Zu Besuch in der Garage Company

Der Heilige Gral liegt in Inglewood. Sein Hüter heißt Yoshi Kosaka, seine Garage Company ist ein El Dorado für Motorradmenschen.

Mit offenem Mund, staunend, kopschüttelnd, die Augen glitzernd. Dazu ganz viel »Ohhh« und »Ahhhh« und »Hast du das gesehen?«. Die Reaktionen seiner Besucher waren immer gleich, und Yoshinobu »Yoshi« Kosaka stand japanisch ruhig über den Dingen, nahm die Begeisterungsstürme der Gäste gelassen entgegen. Mittlerweile ist er mit seiner »Garage Company« umgezogen, aber in Inglewood, einem der schwarzen Viertel von Los Angeles, hatte alles angefangen. Hier entführte Yoshi in eine Motorrad-Welt, die bis heute einmalig ist. Ein »Place to be«, wie dir jeder Customizer in Kalifornien und darüber hinaus ehrfürchtig bestätigt.

Garage Company – Vom Hobby zum Business

Wie bei den meisten Umbauern beginnt auch Yoshis Karriere als Hobby. Schon in den 70ern ist der gelernte Zahntechniker – in Japan ein hochbezahlter Job – infiziert, fährt Motocross und kauft seine ersten Motorräder, fast jeden Monat eins. Mit 22 startete er er erstmals auch bei Straßenrennen. 1984 dann eine folgenschwere Entscheidung, Yoshi kehrt Japan den Rücken und geht nach Kalifornien.

Gralshüter der Kustom-Kultur: Yoshi Kosaka ist ein Motorrad-Messi besonderer Art

Der einzige Grund sind Motorräder – hier in Kalifornien, da gibt es den Mopped-Lifestyle, dem er folgen will. Angekommen im neuen Leben verdient er ein Zehntel dessen, was er in Japan in der Tasche hatte. Es ist ihm egal, er hat etwas Geld gespart, investiert es in Bikes. »Vintage-Moppeds wurden dir zu der Zeit nachgeschmissen, die Benzinkrise war allgegenwärtig«, erinnert sich Yoshi.

Der Motorradsammler

Und so sammelt er auch in der neuen Heimat Motorräder. Kawasaki H1Rs, Ducati 750SS, Norton Racer, MV Agustas und Boxer BMWs – die heimische Garage ist bald viel zu eng und Yoshis Frau völlig entnervt. Sie sucht ihm schließlich eine größere Werkstatt in Venice Beach … und auch die ist mit 150 Moppeds schnell an der Grenze des Machbaren angelangt. Trotzdem, die kleine Bude ist Yoshis erster richtiger Laden, das Leben ist gut.

Hinten Norton Production Racer, vorne Harley Bobber, versteckt Evel Knievel-Sportster und Ducati Elite – nur vier von schätzungsweise 300 Bikes in den Hallen

Hier baut er selbst erste Customs, wartet Maschinen … und sammelt weiter. Neben Mopeds mittlerweile auch alles andere, was er finden kann: Teile, Klamotten, Helme, Poster, Bücher, einfach alles. Immer mehr Leute besuchen die kleine Bude, um sich all die Stücke anzusehen und am liebsten zu kaufen. Yoshi aber verkauft nix, lässt lediglich ein paar T-Shirts mit einem Firmennamen drauf drucken.

Mehrmals musste die Garage Company Umziehen

Als die Shirts ausverkauft sind, ist die Garage Company geboren und aus einem Hobby ein Geschäft geworden. Der nächste Umzug steht an. 20 Jahre soll Yoshi sein neues, über 5000 Quadratmeter großes Domizil am Washington Boulevard behalten. Noch verkauft Yoshi aber keine kompletten Motorräder, sondern handelt mit Rennsportbüchern, Teilen und Memorabilia. Allerdings kauft er mehr Dinge, als er wieder verkaufen kann, seine Sammlung wächst so stetig.

