen offenhalten. Es war nur logisch, dass Yamaha schnell auch europäische Customizer zum Bolt-Building laden würde. So kamen die Fachleute vom italienischen Lowride-Magazin zu der Ehre, der Bolt ein neues Design zu verpassen. Dass Italiener von Haus aus ein Händchen für schön gestaltete Objekte haben, ist klar. Dass sie sich aber für ihren Umbau ausgerechnet an einem Bike der 80er Jahre, einer gestalterisch eigentlich eher grenzwertigen Epoche, orientierten, das hat schon wieder richtig Stil.

Yamaha XV 950 im Stil einer Legende

Das Team um Chefredakteur Guiseppe Roncen entschied sich nämlich, die XV im Stile der Fünfventiler-Sportlegende FZ 750 zu interpretieren. »Nostalgisch, aber pragmantisch sollte das Bike werden. Und sich ganz leicht zurückbauen lassen – obwohl, wer will das schon?«, erklärt Roncen seine Philosophie. Kompromisse beim Motor wurden kategorisch ausgeschlossen, zwar sollte das Bike optisch insgesamt sportlicher werden, aber nichts an Handling, Dynamik und technischer Qualität einbüßen. So blieben Aggregat, Elektrik und Chassis komplett original. Einzig eine neue Auspuffanlage wurde für besseren Sound installiert. Optisch konzentrierte sich das Team um den italienischen Designer Oberdan Bezzi und den verantwortlichen Customizer Andrea Radaelli (Radikal Chopper) auf die Anfertigung einer Frontverkleidung, eines Heckteils und einer Heckverkleidung.

Das LED-Rücklicht ist voll ins kantige Aluheck integriert

Alle diese Komponenten sind aus Aluminium oder Verbundmaterial gefertigt, an bereits vorhandenen Befestigungspunkten am Rahmen wurden Stahlrohre zur Verstärkung der Front- und Heckverkleidung angebracht. Alle Teile sind lediglich verschraubt – Rückrüstung also kein Thema. Blinker und Spiegel stammen von Rizoma, der Clip-on-Lenker von Motocicli Veloci. Die Sitzposition kann mittels Doppelgelenkstangen eingestellt werden und fällt insgesamt sportlicher als beim Serienbike aus. Die Sitzbank ist eine Einzelanfertigung und hebt die ganze Fuhre um 12 Zentimeter. Noch eine scratchige Lackierung und fertig war die »Pure Sports«. Die Probefahrt erfolgte standesgemäß in den Alpen, »mit sprichwörtlichem Funkenschlag«, wie Guiseppe Roncen versichert.

 

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Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.