Das »Kwaak« in seinem Nachnamen machte Mark zum Duckman. Ein Name, der in der Customwelt für perfektionierte CAD-Entwürfe steht

Eigentlich wollten wir nur in Mark van der Kwaaks Garage vorbeischauen – das endete in einer Story über eine ganz eigene Schaffenswelt. Wir sind in Leiden, einer idyllischen holländischen Stadt mit Universität, historischen Gebäuden, Grachten, Brücken und versteckt liegenden Hofjes. Dies ist die Stadt, in der Rembrandt geboren wurde … und in der Mark van der Kwaak alias Duckman lebt und wirkt. Mark und Frau Adele haben uns gerade mit ihren Bikes zu ihrem Haus eskortiert. »Die Shovelhead bleibt noch draußen, muss erst etwas abkühlen«, gibt Mark zu denken. Adeles Flattrack-XS-650 wird beim Fahrradunterstand im Hof abgestellt. Wir betreten die Wohnung durch den hinteren Eingang.

Duckman und seine Designs

Duckmans berühmter BMW Bobber – Cadbike Nr. 33 – hat seinen Ehrenplatz gleich neben dem Wohnzimmertisch. Eine neue Triumph steht drei Schritte weiter teilzerlegt und an die Wand gerückt, bereit um maßzunehmen. An ihr wird gerade eine Auftragsarbeit für eine Designserie durchgeführt. Aufzeichnungen der Messungen erfolgen einen Schritt nebenan, direkt am PC, wo daraus die Entwürfe für den Kunden entstehen. »Meine Prototypen kann ich mit einem 3-D-Drucker verwirklichen.« Der Familienhund streift um unsere Beine, während Adele Tee aufsetzt.

CAD-Image: Was hier wie das Foto einer umgebauten Shovelhead rüberkommt, ist in Wirklichkeit ein am Computer erzeugtes Abbild von Marks Cadbike Nr. 1

Die BMW direkt nebenan zieht meine Blicke magisch an. »Ich hatte bei der Realisierung unglaublich viel Hilfe durch meinen Freund Aad Heemskerk«, betont Mark, der zwar die Planung für jedes einzelne neuentwickelte Teil gemacht hatte, aber ohne Aad, dessen Fertigkeiten an jeder Art von Werkzeugmaschine und dessen Können was Schweiß- und Blechbearbeitung angeht, wäre das Projekt nie zu dem geworden, was es heute darstellt: Für den unbedarften Betrachter vielleicht nur eine alte BMW mit dickem BMW-R 90/S-Motor, Stromberg Fallstromvergasern und einer Springergabel.

Seit weit über zwei Jahrzehnten betreibt Duckman seine Website

Tatsächlich aber blieb daran kein Stück Metall am anderen: Die Springergabel ist gekürzt, die Radnaben aus Edelstahl gedreht und die vordere Bremsankerplatte aus Alu geschnitzt. Selbst der Rahmen ist großteils neu, mit konischem Ovalrohr zum Starrrahmen geworden. Und die Teile, die euch daran bekannt vorkommen, die ihr möglicherweise aus dem Zubehör von Crime Scene Choppers kennt, ja, auch die hat Mark entworfen. Seit über zwei Jahrzehnten steht Marks Website DBBP jetzt im Netz. Sie ist Ideengeber für die Customszene und für manchen ein Anreiz, sich von Duckman sein Bike oder einzelne Baugruppen entwerfen zu lassen.

Einblick: Ansaugbrücke wie Abdeckung für den Ansaugtrakt des Weber-Doppelvergasers und Pointcover

Marks Bike-Design-Karriere nimmt damals richtig Fahrt auf, als ein noch junger Roland Sands auf seine Website aufmerksam wird. Roland ist der Sohn von »Performance Machine«-Gründer Perry Sands und heute mit seinem Label RSD kaum weniger erfolgreich als sein alter Herr. Er hat für den Holländer einen Auftrag, will als zahlender Kunde allerdings Rechnungen. So wird aus dem bisherigen Hobby DBBP eine offiziell agierende Firma. Duckman soll für Performance Machine ein Bike im antik anmutenden Boardtrack-Stil entwerfen. Weitere Vorgaben sind ein Harley-Evolution-Antrieb sowie Bremsen und 21-Zoll-Räder von PM.