In Kalifornien herrscht Helmpflicht. Passende Mützen könnten wir hier sicher finden, wenn Yoshi nur was rausrücken würde

Nebenbei fährt er Motorradrennen in der AHMRA-Serie auf einer wassergekühlten Bultaco TSS und stockt seine Kollektion von Harley-Davidson KR-TT-Modellen und Fabrik-Rennmaschinen immer wieder um neue Stücke auf. Mitarbeiter wie der ehemalige Rennfahrer Kevin Johnson, der Motorradjournalist Paul Peczon oder Joe Yee, ein Meister der Restauration alter Rennmotorräder stehen ihm damals zur Seite.

Vintage Service

Mit der Unterstützung dieser Männer kann Yoshi nun auch eigene Motorradaufbauten anbieten, zudem den Service an Vintage Motorrädern jeglicher Basis bieten. Highlight ist in der mechanischen Hinsicht zweifelsohne der Aufbau eines Harley Bobbers für den damaligen Formel1-Weltmeister Michael Schumacher. Wir schreiben 2006 und der Laden ist schon wieder zu klein für Yoshis Sammelleidenschaft geworden.

Aufgetürmt stapeln sich Öldosen aller Farben und Marken. Blechschilder, Poster und jedweder Kram überfluten die Wände. Und für die alten Zapfsäulen würde mancher Fan sein letztes Hemd geben.

2010 findet er endlich ein neues Domizil. In Inglewood steht ein passendes Gebäude leer, Yoshi greift zu. Über vier Monate dauert der Umzug. Hunderte Motorräder, Tanks, Fender, Gabeln, Motoren, Rahmen, Teile müssen transportiert werden. Dazu Bücher, Bekleidung, Figuren, Helme – bis ins letzte Eck ist die Garage Company vollgestopft mit allem, was man sich nur vorstellen kann.

Motorradgeschichte auf engem Raum

18.000 Quadratmeter Motorradgeschichte. »Aber endlich können wir uns wieder bewegen, einigermaßen zumindest«, hatte Yoshi gut lachen, als wir ihn vor gut zehn Jahren das erste Mal besuchten. Damals lernten wir auch Sonny Nutter kennen. Der ehemalige Rennfahrer kümmert sich in der Garage Company um alte Europäer. Und dann war da noch der ruhige Marty, der bei unserem Besuch gerade eine glitzernde Triumph auf der Werkbank hat. Reperatur und Restauration alter Bikes bestimmen den Alltag.

Sonny Nutter ist ein Haudegen alter Schule und ehemaliger Rennfahrer. Er kümmert sich liebevoll um europäische Bikes

Aber auch ganze Umbauten entstehen hier. Nur eine neumodische Optik lehnt Yoshi direkt ab, solche Aufträge müssen andere ausführen. Der Rest der Garage Company gleicht einem Museum, es müssen zigtausende Euro sein, die in den Räumen an Werten schlummern. Allein etwa 300 Motorräder versammeln sich hier zum Who is Who einer Szene. Und das ist auch am neues Standort in Gardena so.

Werkstatt, Museum und Pilgerstätte

Also, wenn ihr irgendwann mal bei Yoshi zu Gast seid seid, dann streichelt über die Tanks von 79er Triumphs, schaut euch daneben die Samurai-Customharleys an, lasst den Blick über die Honda CB-Familie schweifen, im italienischen Eck mit seinen MV Agustas, Laverdas und Ducatis inne halten und verborgene Schätze wie AJS, Vincent oder Maico entdecken. Blättert durch die zahllosen Bücher und Technical Manuals oder fangt an zu heulen, weil hier Springergabeln rumgammeln, die ihr nie bekommen werdet.

Wie die Orgelpfeifen: Grob sortiert reiht sich Krad an Krad. Die komplette Zweirad-Geschichte auf 18.000 Quadratmetern

Yoshis Laden ist Werkstatt, Museum und Pilgerstätte zugleich, Besucher sind herzlich eingeladen. Und sie kommen aus der ganzen Welt, bringen oft Geschenke für Yoshis Sammlung mit. Nur verkaufen wird euch Yoshi kaum was: »Ich habe Probleme damit, mich von den Dingen zu trennen«. Lediglich bei Menschen, die Motorräder so lieben wie er, ist er zu Ausnahmen bereit. Für alle anderen gibt es vielleicht mal ein T-Shirt, ein paar Handschuhe oder ein Buch. Darüber hinaus gibt es nichts – außer die Sicherheit, an einem heiligen Ort gewesen zu sein.

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