Nahezu jeder motorradbegeisterte Mittvierziger ist wohl schonmal mit einer Suzuki DR 800 Big in Berührung gekommen. Aber den Wenigsten dürfte die schnabelige Enduro bisher als Cafe Racer begegnet sein.

Familiär vorgeprägt könnte man Marks Motorradkosmos beschreiben. Der Vater war es, der den Jungen in die richtige Richtung brachte. »Seit ich 15 bin, fahre ich legal Motorrad und vorher … naja«, Mark grinst. Die Magazine, die der Vater anschleppte, hat er schon früh verschlungen. Da die Hefte in der Regel klassische Bikes zeigten, er Fighter irgendwie zu bunt und kitschig fand und der erste Bobber-Umbau auf XT-Basis nicht das ganz Gelbe vom Ei war, verstärkte sich zunehmend der Wunsch nach einem Cafe Racer. »Dieser Umbaustil geht immer, ist zeitlos schön, passt einfach«, sinniert der Privatschrauber.

Suzuki DR 800 Big – Immer noch der größte Großserien-Eintopf

Sein Beruf ebnet ihm freilich Wege auf dem Weg zum Wunschbike. Industriemeister ist er, Fachrichtung Metall. Dass er sich eine ungewöhnliche und selten genommene Basis für seinen Cafe Racer genommen hat, ist bemerkenswert, aber Mark erklärt: »Triumph, Norton, Ducati nimmt jeder für einen solchen Umbau, ich wollte es anders. Und hey, immerhin ist der Motor der Big immer noch der größte Großserien-Eintopf.« Zudem muss man anfügen, dass ein Bike wie die DR durchaus eine günstige Basis ist, deren Krankheiten im Fahrwerk und sicher nicht im Motor liegen.

Einblicke: Hier seht ihr gleich auch die Werkstatt, in der die Cafe-DR entstanden ist. Professionelle Metallbearbeitung ist hier kein echtes Problem

So ließ Mark den auch im Urzustand, kümmerte sich lieber um die Linien seines Racers. Und der sollte im Vergleich zur Serie deutlich näher an der Straße liegen. Die Heck-Tieferlegung erfolgte an Heckrahmen oben und Umlenkung unten, 74 Zentimeter beträgt die neue Sitzhöhe, 12 Zentimeter tiefer als bei der Serien-Big. Auch für einen optimalen Abschluss an der Höckersitzbank waren Rahmenänderungen notwendig. Und auf ein Cafe-Racer-Merkmal verzichtete Mark bewusst. Statt des obligatorischen Stummellenkers gab es einen bequemen Superbike-Lenker, der in Verbindung mit der aufrechten Sitzposition absolut überzeugt. Nur ist die Suzi dann eben eher Roadster, als Cafe Racer.

Suzuki GSX-R-Frontend statt schwammiger Enduro-Gabel

Die Sitzbankpolsterung besteht aus einer Moosgummiplatte, der Lederüberzug wurde vom Sattler genäht, ebenso wie die traditionellen Lederriemen, die über den Tank laufen. Die Sattlerarbeiten waren übrigens die einzigen Fremdleistungen am Mopped, alles andere stammt aus Marks eigenen Händen. Um die schwammige Enduro-Gabel des Originalbikes zu ersetzen, griff der Youngster zu stabilem Material. Das Frontend einer Suzuki GSX-R hält das Vorderrad, ebenfalls Gixxer-Material, im Zaum. Mit den strammen Komponenten des Superbikes taugt die Big hervorragend zum Alltagsracer und legt den Mantel der Rumräuberenduro gründlich ab.

Damit die Wade nicht an den Highpipes schmort, bastelte sich Mark ein Hitzeschutzblech

Den Tank, den Mark auf einem Oldtimermarkt findet, passt er an und bringt ihn ins ursprüngliche Metall zurück. Lediglich gebürstet und anschließend klarlackiert markiert er den klassischen Cafe-Racer-Stil. Elektrik und Armaturen werden auf Minimalmaße reduziert, die vorderen Blinker sitzen in den Spiegeln, hinten gibt es Winz-Kellermänner. Fender werden weggelassen, Fußrasten selbst gebaut. Der TÜV hält übrigens die Hand über alles, nickt Marks Arbeit freundlich ab und gibt vollste Zustimmung zum Straßeneinsatz.

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.