Freunde aus der Custom-Elite

Mark verlässt mit dem Entwurf die damals aktuelle Fettepelle-Hinterrad-Route und schlägt den noch nicht ausgetretenen Oldschool-Weg ein. Zwei weitere Wegbegleiter in dieser Richtung werden zu seinen Freunden: der Kanadier Roger Goldammer und der Belgier Fred »Krugger« Bertrand. Sie geben Impulse, die die Szene in der Zeit nach der Jahrtausendwende noch nicht bereit ist, in Gänze aufzugreifen. Aber es ist schwierig, sich von heute auf morgen komplett von der Breitreifenmanie zu lösen. Mark selbst nimmt alle möglichen Herausforderungen an.

Auch eine Batteriehalterung, ein Batteriecover oder die Alu-Fußrastenanlage sind Marks Gußspezialitäten

So entwirft er in dieser Zeit für seine »Bitch« beispielsweise eine komplexe Hinterradaufnahme für den damals neuen 280/35-18 Metzeler: »… ein Hinterteil, das an einen serienmäßigen Viergang-Harley-Rahmen passen würde, mit einem superfetten 280er-Reifen mittig am Bike. Kein Schweißen am Rahmen, keinen Getriebeversatz, keinen Motorversatz … nur das Serienhinterrad, Kette, Schwinge, Stoßdämpfer und Schutzblech ausbauen, einfach den neuen Bausatz anschrauben und Gummi brennen. Als zusätzlichen Bonus habe ich eine antriebsseitige Bremse und zwei einseitig angebrachte Hinterradschwingen, sodass die Kettenlänge konstant bleibt.« Ja, ich erinnere mich vage, da war was mit Zwischenwelle auf der Schwingenachse mit Ritzel und Bremsscheibe. Während mir Adele noch einen Schluck Tee einschenkt, nehme ich mir vor, diese geniale Konstruktion – Cadbike Nr. 21 – auf der Website nochmals im Detail zu checken.

Duckmans Alltagsbike ist eine Shovel

Währenddessen hat der Hund es nötig, ausgeführt zu werden. Vorm Gassi gehen wird die abgekühlte 1971er Shovelhead, übrigens Marks Alltagsbike, in einem schmalen Seiteneingang des Hauses verstaut. Der anschließende Spaziergang führt uns zu Marks Werkstatt in einem alten Bauernhof. Hier findet sich seine andere Shovelhead – »The Bitch«, das CAD-Bike Nr. 1, auf einer der Hebebühnen. Sie dient immer wieder als rollendes Schaufenster für die von Duckman entwickelten Teile. So ist vorn jetzt der relativ neue Wave-Lenker angebaut, der auch von W&W vertrieben wird. Das cleane Design des Lenkers kommt überwiegend von dem gegossenen Mittelstück, das von unten mit der Gabelbrücke verschraubt wird.

Kanalblick: Aad (rechts) baute seinen Werkstatt-Atelier-Wohnkomplex aus einer stillgelegten Fabrikhalle, direkt am Ufer

Neu ist auch das angebaute Rücklicht, das er für Motone in Großbritannien entwarf. »Für Motone mache ich momentan die meisten Auftragsarbeiten«, so Mark, der mittlerweile Customizer, Firmen, aber auch andere CAD-Planer aus der ganzen Welt bedient. Gerade sind die Prototypen der DBBP-Rastenanlage mit Fußkupplung an »The Bitch« angebaut worden. Er fertigt sie selbst aus Aluminium. Gussformen wie auch der Schmelzofen stehen in der Werkstatt. Es ist eine seiner Spezialitäten geworden, Teile aus Metall zu gießen, anstatt per CNC-Maschine fräsen zu lassen. Für die Herstellung von Formen nutzt er CAD und 3-D-Drucker.

Auftraggeber aus der Industrie

Ein dünnwandig aus Edelstahl gegossener und hochglanzpolierter Sattel mit beidseitig eingesetzten Lederpolstern – wie an seiner BMW angebaut – war eine von Duckmans ersten Zubehör-Entwicklungsarbeiten. Auftraggeber war die Firma Crime Scene Choppers aus den USA, die anschließend eine ganze Design-Serie bei ihm in Auftrag gab, mit Vorder- und Rücklicht, Luftfilter und Ölfilterpatronenhalter. Alles Teile, die es heute noch aus Alu, poliertem Messing oder verchromt zu kaufen gibt.

