Ganz nah an Köln, aber eben doch 20 Kilometer von der großen Stadt weg. Da braucht es Ersatzbefriedigung. Wer in Bergheim wohnt, muss ’ne fette Karre fahren, das hat Historie. Oder ’nen Harley-Chopper, wie der Torsten.

Jeder Krieg gegen Bergheim ist ein verlorener Krieg«, ein Filmzitat aus dem unrühmlichen Werk »Ballermann 6« beschreibt ganz gut, was Torsten uns im Gespräch erzählt: »Man erzählt sich, dass in Bergheim das Autotuning in Deutschland seine Geburtsstätte hat«, lacht er und beschreibt, wie er mit den Kumpeln früher auf dem Klappstuhl vor der Esso-Tankstelle gesessen und die Karren beobachtet hat. »Du brauchtest da schon einen Opel C Kadett, um vor der Eisdiele was zu reißen.«

Jugendtraum – Malaguti mit Crossreifen

»Manta Manta« ist der Film, der Bergheim ganz gut trifft, »so war das hier, ganz schön prollig und immer ein bisschen verrufen. Aber irgendwie ’ne Karre zu haben, das war Pflicht.« An Torstens Leidenschaft für Motorräder ist seine Mutter schuld. Der Junge wollte so gern eine Malaguti mit Crossreifen fahren, aber die Eltern erlauben es nicht. »Das hat sich sich irgendwie angestaut. Da ich in meiner Jugend kein Moped fahren durfte, muss das jetzt doppelt und dreifach raus.«

Eigentlich sollten die Auspuffrohre straight nach hinten zielen. »Zu uncool«, fanden die Jungs und bauten sich die Tüten in den Himmel

Torsten ist zwar kein Selbstschrauber, ein cooles Bike ist trotzdem Pflicht. Ein Chopper für den täglichen Run sollte es zuletzt werden. Der Bergheimer kauft sich eine Basis im hohen Norden. Eine Shovelhead, Baujahr 1984, ist es. Eines der letzten Bikes, die mit dem alten Shovel-V2 vom Band gelaufen sind, bevor der Evo-Motor ihn ersetzte.

Ein lieblos aufgebauter Harley-Chopper

Die Linie des schon umgebauten Bikes taugt ihm, die Chopperrichtung ist bereits vorgegeben. Allerdings wurde die Kiste recht lieblos aufgebaut, von schlechten Schweißnähten und jeder Menge Rost berichtet Torsten. Also wird die Shovel komplett auseinandergerissen und neu aufgebaut.

Tank und Gabel stammen von einer Sportster

Den kongenialen, schraubenden Partner für sein Projekt findet Torsten in Namensvetter Thorsten von Deathfield Choppers. Der hat schon mehrfach bewiesen, dass er die alten Linien beherrscht, und darf sich nun an der Shovel austoben. Während bei Deathfield Hand angelegt wird, tingelt Torsten ein halbes Jahr durch die Lande, um die nötigen Teile aufzutreiben.

Harley-Chopper mit Sportster-Tank

Den Sportster-Tank findet er in Holland, bei Ricky de Haas von Wannabe Choppers greift er einen der letzten schmalen Hochlenker ab, das Teil ist eigentlich schon nicht mehr zu haben. Lampe und Rücklicht übernimmt Torsten vom Basisbike, »das Zeug war geil, also kann man es gut behalten.« Die Armaturen kommen dagegen neu von Kustom Tech, die Sitzbank von Spirit Leather.

Ja, hier regnet’s rein. Aber der Shovel pustet das Wasser auch mit ein paar Umdrehungen wieder raus

Und dann darf Deathfield-Thorsten natürlich auch noch zeigen, was er kann. Eine Sissybar, klar, die ist Pflicht – und handgemacht. Noch fetter fällt die Auspuffanlage aus. Zunächst ist geplant, die Rohre nach hinten laufen zu lassen. Aber für die Bergheimer Hood ist das dann doch nicht das Richtige.

Tüten, die gen Himmel reichen

Und für einen echten Chopper schon zweimal nicht. So konstruiert Thorsten Tüten, die gen Himmel reichen. Mit klassischen Fishtails zum Abschluss. »Klar, es regnet rein, aber klar auch, es ist verdammt cool«, grinst Torsten. Für das Finish der Shovel fehlt nun noch eine passende Lackierung auf dem Tank. Der Job wird von Royal Customs in den Niederlanden erledigt.

Der Lenker von Wannabe Choppers sieht zwar cool aus, ist aber verdammt schmal. Leichtes Handling ist definitiv was anderes

Der perfekte Auftritt für den Run durchs Monaco von Köln – einst wurde Bergheim von einem Fernseh-Comedian so bezeichnet – ist damit erledigt. Der Auftritt vor Eiscafé und Esso-Tankstelle ist cool genug, um gegen die C-Kadetts zu bestehen. Und trotzdem, Torsten fühlt sich zu höherem berufen. »Einmal mit ’nem Moped in Köln den Dicken machen, das wär’s schon.«, meint er ironisch. Deshalb wird die Shovel weichen müssen, Geld und Platz für ein neues Projekt müssen her. Und dann raus aus der Provinz, in die große Stadt, auf zwei Rädern.

Info | dfc-choppers.com

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.