Behutsam baute Ralf Eggl in den vergangenen Jahren seine Firma Woidwerk auf. Ebenso behutsam widmete er sich dem Bau seiner BMW R 80.
Ralf startete klein, einen Tag die Woche baut er am Anfang an Motorrädern, neben dem Job und der Familie. Er steigert sich langsam, aus einem werden zwei, dann drei Tage, immer ein bisschen mehr. Er ist ein langer Fan der Szene, einst infiziert durch den Großvater, in dessen Werkstatt Ralf von klein auf Motorradluft schnupperte.
Freilich ist er nicht ganz unbeschlagen vom Thema, als es später an die Berufswahl geht. Handwerksmeister der Kraftfahrzeugtechnik darf sich Ralf nach erfolgreicher Ausbildung nennen, im Hauptberuf sammelt er seine Erfahrungen beim Karosserie- und Fahrzeugbau. Eine Honda Fireblade hatte vor mehr als zehn Jahren den Blick fürs Customizing geöffnet, untypisch hatte er einen Cafe Racer aus ihr gemacht. Dann kamen die BMWs und der langsame Aufbau der eigenen Werkstatt. Sinnvoll und Schritt für Schritt, anstatt übermütig gleich alles auf eine Karte zu setzen.
Moderne BMWs stehen nicht im Fokus
Wie viele in den letzten Jahren nimmt er sich BMWs Zweiventiler vor. »Mich interessieren schon auch andere Bikes«, sagt er, »aber irgendwie hab ich den BMW-Stempel weg.« Woidwerk nennt er seine Werkstatt, den Bezug zum tiefsten bayerischen Wald, in dem der 35-Jährige lebt, ist klar. Die modernen BMWs stehen nicht in seinem Fokus, wegen der älteren Zweiventiler kommen die Kunden.
Ralf hat sich seinen Stamm aufgebaut, baut im Auftrag auf und an und um. Bis die Zeit reif ist für ein Motorrad, bei dem nicht Vorstellungen und Budget des Kunden, sondern die eigenen optischen Wünsche im Vordergrund stehen sollen. »Einfach mal zeigen, was man kann«, so Ralf. Dabei entstehen alle selbstgefertigten Teile in der eigenen Werkstatt und unter modernen Gesichtspunkten, trotzdem handgemacht in der kleinen Manufaktur.
Der Lenker als Ausgangspunkt
Ausgangspunkt des Woidwerk-Projekts ist tatsächlich der Lenker, den wohl nur wenige Customizer als das Teil beschreiben würden, das den Rest des Umbaus bestimmt. In Ralfs Fall war klar, der Lenker einer BMW R 1200 RS muss es sein, viel Arbeit soll nach dieser Festlegung in das Frontend des Bikes fließen. Die Gabelbrücken sind eine Eigenkonstruktion, auch der CNC-gefräste Gabelstabi zur Aufnahme des Kotflügels kommt aus dem eigenen Haus.
Überhaupt die Gabel. Die Standrohre gekürzt und die Tauchrohre um 180 Grad verdreht – die Bremssättel liegen hinten –, dazu Wilbers-Innereien und diverse Alu- und Edelstahl-Gabelblenden, die in Krümmerfarbe gefärbt wurden. On Top die Lampe, Nachbau des beliebten Harley-V-Rod-Scheinwerfers, das Ledercover abnehmbar. Die Krümmer baut er selbst, verlegt sie filigran unterm Eigenbau-Heckteil des Zweiventilers, Hattech-Endtöpfe geben das Finish, lugen frech unterm knappen Sitz hervor.
BMW R 80: Carbon statt CNC
Eigentlich sollte hier ein CNC-gefrästes Cafe-Racer-Heck samt Höcker den Ton angeben, das Ralf später auch als Einzelteil zum Verkauf anbieten wollte. Er tat gut daran, sich von seinen Gefühlen leiten zu lassen und sich für die weitaus knackigere Version einer Carbon-Grundplatte mit dezenter Polsterung zu entscheiden. Der hochgelegte Originaltank unterstreicht die leicht aggressive Linie eines echten Sportbikes.
Die Räder bleiben original, werden aber lackiert und mit etwas breiteren Reifen bestückt. Dass die Lackierung in den traditionellen BMW-Motorsportfarben – in Metallic und mit Perleffekten – erfolgt, ist konsequent und passt perfekt zum Motorrad. Das übrigens trotz Arbeiten am Fahrwerk völlig legal unterwegs ist, alle Einzelschritte während der einjährigen Bauphase hat Ralf mit seinem TÜV-Prüfer abgestimmt. Lediglich der offene Luftfilter könnte baujahresbedingt noch Probleme machen, das kleinere Übel für den Customizer.
Auch mit mehr Power machst du aus der BMW R 80 kein sportliches Motorrad mehr
Den Motor der R 80 lässt Ralf übrigens unverändert. Natürlich wäre ein Upgrade mittels Power-Kit eine Option gewesen, aber der Customizer betrachtet das nüchtern: »Auch damit machst du daraus kein sportliches Motorrad mehr, das gibt die einfach nicht her.« Deshalb eben volle Konzentration auf Optik, und die hat uns voll und ganz überzeugt.
Info | www.woidwerk.com
Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.