»Die Wege des Herrn sind unergründlich«, oder sinngemäß übersetzt, sind manche Entscheidungen kaum zu verstehen. Anders ist es nicht zu erklären, warum ein defektes Bauteil zum Umbau eines bereits umgebauten Bikes führte. Im Mittelpunkt: eine Honda VT 600 Shadow.

Als Sascha sich auf die Suche nach seinem Wunschbike macht, führt ihn sein Weg direkt ins virtuelle Universum, in dem wir uns inzwischen genauso gewandt bewegen, wie in dem Lebensraum, den wir Realität nennen. 

»Ich wollte unbedingt eine Honda VT 600 Shadow, weil man sie toll umbauen kann«

»Ich wollte unbedingt eine Shadow, weil man sie toll umbauen kann«, beschreibt Sascha den Beginn seines Weges. Bei einer einschlägig bekannten Internetverkaufsplattform für Fahrzeuge wird er fündig. Es ist eine braunlackierte 94er Shadow mit einer eigenen Geschichte. Ihr Vorbesitzer hatte sie in der kleinen Customschmiede namens Ironwerk bereits umbauen lassen.

Das Heck hat Sascha noch einmal um zwanzig Zentimeter gekürzt. Kurz und knackig ragt der Stummel nun über dem Hinterrad auf und gewährt fast volle Draufsicht auf den 170er-Reifen

Für Sascha genau das Richtige, denn die Farbe gefällt ihm genauso wie die Rallyestreifen, die die Honda zieren. Es hätte also alles gut sein können, bis zu jenem Tag eben, an dem ihm der Alu-Kennzeichenhalter bricht. Nichts Dramatisches – eigentlich –, doch genau dieser Defekt ist die Initialzündung und lässt die Idee im Kopf wachsen, etwas am Bike zu machen, es anzupassen an die eigenen Vorstellungen und Wünsche. 

Honda VT 600 Shadow – Die Serientüten sollte Weg

»Ich wollte das Ganze etwas aufpeppen und das Chrom entfernen. Außerdem sollte die Shadow ein dezentes Airbrush bekommen, eines, das nur bei Sonnenlicht deutlich zu sehen ist. Der Serienauspuff sollte auch weg und gegen einen schöneren getauscht werden.«

Ungewöhnlich: Die Standrohre sind im oberen Bereich mit Leder überzogen und mit Dekofedern versehen. Die restliche Abdeckung übernehmen, ganz klassisch, Faltenbälge

Doch dabei bleibt es nicht. Sascha baut den Motor aus, verpasst ihm eine neue Optik aus Wrinkle-Lack und schleift die Kühlrippen an, um dem Ganzen einen Kontrast zu geben. Etwas aufwendiger wird der Eingriff am Heck, das Sascha noch einmal um zwanzig Zentimeter kürzt und den Heckfender entsprechend anpasst.

Das Heck wird um acht Zentimeter abgesenkt

Damit der Fender nicht unästhetisch in den Himmel ragt, senkt er das Heck mit einem Tieferlegungskit um acht Zentimeter ab. Doch dabei bleibt es nicht. Weil er so schön in Fahrt ist, lackiert er auch den Rahmen mit dem Serienschwarz, bringt Airbushs am Tank, den Seitendeckeln, Verkleidungsteilen und dem Frontfender an und gibt zahlreiche Teile zum Pulverbeschichten. Wenn schon, denn schon …

Gebaut wird die Shadow schon lange nicht mehr. Doch inzwischen reift der kleine Japan-Chopper zum Kultbike, das von einer großen Gemeinde am Leben gehalten und immer wieder umgebaut wird. Die VT 600 ist nicht totzukriegen. Zum Glück!

Störend empfindet er vor allem die fehlende Sicht auf die Kontrollleuchten – die Werkzeugrolle am Lenker ist im Weg. »Also habe ich diese an der oberen Gabelbrücke befindlichen Dinger ausgebaut, die Löcher verschlossen und kleine, ultrahelle LEDs eingebaut. Zwischen den Gabelbrücken wollte ich außerdem das Chrom verschwinden lassen. Also habe ich die Standrohre mit Leder überzogen und mir ein Paar Dekofedern in den passenden Maßen anfertigen lassen und darübergestülpt. Zwischen Tauschrohr und Standrohr kamen Faltenbälge.«

Honda VT 600 Shadow – Nicht unbedingt ein Klangwunder

Da der kleine V2 nicht unbedingt ein Klangwunder ist und wenig Resonanzraum für einen satten Sound hat, baut sich Sascha aus Dragonpipes und Miller-EVO-1-Töpfen eine neue Auspuffanlage. Das Ohr fährt ja bekanntlich mit. Das Teil, das den Ausschlag für den Umbau gegeben hat, der defekte Kennzeichenträger, schweißt ein Kumpel.

Der Motor bekam ein neues Finish mit Wrinkle-Lack, die Kühlrippen wurden anschließend geschliffen und poliert. Auch der Rahmen wurde aufgearbeitet und mit der Serienfarbe nachlackiert

Quasi ein Nebenjob, der bei all den Arbeiten schon gar nicht mehr ins Gewicht fällt. Und da sowieso fast alles ver- und geändert wird, muss auch die Falcon-Fußrastenanlage dran glauben. Sie wird bei HM-Garage um fünf Zentimeter verlängert, damit Sascha seine Beine choppermäßig ausstrecken kann. Neue Reifen und einen frischen Kettensatz gibt es obendrein. Seiten- und Lenkertasche lässt er von LM-Cuir aus Frankreich fertigen. Rund fünf Monate dauert der Umbau, und bis auf die Fremdleistungen erledigt Sascha sämtliche Arbeiten im Wohnzimmer. Hut ab. Wieder eine Shadow gerettet. 

 

Christian Heim