Augenblick: Im Tankdeckel von Aads Triumph ist ein echtes Glasauge integriert

»Ich habe im Laufe der Jahre mit vielen Leuten und Firmen zusammengearbeitet, machte CAD-Arbeiten für Bikes, die es ganz nach vorn schafften, wie beispielsweise auf der AMD-Weltmeisterschaft im Custombikebuilding. Ich habe auch schon CAD-Zeichnungen angefertigt, die gebraucht wurden, um die TÜV-Abnahme zu erlangen.« In letzter Zeit baut Mark auch seinen eigenen Webshop aus, was nicht heißt, dass seine Arbeiten nicht auch von Anbietern wie W&W vertrieben werden, für die er exklusiv einen Elektrostarterkit für Knuckle- und Panheads entwarf.

Freitag ist Schraubertag

Am Freitag allerdings, da hat der Computer Ruhe, denn Freitag ist Schraubertag. Da geht’s in die Werkstatt von Kumpel Aad Heemskerk. Ein kurzer Anruf bei den Heemskerks macht klar, dass man uns dort für einen Besuch erwartet. Mit und für Aad hatte Mark Cadbike Nr. 31 verwirklicht, das heute im Treppenhaus der Heemskerks steht. Wir sind gespannt.

In Aads Werkstatt ist seit geraumer Zeit eine Triumph T120 von 1964 in Arbeit. Um exakt zu sein, seit Anfang 2009 … auf Duckmans Website wird sie unter der Bezeichnung »Aad’s Triumph« oder auch »CAD-Bike Nr. 49« gelistet. Die Triumph soll zu einem Starrrahmenshowbike im 60er-Jahre-»Big Daddy Roth«-Look werden, gespickt mit technischen Gimmicks, gefertigt mit unheimlicher Akribie auch für das allerkleinste Detail. Diese Tatsache und zwischendurch zu erledigende andere Arbeiten erklären, warum der Aufbau so lange dauert.

Keanu Reeves war schon zu Gast

Zurzeit steckt ein verschweißtes Stück Rundaluminium im Getriebedeckel, das als Hilfshalterung für die Umarbeitung auf hydraulische Kupplungsbetätigung fungiert. »Das brauchten wir zum Spannen in der Drehmaschine … das wird noch abgetrennt und verschliffen«, erklärt Aad, der uns das Teil umgedreht hinhält, damit wir den eingearbeiteten Druckzylinder inspizieren können. Die Heemskerks bieten uns noch einen Rundgang durch ihr Haus, das ursprünglich eine Fabrik war und heute neben der Metallwerkstatt auch die Wohnung und das Maleratelier von Aads Frau Nicoline beinhaltet. Und weil uns jetzt längst der Magen knurrt, enden wir in der Altstadt in einem italienischen Restaurant: »Hier saß ich damals auch mit Keanu Reeves«, lässt uns Mark schmunzelnd wissen, »und keiner hat ihn erkannt.«

Mark verfügt inzwischen über ein massiv angewachsenes Archiv an bereits vermessenen und modellierten CAD-Bauteilen. Dazu gehören Rahmen, Gabeln, Motoren und Räder verschiedenster Bauart und Hersteller. So kann er heute relativ schnell den Entwurf eines Bikes verwirklichen, er kann Hinweise auf Optimierung hinsichtlich der Fahrtauglichkeit geben, kann Produktionszeichnungen erstellen. Uns verblüfft Duckman immer wieder durch seine realistisch wirkenden Abbildungen, die kaum von einem Foto zu unterscheiden sind.

Info | dbbp.com

 

Horst Heiler
Freier Mitarbeiter bei

Jahrgang 1957, ist nach eigenen Angaben ein vom Easy-Rider-Film angestoßener Choppaholic. Er bezeichnet sich als nichtkommerziellen Customizer und Restaurator, ist Mitbegründer eines Odtimer-Clubs sowie Freund und Fahrer großer NSU-Einzylindermotorräder, gerne auch gechoppter. Als Veranstalter zeichnete er verantwortlich für das »Special Bike Meetings« (1980er Jahre) und die Ausstellung »Custom and Classic Motoräder« in St. Leon-Rot (1990er Jahre). Darüber hinaus war er Aushängeschild des Treffens »Custom and Classic Fest«, zunächst in Kirrlach, seit 2004 in Huttenheim. Horst Heiler ist freier Mitarbeiter des Huber Verlags und war schon für die Redaktion der CUSTOMBIKE tätig, als das Magazin noch »BIKERS live!« hieß. Seine bevorzugten Fachgebiete sind Technik und die Custom-Historie. Zudem ist er Buchautor von »Custom-Harley selbst gebaut«, das bei Motorbuch Stuttgart erschienen ist, und vom Szene-Standardwerk »Save The Choppers!«, aufgelegt vom Huber Verlag Mannheim.