Ein Boardtracker muss nicht zwingend im Oval gefahren werden, sondern taugt auch für die Straße – wie diese Harley-Davidson Knucklehead.

Harley-Davidson kann auf eine beachtliche Rennhistorie bei Langstreckenrennen, Flattrack- und Dirttrack-Rennen zurückblicken. Die sogenannten Boardtracker wurden auf Oval-Pisten aus Holz bewegt und die legendäre Harley Wrecking Crew räumte so ziemlich alle Pokale ab, die es zu gewinnen gab. Der einzige Wiedersacher war das Team vom großen Konkurrenten Indian, das den Harleyjungs mit seinen Scouts des Öfteren einen Strich durch die Rechnung machte.

Harley-Davidson Knucklehead im Boardtrack-Look

Reini, Chef der Bobber Garage aus Liechtenstein, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den »alten« Bikes aus Milwaukee. Der Plan, einen Racer zu bauen, treibt ihn schon lange um, als Kunde Willi mit seinen Vorstellungen eines Boardtrackers an ihn herantritt. Die Idee ist in seinem Kopf lange ausgereift, Reini scheint der Richtige, sie Realität werden zu lassen. Ein altes Bike soll die Basis werden und im Wesentlichen an die Erfolgsbikes einer längst vergessenen Zeit erinnern. Reini ist begeistert vom Projekt und macht sich an die Arbeit.

Ein zeitgenössischer Umbau muss noch lange nicht mit ausschließlich historischen Parts gebaut werden. Die Springergabel für den Boardtracker kommt von W&W aus Würzburg …

Als Basis verwendet Reini einen leicht modifizierten Wishbone-Rahmen, in den er einen 1200er Knucklehead-Motor setzt. Motor und Getriebe sind komplett überholt und wurden punktuell durch neue Komponenten verbessert. »Ein bisschen mehr Leistung haben wir auch noch rausgeholt«, freut sich der Liechtensteiner. Da Reini bei seinem Umbau keinen Wert darauf legt, dass wirklich jedes Teil original sein muss, verwendet er eine Springergabel von W&W, in der ein 21-Zoll-Rad mitsamt rattenscharfer Benelli-Trommelbremse rotiert.

21-Zoll-Räder vorn und hinten

Für hinten wählt Reini ebenfalls 21 Zoll, das Rad wird auch durch eine Trommel, diesmal von Triumph, verzögert. Und wer denkt, dass die Reifenwahl hinsichtlich der klassischen Aspekte des Motorrades schwierig wird, der täuscht sich. Tatsächlich produziert Firestone immer noch Reifen, die an alte Racingpneus erinnern, aber mit modernen Gummimischungen arbeiten.

Auch mit einem Veteranen der 40er Jahre kann man durchaus gelassen im Verkehr mitschwimmen. Vorausgesetzt, der Umgang mit der alten Technik ist vertraut

Nachdem das grobe Motorrad steht, werden der Lenker, der minimale Heckfender, der Solositz samt Blattfeder sowie diverse Halterungen und Kleinteile auf Maß vom Team der Bobber Garage angefertigt. Die neue Elektrik ist minimalistisch, denn wer kickt, benötigt keinen Anlasser und Blinker sind bei Baujahr 1947 auch in Liechtenstein nicht vorgeschrieben. Weil Reini bekanntermaßen die Linie des Bikes wichtiger als Originalität ist, tut er etwas, was im echten Boardtrack-Zeitalter nicht möglich gewesen wäre.

Tank und Öltank stammen von Indian

Er kombiniert die Harley mit zwei Teilen vom großen Konkurrenten Indian. Tank und Öltank eines Racers von 1928 werden modifiziert und in das »Phönix«-Projekt eingebaut. Und das irritiert gerade die selbsternannten Fachleute. Sie stehen immer wieder neben dem Bike und erzählen ihren Frauen und Kumpeln, wie cool diese Indian doch ist.

Info | bobbergarage.li

 

Frank Sander