Die Straßenverkehrsordnung schreibt in § 23 Abs. 4 S. 1 StVO vor, dass es beim Führen eines Kraftfahrzeugs in Deutschland verboten ist Hauben, Schleier (z. B. Burka, Nikab) oder Masken zu tragen, die das ganze Gesicht oder wesentliche Teile des Gesichts verhüllen oder verdecken. 

Doch was bedeutet das für Biker, denn das Gesetz schreibt eindeutig das Tragen eines Schutzhelms während der Fahrt vor. Und unabhängig vom Integralhelm besteht die Möglichkeit, jeden anderen Schutzhelm zu tragen, solange dieser nur der Vorschrift des § 21a Abs. 2 S. 1 StVO entspricht, also »geeignet« im Sinne des Gesetzes ist.

Betrifft das Gesichtsverdeckungsverbot auch Biker?

Dem trägt die Regelung in § 23 Abs. 4 StVO insoweit Rechnung, indem sie bestimmt: »Wer ein Kraftfahrzeug führt, darf sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er nicht mehr erkennbar ist. Dies gilt nicht in Fällen des § 21a Absatz 2 Satz 1.« Die Frage ist nun im Wesentlichen, ob in diesen Fällen das »Gesichtsverhüllungs- und verdeckungsverbot«, wie es genannt wird, zur Anwendung kommt und dazu führt, dass die für den Schutz gegen Kälte, Fahrtwind und Insekten notwendigen Masken, Tücher oder gegebenenfalls auch Sonnenbrillen während der Fahrt nicht mehr getragen werden dürfen? Diese Auffassung würde zu einer Geldbuße von 60 Euro und damit auch zur Eintragung eines Punktes in Flensburg führen.

Das Schutzbedürfnis des Motorradfahrers hat Vorrang

Eine solche Beurteilung ist jedoch falsch. Denn Sinn und Zweck des Gesetzes ist es, wie tatsächlich aus der Gesetzesbegründung hervorgeht, die Identifikation eines Kraftfahrzeugführers bei einer Geschwindigkeitsmessung mit Fotodokumentation zu ermöglichen. Von dieser Regelung erfasst sind also nur Kraftfahrzeuge, also mit Motorkraft betriebene Fahrzeuge. Nun sind Motorräder zwar auch Kraftfahrzeuge und würden in diese Beschreibung fallen, jedoch hat das Schutzbedürfnis des Motorradfahrers während der Fahrt vor der Feststellung des Staates zu seiner Identifikation Vorrang. 

Verhüllung bei Motorradfahrern keine Vorsatztat

Einer solchen Argumentation und Auslegung wie oben stünde auch entgegen, dass die Verhüllung und Verdeckung nach § 23 Abs. 4 StVO eine Vorsatztat sein soll. Allerdings sind Tücher, Masken und Sonnenbrillen, die vor Kälte, Insekten und Fahrtwind schützen, in jedem Fall während der Fahrt notwendig und eindeutig als erweiterter Schutz nach § 21a Abs. 2 S.1 StVO anzusehen. Es lässt sich daher nicht unterstellen, dass man diese zur Verdeckung tragen würde.

Auch bei »nicht geeigneten« Helmen keine Ahndung

Und was passiert, wenn der während der Fahrt als Schutz getragene Helm in der Kontrolle als »nicht geeignet« eingestuft wird? Muss man dann gleichzeitig auch mit einer Ahndung wegen eines Verstoßes gegen das Verdeckungs- und Verhüllungsverbot rechnen? Aufgrund des Wortlautes des neuen Paragraphen könnte man auf diese findige Idee kommen. Dem steht aber die eindeutige Begründung des Verordnungsgebers entgegen. Daher steht dem Schutz der Gesichtshaut vor Kälte, Sonne und Insekten während der Fahrt weiterhin auch ohne Integralhelm nichts im Wege. Und sollte sich der Helm wirklich einmal ausnahmsweise als »nicht geeignet« erweisen, bleibt der schwache Trost, dass man mit der Windmaske oder dem Fliegenfänger jedenfalls nicht auch noch wegen Verstoßes gegen das »Gesichtsverhüllungs- und Verdeckungsverbot« belangt werden kann.

Vollbart und Gesichts-Tattoos sind in Ordnung

Daher nur am Rande für diejenigen, die auch andere Kraftfahrzeuge außer Motorräder führen: Unter das Verbot fallen weder 

• reine Kopfbedeckungen, die das Gesicht freilassen (z. B. Hut, Mütze, Kappe, Kopftuch, Perücke)

• Gesichtsbemalung, Gesichtsbehaarung oder etwaiger Gesichtsschmuck (z. B. Tätowierung, Piercing, Karnevals- oder Faschingsschminke)

• die Sicht erhaltende oder unterstützende Brillen (z. B. Sonnenbrille), die nur geringfügige Teile des Gesichts umfassen, im Wesentlichen aber die Erkennbarkeit der Gesichtszüge nicht beeinträchtigen (Begründung zur BR- Drucksache 556/17 vom 12.07.2017, BGBl. I 2017 S. 3549)

Die Intention ist die Feststellung der Fahreridentität

Anmerkung: Das Gesetz bestimmt kein allgemeines »Vermummungsverbot«. Die Intention ist die Feststellung der Fahreridentität aller anderen Kraftfahrzeugführer, bei denen aufgrund des zu hohen Aufwandes nicht wie bei Motorradfahrern die Anhaltekontrollen etabliert werden können, zu ermöglichen. Oder anders: Bei Motorradfahrern nützt »Blitzen« zur Identifikation einer Person häufig sowieso nicht, da muss eine sofortige Kontrolle und Feststellung des Fahrers gemacht werden. 

Das »Vermummungsverbot« ist in § 17a Versammlungsgesetz geregelt und verbietet an öffentlichen Veranstaltungen oder Ähnlichem unter freiem Himmel in einer Aufmachung, die die Feststellung der Identität verhindert, teilzunehmen. Generell ist bei Problemen mit einer solchen Abgrenzung eine rechtliche Begleitung dringend zu empfehlen.

 

Romy Kreisel
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht bei Kreisel-Jena Rechtsanwaltskanzlei | Website

Romy Kreisel ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht. Seit Juni 2018 analysiert sie für die CUSTOMBIKE präzise Gesetzestexte, klärt in ihrer Kolumne »Recht und Info« Rechtsfragen rund um das Custombike-Thema und macht juristische Formulierungen für den Leser verständlich.