Jeremy Cupps rohes Speedtrack-Bike ist ein Hybride aus dem Eintopf der Buell Blast, Triumph und Ducati. Ein echter Knaller, bei dem es lohnt, genauer hinzuschauen.

»Es war Kritik an meiner Arbeit, die mich dazu trieb, dieses Motorrad zu bauen. Es war eine Challenge, um zu beweisen, was ich wirklich kann«, erzählt Jeremy Cupp rückblickend. Der Redakteur eines Motorradmagzines stellte in einem Artikel seine Fähigkeiten in Frage. Dabei hat Jeremy schon einiges in Sachen Custom vorzuweisen.

Jeremy baut regelmäßig Projektbikes

Mit seiner Firma »LC Fabrications« in Virgina vertreibt er Motorradteile für Yamaha, Triumph und Harley. Mit japanischen Bikes hat er früh Erfahrungen gemacht, später konzentriert er sich auf Triumphs und Harleys. Von Beginn an baut Jeremy regelmäßig Projektbikes, die sein Können außerhalb des Teilehandels demonstrieren sollen. 

Die eng angestellte Gabel mit den Showa-Federelementen wird zum brachialen Hingucker

Die Bikes sind anders als andere, mal ein grobkantiger Eyecatcher mit Schneeketten, mal relativ gewöhnlicher Scrambler-Stil. Sein bekanntestes Bike wird die »TT Deluxe« auf Triumph-Basis, die es immerhin zum sechsten Platz der Custom-Weltmeisterschaft schafft, aber auch ein typisches Exemplar der Schublade »Geschmackssache« bleibt.

Kein Talent für fließende Formen?

Und dann diese eine Bikeshow. Jeremy wird in einem Interview gefragt, warum seine Markenzeichen – die Tanks seiner Bikes – oft so eckig sind. Und er gesteht ein, einfach zu wenig Talent in Blechbearbeitung zu haben, um fließendere Formen hinzubekommen.

Jeremy Cupp plant aktuelle eine Fertigung der »Hydro-Springer« in Kleinserie

Den Artikel, der darüber veröffentlicht wird, konzentriert sich in Jeremys Augen einzig und allein auf diese Aussage und erzählt schließlich aller Welt, was er NICHT kann. Jeremy beschließt noch am selben Tag, ein Motorrad zu bauen. Nicht nur eines, das alle Kunst der Metallbearbeitung zeigt, sondern das Ganze auch noch in poliertem Aluminium und mit einem besonderen Motor.

Eine Reminiszenz an die alte Rennszene der 30er Jahre

Zwei Jahre später ist sein Werk vollendet. Sein Motorrad soll eine Mischung aus klassischen Maschinen sein, Reminiszenz an die alte Rennszene der 30er Jahre und eine Demonstration alter Handwerkskunst. Viele Aufgaben, Jeremy arbeitet sie Schritt für Schritt ab.

Beim seitlichen Blick aufs Bike, erscheint der Tank als unter dem Rahmen eingehängtes Element. Erst der Blick von oben zeigt, wie die zwei Tankkhälften ihre Verbindung über dem Oberrohr eingehen

Den Mix der klassischen Rennmotorräder schafft er im Herzstück seines Umbaus. Der Einzylinder einer Buell Blast – einst als günstiges Einsteigerbike von Harleys Tochtermarke aus East Troy lanciert – bildet die Basis des komplett neu aufgebauten Motors.

Der Eintopf stammt aus einer Buell Blast

Jeremy hatte schon lange die Arbeit von Chris Barber bewundert, der für seine »Desmo Harley« den Milwaukee-V2 mit den Köpfen einer Ducati 900 SS kombiniert hatte. Cupp ging noch einen Schritt weiter: Er entschied sich, dem Einzylinder den bearbeiteten Zylinderkopf und den Steuerriemen einer 750er Ducati zu verpassen.

»Seven« ist das siebte Motorrad, das als komplettest Projekt bei LC Fabrications gebaut wurde. Bisher zeichneten sich die Bikes der Schmiede durch eckige Tanks und grobe Formen aus, hier ist alles anders

Außerdem verbaut er das modifzierte Getriebe einer Pre-Unit Triumph Baujahr 1959, versehen mit der hydraulischen Kupplung aus einer aktuellen Triumph. Ein Kunstwerk von Motor entsteht, es ist die gewünschte Kombination aus drei besonderen Motorrad-Renn-Generationen, schon hier läuft uns der Techniksabber aus den Mundwinkeln.

Der Motor der Buell Blast kommt in einen Eigenbau-Starrrahmen

Doch Jeremy Cupp setzt noch einen drauf. Er packt seinen Motor nicht nur in einen selbstgefertigten Starrrahmen mit einfachem Unterzug, sondern haut eine eng gestellte Telegabel mit außen angebrachten Federn dazu. Deren Federung entsteht aus zwei hinteren Showa-Federbeinen.

Sitz, Tank, Öltank, Fender und mehr entsehen aus leichtem Aluminium – es erfordert unendliche geduld, das Material per Hand in die gewünschten Formen zu treiben. Auch das Polstern der Sitzbank übernimmt der Customizer, lernt dafür nähen

In zahllosen Stunden treibt er aus rohem Aluminium den Tank, der der wohl der kleinste und filigranste ist, den er je gebaut hat. Dazu lernt Jeremy das Handwerk des Metalshaping, also die Blechbearbeitung, von Grund auf. Er investiert jede freie Minuten, um zu üben, bevor er final das Projekt Tank angeht und zu Ende bringt.

Das Polstern bringt sich Jeremy selbst bei

Er fertigt außerdem einen Öltank, der die Verrippungen des Motors als Stilelement aufnimmt. Dazu kommt eine kleine Sitzbank, die die runde Form des Tanks fortführt. Das Polstern bringt sich Jeremy selbst bei, kauft sich eine Nähmaschine und lernt nähen.

»Ich habe mich optisch an den Rennmaschinen der 30er-Jahre orientiert, wollte aber auch ein Zusammenspiel besonderer Motoren haben. Ich glaube, der Spagat ist mir gelungen«

Auch die Räder sind Eigenanfertigungen, immerhin mit Harley-Naben. Die im Heck verbaute Perimeter-Bremse hatte Jeremy schon bei vorherigen Projekten favorisiert. Wir würden euch gerne auch irgendwas präsentieren, das nicht bei LC in Virginia entstanden ist, aber da ist nix.

Ein hundertprozentig handgemachtes Custombike

Jeremys Bike ist ein hundertprozentig handgemachtes Custombike, aufgebaut über einen Zeitraum von zwei Jahren und am Ende sein Masterpiece. Es wird kaum jemand noch jemals behaupten, dass dieser Jeremy Cupp keine Blechbearbeitung kann, ganz sicher nicht.

Info |  lcfabrications.com

 

 

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.