Zwischen Kühe melken und Mais ernten bleibt manchmal noch Zeit, sich einen Chopper zu bauen – die Yamaha XS 650 vom Bauernhof.

In der Motorradszene ist Bram ein Neuling, ein Grünschnabel, ein »Green as Grass« also. Klar, wer noch in seinen Zwanzigern ist, kennt die alten Zeiten nur aus dem Fernsehen. Bei Bram war es ein Film, der den Stein ins Rollen bracht. Nein, es war DER Film, »Easy Riders«, Bram hat ihn gesehen, als er 14 Jahre alt war. »Besonders den Teil mit den Drogen fand ich so gut, dass ich ihn mir immer wieder angeschaut habe«, sagt Bram, »irgendwann fand ich dann auch die Motorräder klasse.«

»Just fast! Das ist mein Ding beim Mopedfahren«

Als erstes Bike legt sich Bram vor ein paar Jahren eine Honda Rebel zu, gerade recht für den Weg vom Bauernhof zur Schule und zurück. Ihr habt richtig gelesen, der Junge ist Landwirt. Als wir auf dem Hof ankommen, um Brams’ Bike zu shooten, ist er gerade mit der Arbeit fertig. Der Chopper glänzt in der Sonne. Als Bram uns sieht, springt er direkt vom Traktor rauf aufs Bike, um anschließend vor uns wie ein Bekloppter durchs Feld zu heizen, nur mühsam hält er den Starrrahmen in der Spur. »Just fast! Das ist mein Ding beim Mopedfahren.« Der Kerl ist halt noch jung, wir verstehen ihn.

»Easy Riders war mein Film. Besonders das mit den Drogen fand ich so gut, dass ich ihn immer wieder angeschaut habe. Später fand ich auch die Motorräder klasse«

Der spätere genaue Blick aufs Bike verrät uns, wie viel es gefahren wird. Kein Schnickschnack finden wir daran, vieles ist abgenutzt, rotzig, aber – und das ist entscheidend – verdammt authentisch. Den Rahmen hat Bram von Hand mit Hammerit lackiert, zusammen mit Staub und Schlamm hat die unsaubere Lackierung sich zu einer Masse zusammengerauft, die wir wohlwollend als Patina bezeichnen können. Und unter der versteckt sich immerhin ein recht seltenes Schmuckstück. Der starre Rahmen, den Bram zusätzlich schmälerte, stammt von »Uncle Bunt’s«.

Yamaha XS 650 im Uncle-Bunt’s-Rahmen

In den 80er Jahren wurde diese Rahmen, ähnlich wie in den USA die von »Jammer« oder »Amen«, vor allem in England sehr gerne und völlig legal verbaut. Auch in Deutschland, doch das war schon damals schwieriger, leider. Jungspund Bram geht mit den Relikten der alten Zeit sowieso nicht ganz so pfleglich um, wie manch anderer. Sein Uncle Bunt trägt sichtbare, dicke Schweißnähte. »Ich schweiße mit einem sehr alten Gerät«, erklärt er fast entschuldigend, »mit dem arbeite ich auch an den Traktoren.«

Der Aufbau folgt keinen Gesetzen, den Auspuff wirbelt der junge Erbauer rund ums untere Rahmenrohr

Über den Kauf des Rahmens für den gut erhaltenen XS-Motor, den Bram aus einem ollen Motorradwrack befreit hatte, kam er mit den Garage Maniacs – einer holländischen Schraubergemeinschaft – in Kontakt. »Von ihnen habe ich viel gelernt, und aus Filmen wie Wild Angels oder anderen Exploitation-Movies«, erzählt er. 

Yamaha XS 650 mit Landmaschinen-Charme

Als der Rahmen fertig ist, macht sich Bram auf die Suche nach weiteren Teilen. Er findet einiges rund um den Bauernhof, denn viel Geld hat der junge Kerl nicht. So fertigt er die Sitzplatte aus der Kettenabdeckung einer Landmaschine, der Fake-Öltank besteht aus einem alten Lagertank vom Hof, die Polsterarbeit macht ein lokaler Betrieb für ganz kleines Geld. Den Lenker biegt Bram selbst, es ist schon der zweite.

Rohe Rohre: Auspuffanlage, Lenker und Sissybar entstehen in der hauseigenen Scheune mit einfachen Werkzeugen, mit denen normalerweise Traktoren repariert werden

Der erste Lenker war gebrochen – das ist gefährlich, der Junge lacht nur. Auch die Sissybar bricht, allerdings beim Bauen, nicht im Betrieb. Bram baut eine neue, die hält, vorerst. Den Sportster-Tank tunnelt der Kerl flach, den Auspuff wirbelt er einmal ums untere Rahmenrohr, die Flammenlackierung macht ein Freund – Bauernmalerei und irgendwie doch passend. Brams’ Bike ist am Ende übermütig wie er selbst. 

Diese Yamaha XS 650 ist weit weg von Perfektion

Irgendwann wird er ein neues Projekt starten, er wird mit den Jahren besser werden und vielleicht ein bisschen sauberer beim Bauen und vorsichtiger beim Fahren. Aber bis dahin sei dem Typ sein derzeitiger Stand gestattet, wir hätten es in dem Alter nicht anders gemacht. Und wenn am Ende wieder so ein rotziger Chopper rauskommt, soll’s uns auch recht sein. Denn auch, wenn das Bike weit weg von Perfektion sein mag – cool und authentisch ist es allemal.

 

Floris Velthuis