Mechanisch einwandfrei, optisch stimmig, Christians BMW R 45 ist ein wahrlich sauberes Gerät. Da muss sich am Ende sogar der bayerische TÜV geschlagen geben.

Dass die Motorradtreffen in den letzten Jahren regelrecht mit BMW-Umbauten überschüttet wurden, ist kein Geheimnis. Allerdings, viele der Bikes ähneln sich und oft machten wir die Beobachtung, dass zum Teil auf Krampf gebaut wird, was dem Besitzer am Ende nicht so recht passen will. Wie die berühmten Affen auf den Schleifsteinen sehen sie dann aus, die stolzen Besitzer von Scramblern und Cafe Racern auf Basis der Bajuwaren-Boxer mit den hohen Sitzpositionen.

Das Budget für den Umbau ist nicht allzu hoch gesteckt

An lange Fahrten nicht zu denken. Christian aus dem bayerischen Amerang geht seinen Umbau anders an, stimmiger soll er werden und auf seine Größe von 1,65 Meter angepasst. Da scheidet ein hoher, sportlicher Umbau fast schon von allein aus. Dazu ist das Budget für den Umbau nicht allzu hoch gesteckt, aber immerhin, das Können, das ist vorhanden.

Das Motorgehäuse eisgestrahlt und schwarz lackiert, die Oberflächen geschliffen und klar lackiert. Das Tanklogo enthält den Hinweis auf Christians »Horsegarage«. In dem ehemaligen Pferdestall entstanden in den letzten Jahren diverse Projekte

Christian ist gelernter Kfz-Mechaniker, auch wenn er in diesem Beruf schon länger nicht mehr arbeitet. Vor zwei, drei Jahren packt ihn die Schrauberei aber doch wieder, denn was man fertig kaufen kann, gefällt ihm selten. Also selbst machen, rein privat baut er mit einem Freund in der gemeinsamen »Horsegarage«, einem ehemaligen Pferdestall, Motorräder um. Mit BMWs hat er bereits Erfahrung, mehrere liefen schon durch seine Hände, ein Faktor, der auch beim aktuellen Umbau helfen soll.

BMW R45 – Mit dem Herz der R 100 S

»Die alten Boxer sind ja immer gleich, einfache Technik, das beherrsche ich. Dazu kann ich für manche Dinge Schablonen von früheren Umbauten nutzen«, erklärt er. Als Basis ersteht er eine R 45 mit Motorschaden, kein Problem, an der Leistung möchte er sowieso drehen. Zunächst probiert er es mit einem 850-Kubik-Kit, ein Zufall hält aber eine noch bessere Möglichkeit parat. »Ich konnte aufgrund einer Projektaufgabe günstig einen Motor aus einer R 100 S erstehen, da war der Tausch schnell beschlossene Sache.« Viel machen muss er am Aggregat nicht, der Boxer wird überholt, das Gehäuse eisgestrahlt und anschließend schwarz lackiert.

Um die BMW auf die Größe ihres Besitzers anzupassen, wird sie insgesamt tiefer gelegt. Im Heck sind die Dämpfer direkt an den Zentralrahmen angelegt, vorn wird die Gabel gekürzt

Um die gewünschte kompakte Optik samt niedriger Sitzposition zu erreichen, muss Christian zwangsläufig Änderungen am Fahrwerk vornehmen. Der Heckrahmen wird entfernt, die Anlenkung der Cross-Stoßdämpfer direkt an den Zentralrahmen gelegt. Die notwendige neue Aufnahme für den Sattel konstruiert der Bayer selbst. Auf die BMW-Alufelgen gibt es 18-Zoll-Firestones. Um das Gesamtbild im Gleichgewicht zu halten, ist auch an der Front Arbeit nötig, die Gabel muss ein paar Zentimeter tiefer.

Massive Gabelcover geben der Front der BMW R 45eine völlig neue Optik

Dazu hegt Christian eine Vorliebe für die massiven Gabelcover von Harley-Davidson, »sowas gibt der Front gleich eine völlig neue Optik«, sprichts und baut sich selbst die wuchtigen Abdeckungen. Zwischen den Holmen scheint der Klarglas-Scheinwerfer im Eigenbau-Gehäuse. Die stimmige Gesamtlinie rundet der Tank einer Honda CB 250 perfekt ab.

Tasterschalter im Lenker und selbstgedrehte Alu-Griffe – die meiste Arbeit steckt in kleinen Details

Besondere Arbeit machen wie so oft die vielen kleinen Details. »Die Knöpfe der Motogadget-Intrumente in den Lenker zu bauen war schon echt übel«, gesteht Christian, »da habe ich drei Tage lang nur geflucht.« Schlimmer noch erwischt es ihn mit den Griffen. Die dreht und schleift er aus Alu selbst, überzieht sie mit Leder. »Hätte man an sich auch so kaufen können und viel Arbeit gespart. Aber hey, das macht doch Customizing aus, oder?« 

Um die rohe Optik zu erhalten, wird das Bike nicht lackiert

Auch Kennzeichenhalter, Tachoaufnahme und Schutzbleche baut er selbst. Um die rohe Optik zu erhalten, wird das Bike nicht lackiert, sondern die Oberflächen »nur« geschliffen und klar gepulvert. Punktuelle Messingdetails und Linierungen vollenden das Gesamtbild. Dass das ohne das Zutun von fähigen Leuten nicht funktioniert hätte, weiß Christian, sein Dank ist seinen Mitstreitern Thomas, Alex und Robert sicher.  

Dicker Boxer und schmale, vollgetankte 170 Kilo. Dazu eine Sitzposition wie im Bilderbuch – Christian hat sich einen Anzug geschaffen, der ihm nicht nur wie angegossen passt, sondern dazu noch Spaß macht

Mitsamt Motorrad und einem dicken Ordner voll mit Gutachten, Bescheinigungen und sonstigem Papierkram macht sich Christian auf den Weg zur Prüfstelle. Die hat nur wenig zu meckern, ein paar leichte Nacharbeiten sind nötig, dann gibt es die ersehnte Zulassung. Dass sich die Umbaukosten durch viel Eigenleistung und nach dem Verkauf von Originalteilen auf überschaubare dreieinhalb Tausend Euro belaufen, macht die Sache zusätzlich rund.

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.