Mit der Indian Scout Bobber hat Indian ein wahrhaft schnittiges Gerät im Portfolio. Dass es durchaus noch schnittiger geht, zeigt dieser Umbau von Wunderkind …

Einmal im Jahr verwandelt sich das beschauliche Neukirchen am Großvenediger in den »Club of Newchurch«, rocken 15000 Biker ein Wochenende lang den Ort und frönen ihrer Motorradleidenschaft – zumindest, wenn nicht gerade ein mieses Virus die halbe Welt lähmt. Neben dem umfangreichen Programm gehörte dazu auch immer ein Newchurch-Bike, das von einem ausgewählten Customizer gebaut und am Abend dem Publikum präsentiert wird. Für die dritte Ausgabe baute der südbadische Spezialist Wunderkind-Custom einst die »Newchurch Three«.

Vertriebsleiter Detlef Achterberg mit Wunderkind-Bobber

Wunderkind-Custom wollte eigentlich nur einen Stand buchen, um vor Ort präsent zu sein, doch dann kam noch eine ganz besondere Aufgabe hinzu. In einem Gespräch fragt der Veranstalter kurzerhand, ob man sich vorstellen könne, das Bike zur dritten Auflage des Club of Newchurch zu bauen. Für die Firma aus dem südbadischen Breisach kein Problem, schließlich kennt man sich bereits von der Vorgängerveranstaltung, den Tridays. Zudem ist mit einer Indian Scout Bobber bereits ein Bike im Haus, an dem man sowieso verschiedene Ideen umsetzen wollte.

Auf keinen Fall Oldschool

»Die Zeit passte und wir hatten sowieso schon einige Teile für die Indian in Vorbereitung«, erklärt Vertriebsleiter Detlef Achterberg die schnelle Entscheidung, das Motorrad in einem sehr kurz gefassten Zeitraum umzubauen. »Ideen waren reichlich vorhanden, während der Umbauphase haben wir diese noch verfeinert. Unser Ansatz war, die Linie der Indian Scout Bobber zu vollenden. Auf keinen Fall sollte es in Richtung Oldschool gehen, das hätte nicht zum Wesen des Bikes gepasst.« So stand am Ende ein täglich fahrbares Custombike im Lastenheft und kein Showstepper, der sein Dasein nur zu Präsentationszwecken fristen würde. Gleichzeitig sollte die Indian auch Teileträger für selbstentwickelte Parts sein und als Inspiration für Kundenumbauten dienen. »Alle Teile sollten zugelassen und käuflich sein«, ergänzt Geschäftsführer Christian Mehlhorn.

Allein durch den Wegfall der elend langen Serientöpfe ist schon viel gewonnen

Eine der wesentlichen Änderungen betrifft das Heck, das beim Original schon kurz gehalten ist, den Breisachern aber noch nicht genug bobberlike daherkommt. Entsprechend verbaut man einen mitschwingenden Heckfender und verzichtet damit auf die Soziustauglichkeit. Heckstreben mit integrierter Rück-/Bremslicht-Blinker-Kombination aus dem hauseigenen Katalog halten die Linie schlank und bieten gleichzeitig eine optimale Lösung für die Platzierung der Beleuchtungseinrichtung. Auch der seitliche Kennzeichenträger stammt aus eigener Entwicklung.

Scheinbar freischwebender Sitz

Am auffälligsten ist allerdings die Sitzlösung. In der Regel ziert ein Federsattel einen Bobber, aber da Oldschool unerwünscht war, musste eine andere Lösung her. Die kommt in Form eines fürs Auge scheinbar freischwebenden Sitzes daher, der ursprünglich an einer Triumph Bobber verbaut war und nun auf ein neues Einsatzgebiet wartet. »Die Anpassung war allerdings aufwendig«, gesteht Detlef Achterberg. »Um das Gewicht unterschiedlicher Fahrer zu tragen, mussten wir für den Unterbau einen massiven Keil aus hochfestem Aluminium entwickeln. Das große Plus: Das Gestühl ist verstellbar und fügt sich nun bestens in die Linie des Bikes, ohne wie ein Fremdkörper zu wirken.

Aus dieser Perspektive sieht man, wie stimmig die Proportionen des Wunderkind-Umbaus sind

Und da es Bobberfahrer etwas lässiger angehen lassen und die Beine gerne auch mal austrecken, kommt nun eine vorverlegte und vor allem dreifach verstellbare Fußrastenanlage zum Einsatz. Der Tank indessen bleibt, ebenso wie der Motor, unangetastet. Lediglich für den Kühler wird eine spezielle Verkleidung konstruiert. Anders sieht es bei der Auspuffanlage aus. Da in der Kürze der Zeit nichts wirklich Befriedigendes auf dem Zubehörmarkt zu bekommen ist, übernimmt Auspuffspezialist G-Parts die Konstruktion einer neuen Abgasanlage, deren Endtopf genau am Sitz endet.

Scheinwerferverkleidung mit LED-Einsatz

Um dem Bike ein Gesicht zu geben, entschließt man sich, der originalen Scheinwerferverkleidung ein neues Innenleben zu schenken, doch so weit kommt es nicht. Dazu Detlef: »Wir hatten noch eine Scheinwerferverkleidung im Fundus, die aussah, als ob sie passen könnte. Letztlich mussten wir sie aber aufwendig modifizieren, damit sie an die Indian passte. Ein LED-Einsatz sorgt nun für eine zeitgemäße Ausleuchtung.« Eine schlichte Lackierung, die Künstler Lackmuss übernimmt, unterstreicht den dezenten Auftritt. Die Bobber schimmert nun in Silber, untermalt von schwarzen Flächen, roten Applikationen und dem Indian-Logo auf den Tankseiten.

Die Bobber kann auch dynamisch

»Die Umsetzung in wenigen Wochen und die Entwicklung der verschiedenen Teile war schon etwas stressig«, blickt Christian Mehlhorn zurück. »Doch abschließend hat sich der Aufwand für das Projekt gelohnt«, ergänzt Detlef Achterberg. »Wir hatten nach der Präsentation viele Anfragen von Indian-Besitzern, die sich hauptsächlich für den Heckumbau und den Sitz interessierten.« Da passt es doch mehr als gut, dass alle Teile zulassungsfähig sind und aus eigener Produktion stammen, und mit der »Newchurch Three« steht das richtige Objekt nicht nur zum Anschauen und Anfassen bereit, es wird auch gefahren.

Info | wunderkind-custom.com

 

Christian Heim