Diese Suzuki GS 550 ist einer der schönsten Cafe Racer der letzten Jahre. So zumindest entschieden unsere Leser und wählten die schlanke Japanerin im CUSTOMBIKE-Wettbewerb auf Platz 1. 

Florian Hubert ist einer der Köpfe hinter Mellow Motorcycles und hat die Marke mit dem geschmeidigen Namen erst Anfang 2016 aus der Taufe gehoben. In den vergangenen fünf Jahren ist einiges passiert, denn mittlerweile gibt es zwei Niederlassungen in Hessen und als Vertragshändler von Triumph und Yamaha ist Mellow dick im Motorradgeschäft. Den Startschuss aber gab diese Suzuki GS 550, die sich Florian schon zwei Jahre vor Firmengründung zugelegt hatte. Zu einer Zeit, als die Preise für gebrauchte Japan-Reihenvierer noch in den untersten vierstelligen Regionen angesiedelt waren. Knapp 1.500 Euro blättert er für die 79er Suzi hin. Ein angemessener Preis für einen durchaus akzeptablen Zustand.

Die Auspuffkrümmer sind selbst gebogen und mit Absicht gestückelt worden. Und weil es so schön leicht ist, haben sie bei Mellow Motorcycles gleich Titan als Werkstoff genommen

Obwohl man sich gleich über die Japanerin hermacht, sie strippt und von allem unnützen Zeugs befreit, steht sie erst mal unbeachtet und bedeutungslos in irgendeiner Ecke – bis eben Anfang des Jahres  2016 mit Mellow Motorcycles ein neues Kapitel aufgeschlagen wird. Dass es ein klassischer Cafe Racer werden soll, steht ziemlich schnell fest, denn die Suzuki bietet dafür eine hervorragende Basis. Auf dem »Fly Low«-Event in Belgien holt sich Florian Ideen und Inspirationen für die Bikes.

Ein Cafe Racer mit gestreckter Silhouette soll es werden

Für die Höckersitzbank braucht Flo, wie er gerufen wird, mehrere Anläufe, bis er mit Form und Größe zufrieden ist, anschließend wird sie mit feinem Leder von einem Sattlermeister bezogen. Das Rahmenheck muss für den kurzen Höcker abgeändert werden, gleichzeitig entscheiden sie sich für eine längere Schwinge aus einer Suzuki GS 1000.

Dank moderner LED-Technik ist die Rück-Bremslicht-Blinkerkombination gut versteckt und dennoch zu sehen

»Wir wollten diese gestreckte Silhouette, aber es hat auch einen ganz pragmatischen Nutzen: Zusammen mit der von uns konstruierten Fußrastenaufnahme können jetzt auch großgewachsene Jungs richtig gut auf diesem sonst eher kleinen Motorrad sitzen«, betont Flo. Dafür sorgen auch die obligatorischen Lenkerstummel von Tarozzi, die an der originalen Gabel klemmen. Ein Motogadget-Instrument übernimmt die Bereitstellung aller wichtigen Fahrerinformationen. Das schafft Platz auf der Gabelbrücke, die in Handarbeit mit der Feile gecleant wird.

Alle Nähte und Unebenheiten werden nach alter Väter Sitte verzinnt und verschliffen

Auch der Tank wird umfangreich modifiziert. Das klappbare Panel, das den Tankverschluss versteckt, wird entfernt, ein neuer Tankstutzen eingeschweißt, anschließend alle Nähte und Unebenheiten nach alter Väter Sitte verzinnt und verschliffen. Erst dann darf der Lacker für ein neues Outfit sorgen.

Das Vorderrad hat stolze 19 Zoll, das Hinterrad 18 Zoll. Die Batterie sitzt gut versteckt unterhalb der Schwingenaufnahme

Den Motor bleibt im Originalzustand, er wird lediglich überholt, neu abgedichtet und optisch auf Vordermann gebracht. Viel Aufwand waren aber die Schrauben. »Wir haben die verzinkten Originalschrauben allesamt durch Edelstahl oder Titan ersetzt. Das war zwar eine teure Angelegenheit, weil wir viele Schrauben ändern mussten und uns dabei so einiges an Werkzeug ruiniert haben, aber das war‘s uns Wert.« Die Vergaserbatterie wird zerlegt, gereinigt und vor allem neu bedüst. Auch die Elektrik wird erneuert, die alten Kabel fliegen raus. Ein modernes Steuergerät übernimmt die Verteilung der Ströme, unsichtbar unterm Tank platziert.

Suzuki GS 550: Bereit, ihr Biedermann-Dasein hinter sich zu lassen

Der Aufwand lohnt sich, denn nach Abschluss aller Arbeiten präsentiert sich die kleine Suzi frisch und strahlend, bereit ihr Biedermann-Dasein hinter sich zu lassen. Es ist die Liebe zum Detail, die den Ausschlag gibt und die Aufmerksamkeit aufs Bike lenkt. Egal wohin man blickt, nichts stört die Linien, alles wirkt wie aus einem Guss. Fast so, als hätten die japanischen Designer vor  gut vierzig Jahren alles richtig gemacht.

Info | www.mellowmotorcycles.com

 

 

Christian Heim