Der Cocksucker Run: Wir begleiten eine Motorradtour unter Freunden … mit fragwürdigem Namen, aber besten Absichten

Jedes Kind braucht einen Namen, egal ob er Sinn macht oder nicht. Liebe Chantal, lieber Kevin, ausnahmsweise geht es heute mal nicht um euch. Es geht um eine Tour mit einer Hand voller Freunde, ihren Kisten und reichlich Zweiradkulturtourismus. Wir sind zwar weltoffen und bunt, aber als uns der Bericht zum »Cocksucker Muschi Run« – wir haben den vollständigen Namen in der Überschrift unterschlagen – angeboten wurde, hatten wir doch leichte Zweifel, ob das ernst gemeint war. War es absolut, wie wir uns erklären ließen. Die Namensfindung geht Gerüchten zufolge auf einige im Preis deutlich reduzierte Patches auf der Custombike-Show in Bad Salzuflen zurück. Wie das so ist, ab einem bestimmten Alkoholpegel kauft man schneller und unkontrollierter, und schon hatten die Cocksucker ihren Namen.

Irgendwo südlich von Ceské Budêjovice liegt das Basiscamp der Cocksucker. Vollausstattung, aber kein WLAN. Wohltuend und ein guter Grund, sich ausreichend Kartenmaterial zu besorgen, um die Tagestouren zu planen

Die erste gemeinsame Tour führte die Cocksucker an die Ostsee und fand unter dem Namen »Cocksucker-Barth-Run« Einzug in die Geschichtsbücher. Und auch ein Jahr später gingen sechs Herren gemeinsam auf Moppedtour. Eigentlich sollten es mehr sein, aber wie das so ist … die hatten entweder Schnupfen, fürchteten den Regen, das Mopped war kaputt oder Mutti hatte es nicht erlaubt. Muschis, ihr wisst schon. Also blieben eben jene sechs übrig und starteten mitsamt einer Panhead, einer FXR, zwei Street Bobs, einer Sporty im Softailrahmen und dem Quoten-Spaßgerät KTM 390 in die Sommerfrische auf zwei Rädern. Nun könnte man natürlich ganz entspannt auf ein angesagtes Treffen an der französischen Atlantikküste bügeln oder eine der unzähligen und sich doch irgendwie immer wiederholenden Partys oder Shows fahren. Aber das ist ja nicht Cocksucker-Like.

Ein Unterschätztes Reiseziel

Diesmal soll die ganze Geschichte etwas internationaler und spannender werden. Und wie bei jeder Reisegemeinschaft findet sich immer ein »Opfer«, das perfekt zu Planung und Organisation verdonnert werden kann. In diesem Fall wird Hagen komplett freie Hand gelassen und so geht es in unser wunderschönes und immer wieder unterschätztes Nachbarland: Die tschechische Republik. Neben schlechten Zigaretten und viel zu billigen Frauen hat dieses Land wirklich mehr zu bieten. Nette Menschen, eine wunderschöne Natur, viel und leckeres Essen, anspruchsvolle Straßen und – ein nicht zu unterschätzender Faktor – überschaubare Preise. Als Basiscamp wird ein Ferienhaus irgendwo südlich von Ceské Budêjovice, besser bekannt als Budweis, gemietet. Günstiger Mietpreis, Vollausstattung, ein netter Vermieter, der nicht ein Wort Deutsch oder Englisch spricht und, das Wichtigste, kein WLAN.

Eine Runde Slibowitz für die Dorfgemeinschaft und schon sind die Fremden akzeptiert

Volle Konzentration auf das Wesentliche, also: Nahrungsaufnahme, Routenplanung und die abendliche Bike-Instandsetzung. Zu schrauben gibt es nämlich immer etwas, vor allem, wenn man ausschließlich auf Customgestühl und nicht auf Serientourern unterwegs ist. Schon bei der Anreise wird eines klar, ohne vernünftiges Kartenmaterial oder ein ordentliches Navi ist Tschechien ein wirkliches Abenteuer. Immerhin finden die Herren Selbstversorger den Weg zum Supermarkt auf Anhieb, wobei die hier in der Provinz eher kleine Tante-Emma-Läden sind, die aber mit Fleisch, Brot und Bier die Grundversorgung der Reisegruppe herausragend gewährleisten.

Cocksucker Run – Es kann so simpel sein

Außerdem punktet Tschechien mit einem gut ausgebauten Straßennetz, auch außerhalb der großen Städte, und fast vergessenen Spritpreisen. Auch die Ammenmärchen der wegelagernden Polizei bestätigten sich nicht. Die Rennleitung ist zu keinem Zeitpunkt in Sichtweite und da sogar das alkoholfreie Bier hier wirklich trinkbar ist, ist auch die NullPromille-Grenze kein echtes Problem. Und so werden jeden Tag neue Routen gefahren – egal ob Schlösser, Stauseen oder Museen, es findet sich fast an jeder Ecke irgendwas zu gucken. Auch das Abendprogramm gestaltet sich einfach. Ein Dorf, zwei Kneipen und ein paar deutsche Motorradjungs genügen.

Gnadenlos unterschätzt: Unser Nachbarland Tschechien punktet mit einem gut ausgebauten Straßennetz, ganz viel Kultur, ordentlich gebrautem Bier und günstigen Unterkünften. Auch die Schauermärchen über wegelagernde Polizei erwiesen sich als übertrieben, unsere Jungs zumindest haben keine getroffen

Da sich die Kneipen in ihren Ruhetagen abwechseln, steht für jeden Abend nur eine Lokalität zur Verfügung. Die Dorfgemeinde braucht nur eine Runde Slibowitz und schon sind die Fremden akzeptiert. Einfache Sache, die nur ein Fazit zulässt: Die tschechische Rebuplik ist definitiv eine Reise wert. Wo sich die Cocksucker in den nächsten Jahren rumtreiben, steht übrigens noch nicht fest, ein entspannter Ausflug wird es aber sicher. Macht es ihnen einfach nach, organisiert ein paar Jungs und macht ’nen Männer-Kurzurlaub nach dem »Back to the Roots«-Prinzip. Und vergesst ja nicht, uns Bescheid zu sagen. Ist uns nämlich immer ein Fest, über sowas zu berichten.

Carsten Heil, hat die typische Zweiradkarriere der 80er-Jahre-Jugend durchgemacht: Kreidler Flory (5,3 PS), 80er-Yamaha DT und mit achtzehn dann die erste 250er Honda. Nach unzähligen Japanern über Moto Guzzi ist er dann schließlich bei Rohrrahmen-Buell gelandet. Seit 1992 mit Fotoapparat und Schreibgerät in Sachen Kradkultur unterwegs.