»Ich baue Motorräder ausschließlich zum Fahren, nicht für die Show« – Dänu Bader aus der Schweiz hat seine Richtung gefunden, seine Harley-Davidson Softail beweist es.

In seiner Schweizer Heimat gibt es jede Menge Kuhherden, aus natürlichen Gründen mit je einem kräftigen Bullen bestückt. Als Dänu über die Grundidee zum geplanten Harley-Umbau sinniert, ist beim Blick auf den Bullen alles klar: »Knackiger Hintern, kräftiger Nacken, so soll es werden.« Eine 2012er Harley FXS Blackline ist die Basis, gerade mal 600 Kilometer ist sie gefahren, absolut neuwertig. Das schützt das Krad nicht davor, von Dänu massiv zerlegt zu werden. Der mattschwarze Softail-Rahmen mit Motor und Getriebe, Öltank, Gabel und Benzintank sowie ein paar weitere Teile dürfen als Grundlage für spätere Modifikationen bleiben.

Harley-Davidson Softail Blackline als Basis

Lenker, Beleuchtung, Blinker, Tachohalter, Sattel, Struts, Fender, Bremsscheiben, Bremssättel, Räder, Auspuffanlage, Rockerboxen, Covers, Luftfilter wanderten dagegen ins Regal. Zusammen mit Kumpel Röschu von Rag Bag Machines geht der Entstehungsprozess weiter. Zusammen überlegen die beiden, was für Bolt-on-Teile und welches vorhandene Material übernommen werden kann, und was auf der anderen Seite einzeln neu angefertigt werden muss. Ziel bei allen Überlegungen ist eine spätere Straßenzulassung, »was mit Kenntnissen über die Auslegung der Gesetze, viel Papierkram und den entsprechenden Kosten verbunden ist«, seufzt Dänu.

Nix zu meckern: Ein bestens fahrbares Motorrad, das sehr stimmig auf den Stollenreifen steht, da hat der Erbauer gut lachen

Der voluminöse originale Harley-Benzintank soll einerseits an die einst brave Blackline erinnern und auf der anderen Seite den gewollten bulligen Auftritt liefern. Dänu entscheidet sich, den originalen Tank zu behalten. Durch das Weglassen vieler Teile wirkt er wuchtig genug. Ein alltagstauglicher Crosspneu in Zusammenspiel mit dem auf Maß angefertigten, mitschwingenden Heckfender sorgt für den Hintern mit der gewissen knackigen Optik. Die aufgesetzte runde mattschwarze LED-Rückleuchte ist mit einem sichtbaren über den Fender geführten und in metallgehüllten Kabel mit Strom erschlossen. 

Schwarz, vielleicht die einzig richtige Farbe für dieses Bike

Bei der Farbe bleibt es beim schwarzen finsteren Original – vermutlich die einzig richtige Farbe für das bullige Bike. Viele Einzelteile, aber bewusst nicht alle, sind mattschwarz pulverbeschichtet, so auch die schlichten Aluräder von CCE. Der tiefe und nur leicht gebogene Lenker sitzt perfekt in den RSD-Risern, die in der Gabelbrücke von speziellen Büchsen geführt sind. Der originale Tacho bekommt eine Halterung und sitzt nun tiefer, direkt und kompakt über dem Rundscheinwerfer. 

Aufgeräumt und tricky: Durch Neopren-Stulpen erhalten Gabel und Lenker eine bulligere Optik. Der Tacho ist zwar original, sitzt aber dank neuer Halterung kompakt überm Scheinwerfer

Damit die Gabel etwas wuchtiger wirkt, erhält sie oben handgenähte Neopren-Stulpen, matte Faltenbälge und einen Gabelbügel von RSD. Außerdem sind progressive und kürzere Gabelfedern Teil des Umbauprogramms. Blinker braucht das Bike übrigens nicht. »In der Schweiz ist die Blinkerpflicht erst seit kurzem wieder für Neufahrzeuge vorgeschrieben«, erklärt Dänu, »Baujahr 2012 fällt da noch nicht drunter.« Die schwarzen Rockerboxen und weitere Parts liefert RSD, sie machen den aggressiven Look perfekt. Die rohe und sich so verfärbende Einrohrauspuffanlage mit den unverputzten Schweißnähten stammt von BSL und verfügt über eine ABE.

Harley-Davidson Softail Blackline mit Crossreifen

Der Solositz und die Rahmenabdeckung werden aus dem Original-HD-Zubehörprogramm geordert und leicht modifiziert. Der wasserdichte und raue Sattelbezug gibt den nötigen Halt. Der seitliche Nummernhalter macht das Heck kürzer, der hintere Crossreifen kommt unter dem knappen Fender besonders zur Geltung. Für ordentliche Bremsleistung sorgen Bremsscheiben und Sättel von PM. Dass sein »Mechanical Bull« vielleicht nicht jedermanns Geschmack trifft, ist Erbauer Dänu bewusst. »Schön ist noch immer, was gefällt. Zum Glück, denn sonst wäre die Customwelt ganz schön arm.« Finden wir übrigens auch und sind durchaus angetan von dieser Schweizer Fahrmaschine.

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.