Der vielleicht ideale Ort für diese Vintage-Garage ist dort, wo bis 1989 die Grenze zwischen Ost und West verlief
In seichten Bögen mäandert die Dorfstraße durch den verträumten 350 Seelen-Ort. Eine ältere Frau mit blauem Kittel trägt Papiertüten in ihr Haus, eine rostige Landmaschine rattert im Schritttempo in Richtung Rapsfeld. Beide, Frau und Bauer, grüßen. Hier, nur wenige hundert Meter von der ehemaligen Zonengrenze zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein entfernt, ticken die Uhren etwas langsamer. Wegen der Grenznähe war hier schon früher nicht viel los, und auch nach der Wende wurde dieser Landstrich nicht vom Bauboom entfremdet.
Eine Garage mit viel Platz und wenig Menschen
Gleich links führt ein kleiner Feldweg direkt zu Mattens Haus. Den Westler hat es auch wegen der verträumten Stimmung hier in den Osten getrieben. Und, weil er hier Platz hat für sein Hobby. Matten hat eine feine Sammlung von seltenen Vorkriegs-Motorrädern. Und die fühlen sich mit ihrer archaischen Technik bekanntlich vor allem da wohl, wo es gemütlich und geräumig zugeht. Unmittelbar neben seinem idyllischen Fachwerk-Wohnhaus steht der opulente Schuppen für die Motorräder.
Großzügig verglast mit alten Industriefenstern, Emailleschilder an der Giebelwand, hat Matten hier das perfekte Ambiente für seine antiken Schätze geschaffen. Der erste flüchtige Blick ins Innere offenbart eine hübsche Indian-Sammlung, zu der auch ein formidables Gespann mit Aluminium-Boot, Scout, Chief und eine grell lackierte Steilwand-Maschine gehören. Ältestes Pferd im Stall ist eine V2-Excelsior von 1915 mit einer abenteuerlichen Gestängemimik an den Handhebeln.
Vollausstattung, auch motorradmäßig
Und mit einem Zündapp K 500-Boxer und einer Standard mit ohv-Motor von MAG parken auch typische deutsche Kräder zwischen den Vintage-US-Bikes. Aber Matten kann sich auch für Fahrzeuge aus späteren Jahrzehnten erwärmen. So stehen mitten in seiner Werkstatt eine Triumph T 140 Bonneville aus den Siebzigern, eine Horex Regina („Mit der fahre ich im Sommer immer zum See“) und im großzügigen Nebenraum parken eine Ducati 350, ein Zündapp Bella-Roller und zwei rundliche 98 ccm Ur-Vespas.
Dass in diesen Räumen nicht nur geparkt wird, belegt der Maschinenpark des ruhigen Selbstschraubers: Hebebühne, Drehbank, Kompressor. Außerdem liegen überall Ersatzteile für kommende Projekte herum, Ein- und Zweizylinder-Motoren, Magnetzünder, Bosch-Scheinwerfer. Matten hackt derweil ein wenig Brennholz für den gusseisernen Ofen. Wir öffnen noch ein Bier und bestaunen den Vierzylinder-Motor einer belgischen FN, schütteln den Kopf über Reste der alten Grenzbefestigung und vertiefen uns in die spannende Technik von vorgestern.
Die Garage ist nicht die Endstation
Ob wir noch etwas mitessen wollen. Hier hat man schließlich Zeit. Wir aber müssen nun zurück. Zurück in die hektische Großstadt. Ach ja, und wer jetzt meint, Matten hätte da einen ziemlich genialen Schuppen für seine Bikes, dem sei gesagt, dass sich der rastlose Sammler gerade eine neue Heimat für seine Schätze baut – noch größer, noch stilvoller noch schöner …