So schlicht, so gut – es bestätigt sich unser Verdacht, dass nur ein Japaner ein Motorrad wie dieses bauen kann. Eine Harley-Davidson FXS zum Niederknien!

»Es ist nichts dran und doch alles«, erklärt Hideki Hoshikawa seine Harley mit japanischer Ruhe. Im zehnten Jahr des Bestehens seiner Firma »Asterisk« hat er sie gebaut, deshalb trägt sie auch diesen Namen: Die Zehnte! Früher hat Hideki an Kawasakis geschraubt, heute ist er den Harleys mit Leib, Seele und Schraubenschlüsseln verschrieben. Gemeinsam mit seiner Frau betreibt er Asterisk in Miyagi, etwa 350 Kilometer nördlich von Tokio.

Harley-Davidson FXS – Low Rider mit neuem Rahmenheck

Sein Stil ist nicht zu beschreiben, denn er hat keinen eigenen. Saubere Chopper, provozierende Metallkreaturen, hochbeinige Tracker – alles hat der Mann schon gebaut. Nur eines ist allen Motorrädern aus Hidekis Schmiede gleich, sie verfügen über hervorragend aufgebaute Motoren und eine klare Linie, so verstörend diese auch manchmal sein mag. Fürs Jubiläumsmotorrad dagegen blieb er japanischer Zurückhaltung treu, es war der Wunsch seines Kunden.

Zum Zeitpunkt unseres Shootings war die FXS noch nicht für öffentliche Straßen zugelassen und somit auch nicht fahrbereit. Vielmehr stand sie unmittelbar vor ihrer ersten Bikeshow-Teilnahme und dafür braucht man manche Teile schlicht nicht. Ja, ja, auch Japan hat einen TÜV – einen sehr strengen sogar, wie wir gehört haben

Nummer zehn begann ihr Leben als Harley-Davidson FXS Low Rider, Baujahr 1981, importiert aus den Staaten, um als Basis für den Chopperaufbau zu dienen. Freilich blieb vom Original nicht viel übrig, nicht mal der komplette Rahmen. Das Rahmenheck wurde entfernt, die Federbeine gestrichen. Hideki konstruiert ein neues Heck in Softail-Optik, perfekt designt für ein cleanes Bike wie dieses.

Der Rahmen wirkt nun wie aus einem Guss

Die Rohre für den Heckrahmen wurden von Hand gebogen. Um das Finish perfekt auf den Vorderteil des Rahmens abzustimmen, wurden Teile wie Achsteller und Motorhalterungen neu gestaltet, der Rahmen wirkt nun wie aus einem Guss. Der Mustang-Style-Tank ist eine dreiteilige Sonderkonstruktion, bei der die zwei Tankhälften mit einem gerippten Mittelstück verschweißt wurden, das dieselben Effekte trägt, wie die vorher genannten Rahmenteile.

Das Rahmenheck wurde entfernt, die Federbeine entsorgt. Hideki konstruiert ein neues Heck in Softail-Optik, perfekt designt für ein cleanes Bike wie dieses.

Die Springergabel wurde von Hand poliert. Hingucker sind die Räder, die komplett bei Asterisk entstanden. Gold eloxierte Felgen kombinierte Hideki mit verchromten Speichen und schwarz eloxierten Nippeln. Im Vorderrad bremst eine Kustom-Tech-Minitrommel nur vage, die hintere Scheibe stammt ebenfalls aus der italienischen Teileschmiede.

Harley-Davidson FXS mit S&S-Panhead-V2

Die große japanische Handwerkskunst setzt sich in zurückgezogenen Rabbit Ears fort oder zeigt sich am hinteren eng überm Rad sitzenden Kotflügel, der nur eine einseitige Halterung besitzt. Und schaut euch den polierten, gefinnten Abstandshalter an, der die Position des Primärs festsetzt, dazu eine gebogene, scheinbar schwebende Sitzpfanne, filigran mit dem oberen Rahmenrohr verbunden. Auch den eingesetzten S&S-Panhead-Motor beließen die Japaner nicht original.

Viele Teile ergeben ein stimmiges Gesamtbild. Als Beispiel ist die kleine Trommelbremse zu nennen, deren gerippte Oberfläche sich an den Auspuffendstücken oder der Getriebeabdeckung wiederfindet

Aufgewertet mit neuer Nocke, Zündung, Kupplung und mehr, setzt er das Retro-Thema des Motorrades fort. So erhielten die Zylinder einen Anstrich in dunklem Metallic-Grau, das Gehäuse bekam ein Guss-Finish. Die Abdeckungen für Primärtrieb und Luftfilter entstanden in Handarbeit und greifen die Optik der vorderen Radnabe und des gerippten Motorgehäuses auf.

Der fertige Sitz erinnert an einen Vintage-Fahrradsattel

Nachdem alle Anpassungsarbeiten erledigt und Tank sowie Rahmen unterwegs zum Verchromen waren, war für Hideki Zeit, andere mit Arbeit zu versorgen. Der Lederkünstler Jimmy Dope erhielt die Sitzpfanne, um für sie einen Ledersitz nach Maß zu fertigen. Detailreich setzte er die Vorgaben um, der fertige Sitz erinnert an einen Vintage-Fahrradsattel.

Der Sitz erinnert an einen Vintage-Fahrradsattel

Zurück vom Verchromen erhielten Rahmen und Tank von Makoto ihr Lackfinish in Schwarz mit goldenen Linierungen. Fürs große Finale fertigte das Asterisk-Team einige gedrehte Messingelemente und Instrumente. Fußrasten, Kabelführungen, Bremsschläuche, die entlang der Innenlinien des Rahmens laufen, oder der Tankdeckel sind nur einige der Details, die im eigenen Haus entworfen und gebaut wurden.

Die Harley-Davidson FXS wurde in nur einem Monat umgebaut

Auf den ersten Blick mögen diese kleinen Feinheiten nicht ins Auge fallen, aber im Gesamten ergeben sie eine Stimmigkeit, die uns schlucken lässt. Und damit nicht genug, denn jetzt kommt der wirklich unglaubliche Teil dieser Geschichte. Der Zeitrahmen, in dem Asterisks Zehnte gebaut werden sollte, betrug einen Monat. Der Kunde wollte damit nämlich unbedingt an der Bikeshow in Yokohama teilnehmen. Hideki erfüllte die Vorgaben und erbrachte einmal mehr den Beweis, wie fokussiert japanische Customizer auf ein Ziel hinarbeiten.

Info |  asteris9.com

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.