Wie viele japanische Youngtimer gilt auch die Yamaha XS 650 als robustes Krad, der Paralleltwin als unanfällig. Vielmehr kämpft ein so klassisches Modell dagegen mit den üblichen Verschleißerscheinungen eines vierzig und mehr Jahre alten Motorrades. Wir erklären, worauf ihr beim Kauf beziehungsweise der Inbetriebnahme achten solltet.

Yamaha XS 650 – Der Motor

Die gute Nachricht zuerst: Der Twin der XS ist kaum totzukriegen, sechsstellige Laufleistungen in der Regel kein Problem. »Selbst mit der gern verschlissenen Kupferbeschichtung im Pleuellager läuft der noch munter weiter«, erklärt uns Jürgen Knübben, XS-Experte in seiner »Twins Garage«. Lediglich die Ölpumpe verschleißt hin und wieder durch Metallabrieb, den das grobmaschige Ölsieb nicht effizient herausfiltert. Trotz seiner eigentlichen Robustheit birgt der Motor aber Gefahrenpotenzial. Denn er ist aufgrund seiner Bauform ein echter Gleichläufer und rüttelt damit, was das Zeug hält. Sämtliche Teile, die sich losvibrieren können, tun das in der Folge auch gern – inklusive aller Schraubverbindungen. Und die wurden im Lauf der Jahre meist mit Federverbindungen oder auch gern mit Loctite gesichert. Auch Befestigungsmuttern an den Stoßdämpfern gehen gern mal verloren. Checkt also vor Kauf und erst Recht vor der ersten Fahrt gewissenhaft alle Verbindungen.

Yamaha wirbt für den geschmeidig laufenden Viertakter. Dabei läuft der gar nicht so geschmeidig, gibt eher den derben Rüttler. Und das ist genau das, was ihn so herrlich anregend macht

Yamaha XS 650 – Das Getriebe

Im Getriebe findet sich oft Pitting an den neuralgischen Zahnrädern des dritten und fünften Gangs, auch der Bruch der Mitnehmerzapfen ist nicht ungewöhnlich. So gut wie immer haben die Rückdämpferfedern im Kupplungskorb der XS Schaden genommen und sind gebrochen. Opfer der heftigen Vibrationen wird außerdem gern der Lichtmaschinenrotor, hier hilft nur durchmessen. Ein weiterer Schwachpunkt ist der Freilauf des ab der XS 2 verbauten Anlassers. Es lebe der Kickstarter.

Eine neue Polsterung muss man einplanen

Fünfzig Jahre alter Schaumstoff ist von der Qualität heutigen Materials meilenweit entfernt. Beim Kauf einer XS mit originaler Sitzbank könnt ihr quasi sicher davon ausgehen, dass ihr nur noch auf einem gammeligen Stück Schaum Platz nehmen werdet. Das ist kein Gegenargument für einen Kauf, aber ein wichtiger Hinweis für Schrauber. Eine neue Sitzbank oder zumindest eine neue Polsterung solltet ihr einplanen. Ebenso sieht es übrigens bei vielen XS-Tanks aus, deren Blech bei den späteren Baujahren dünner wurde.

Yamaha XS 650 – Ersatzteile

Beim Kauf einer XS solltet ihr auf die Vollständigkeit der Maschine achten, denn es wird immer schwieriger an typische Kleinteile heranzukommen. Während es für Umbauer noch relativ egal sein dürfte, dass originale Auspuffanlagen schwer zu ergattern sind, sieht es bei den ebenfalls knapp werdenden Motorteilen schon ganz anders aus. So sind zum Beispiel gute Seitendeckel mittlerweile Mangelware, da viele über die Jahre zum Opfer von Stürzen geworden sind. Tatsächlich ist aber bei der XS-Teilesuche das amerikanische eBay ein heißer Tipp. Die XS-Modelle waren in den USA stark vertreten. Sämtliche Verschleißteile sind daher original oder auch als Nachfertigung weitaus besser verfügbar als hierzulande.

Infos

Optisch etwas altbacken, inhaltlich aber eine echte Informationsquelle samt Schraubertipps, Schaltplänen, Checklisten, Gutachten, Werkstatt-Unterlagen, Forum und mehr findet ihr unter xs650.de

 

Guido Kupper
Redakteur bei CUSTOMBIKE

Guido Kupper, fährt praktisch seit seiner Geburt in grauer Vorzeit Motorrad, hat mit dem Schreiben aber erst angefangen, als er schon sprechen konnte. Motorisierte Zweiräder hat er nur acht Stück zur Zeit, Keller und Garagen sind trotzdem voll. Sein letztes Ziel im Leben: Motorrad fahren und mal nicht drüber schreiben